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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ohnmächtig wurde. Sie dachte, daß sie vielleicht lieber reingehen und sich ein Dutzend in eine Tüte packen lassen sollten, vielleicht auch ein bißchen Frischkäse dazu, alles zum Mitnehmen, als Rydell ihr die Hand auf die Schulter legte.
    Sie drehte sich um und sah das große, glänzende
    weiße Wohnmobil, das eben vor ihnen auf die Haight eingebogen war und nun auf sie zukam. Solche Kisten mit alten Leuten am Steuer sah man in Oregon oft, ganze Konvois, mit Booten auf Anhängern und festgezurrten kleinen Jeeps oder Motorrädern hinten dran, wie Rettungsboote. Nachts kampierten sie in speziellen Parks mit NATO-Draht drumrum, Hunden drin und KEIN ZUTRITT-Schildern dran, die ernstgemeint
    waren.
    Rydell starrte das Wohnmobil ungläubig an, und das Ding fuhr direkt neben ihnen an den Randstein, und die grauhaarige alte Dame ließ die Fensterscheibe herunter, 351
    lehnte sich auf der Fahrerseite heraus und rief: »Junger Mann! Entschuldigen Sie, aber ich bin Danica Elliott, und ich glaube, wir haben uns gestern in der Maschine aus Burbank kennengelernt.«
     
    Danica Elliott war eine Rentnerin aus Altadena, unten in Südkalifornien, die mit demselben Flugzeug wie Rydell nach San Francisco geflogen war, wie sie sagte, um ihren Mann in eine andere Kälteschlafeinrichtung zu verlegen. Na ja, genaugenommen nicht ihren Mann, sondern nur sein Gehirn, das sie auf seinen Wunsch nach seinem Tod hatte einfrieren lassen.
    Chevette hatte davon gehört, daß Leute so was
    taten, aber sie hatte nie verstanden, warum, und
    offensichtlich verstand Danica Elliott es auch nicht. Aber sie war hergekommen, um noch mehr gutes Geld sinnlos zum Fenster rauszuwerfen, wie sie erklärte, und das Gehirn ihres Gatten David in diesen teureren Laden umbetten zu lassen, der es in einem eigenen, privaten kleinen Tank auf Eis legen würde, so daß es nicht mehr mit einem Haufen eingefrorener Gehirne anderer Leute in dem großen Tank herumpurzelte, in dem es vorher gewesen war. Chevette fand sie wirklich nett, aber bei diesem Thema war sie gar nicht mehr zu bremsen, und nach einer Weile fuhr Rydell nur noch und nickte, als ob er zuhören würde, und Chevette, die ihn dirigierte, konzentrierte sich in erster Linie auf die Stadtplananzeige 352
    am Armaturenbrett des Wohnmobils und hielt außerdem Ausschau nach Streifenwagen.
    Mrs. Elliott hatte sich am Abend zuvor um die
    Verlegung des Gehirns ihres Gatten gekümmert, und das hatte sie irgendwie emotional berührt, wie sie sagte; aus diesem Grund hatte sie sich entschlossen, dieses Wohnmobil zu mieten und damit nach Altadena
    zurückzufahren, sich dabei jedoch Zeit zu lassen und die Reise zu genießen. Das Dumme war, daß sie sich in San Francisco nicht auskannte; sie hatte den Wagen am Morgen bei der Autovermietung auf der Sechsten Straße abgeholt und sich auf der Suche nach einem Freeway verfahren. Schließlich war sie in Haight Ashbury gelandet, was ihr alles andere als ein sicheres Viertel zu sein schien; sie sagte, es sei aber bestimmt sehr interessant.
    Die freie Handschelle rutschte immer wieder, aus
    dem Ärmel von Skinners Jacke, aber Mrs. Elliott war zu sehr mit Reden beschäftigt, um davon Notiz zu nehmen.
    Rydell fuhr, Chevette saß in der Mitte, und Mrs. Elliott hockte auf dem Beifahrersitz. Das Wohnmobil war aus Japan und hatte drei elektrisch justierbare Schalensitze vorne, mit eingebauten Lautsprechern in den Kopfstützen und allen Schikanen.
    Mrs. Elliott hatte Rydell erzählt, sie habe sich
    verfahren, und ob er sich denn in der Stadt auskenne und sie irgendwohin fahren könne, wo sie auf den Highway nach Los Angeles käme? Rydell hatte sie einen 353
    Moment lang mit offenem Mund angeglotzt, sich dann geschüttelt und gesagt, es wäre ihm ein Vergnügen, und das hier sei seine Freundin Chevette, die sich in der Stadt auskenne, und er sei Berry Rydell.
    Mrs. Elliott sagte, Chevette sei ein hübscher Name.
    Und nun waren sie also auf dem Weg aus San
    Francisco heraus, und Chevette hatte das deutliche Gefühl, daß Rydell versuchen würde, Mrs. Elliott zu überreden, sie mitzunehmen. Das war das einzige, was ihr selbst einfiel, denn auf diese Weise waren sie von der Straße weg und vergrößerten den Abstand zu dem Kerl, der Sammy erschossen hatte, zu diesem Warbaby und den russischen Cops, was ihr als eine gute Idee erschien, und abgesehen von ihrem Magen, der sich anfühlte, als ob er sich gleich selbst auffressen würde, ging es ihr ein bißchen besser.
    Rydell fuhr an einem

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