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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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großen Gefallen und wirf ihn hinterher weg, okay?« Fontaine grinste. »Er ist von ... äh ...
    zweifelhafter Herkunft.«
    Yamasaki dachte an Loveless. Er schluckte.
    »Kommt ihr klar hier oben?« fragte Fontaine.
    »Ja«, sagte Yamasaki, »ja, vielen Dank.«
    347

Wohnmobil
    Es war halb elf, als sie schließlich wieder auf die Straße rausmußten, und dann auch nur deshalb, weil der Manager, Benny Singh, vorbeikommen würde, wie Laurie sagte, die Chevette von ihrem allerersten Besuch in dem Laden her kannte, und da könnten sie nicht länger hierbleiben, erst recht nicht, wenn ihr Freund schlief, als ob er bewußtlos wäre oder so. Chevette sagte, sie verstünde das, und bedankte sich bei ihr.
    »Wenn du Sammy Sal siehst«, sagte Laurie, »dann
    grüß ihn von mir.«
    Chevette nickte traurig und begann, den Burschen an der Schulter zu rütteln. Er grunzte und versuchte, ihre Hand wegzuschieben. »Wach auf! Wir müssen weg.«
    Sie konnte nicht glauben, daß sie ihm all das erzählt hatte, aber sie hatte es einfach jemandem erzählen müssen, sonst wäre sie durchgedreht. Nicht, daß es dadurch mehr Sinn ergab als vorher — eher noch weniger, wenn man das dazunahm, was dieser Rydell ihr darüber erzählt hatte. Die Neuigkeit, daß jemand hingegangen war und das Arschloch ermordet hatte, 348
    kam ihr einfach irreal vor, aber wenn es wirklich so war, dann steckte sie tiefer in der Scheiße als je zuvor, dachte sie.
    »Wach auf!«
    »Herrgott noch mal ...« Er setzte sich auf und rieb sich mit den Knöcheln die Augen.
    »Wir müssen weg. Der Manager kommt gleich.
    Meine Freundin hat dich 'ne Weile schlafen lassen.«
    »Wohin gehen wir?«
    Chevette hatte darüber nachgedacht. »Auf der Cole beim Panhandle gibt's Läden, die Zimmer stundenweise vermieten.«
    »Hotels?«
    »So was in der Art«, sagte sie. »Für Leute, die das Bett nur kurze Zeit brauchen.«
    Er tastete hinter dem Sofa nach seiner Jacke. »Schau dir das an«, sagte er und steckte die Finger in den Riß an der Schulter. »Gestern abend war die noch nagelneu.«
    Stadtviertel, in denen hauptsächlich nachts Betrieb war, sahen morgens irgendwie immer viel schlimmer aus.
    Sogar die Bettler sahen zu dieser Tageszeit schlimmer aus, zum Beispiel der Typ mit den Geschwüren, der eine halbe Dose Spaghettisauce zu verkaufen versuchte. Sie ging um ihn herum. Noch ein oder zwei Blocks, dann würden sie auf die ersten Gruppen von Tagesausflüglern stoßen, die zum Skywalker Park wollten; die Menge bot ihnen bessere Deckung, aber es waren auch mehr Cops 349
    unterwegs. Sie versuchte sich zu erinnern, ob die Skywalker-Privatcops von IntenSecure waren, dieser Firma, von der Rydell geredet hatte.
    Sie hätte gern gewußt, ob Fontaine zu Skinner
    gegangen war, wie er versprochen hatte. Da sie am Telefon nicht zuviel reden wollte, hatte sie zuerst nur gesagt, daß sie für eine Weile weg sei, und ob Fontaine wohl mal rübergehen und nachschauen könne, wie es Skinner ging, und vielleicht auch diesem japanischen Studenten, der da in letzter Zeit immer rumhing. Aber Fontaine hatte die Besorgnis in ihrer Stimme gehört und sie deswegen bedrängt, und sie hatte ihm erzählt, sie mache sich Sorgen um Skinner, und es gebe Leute, die möglicherweise raufkommen und ihn belästigen würden.
    »Doch wohl keine von der Brücke«, hatte er gefragt, und sie hatte verneint, aber das war auch alles, was sie dazu sagen konnte.
    In der Leitung blieb es einen Augenblick lang still, und sie konnte eins von Fontaines Kindern im Hintergrund singen hören, eins dieser afrikanischen Lieder mit den merkwürdigen kehligen Klicklauten.
    »Okay«, sagte Fontaine schließlich, »ich schau mir das mal an.« Und Chevette bedankte sich hastig und unterbrach die Verbindung. Fontaine tat viel für Skinner.
    Er hatte mit Chevette nie darüber geredet, aber er schien Skinner schon sein Leben lang zu kennen, oder zumindest, seit er auf der Brücke war. Es gab viele solche Leute, und Chevette wußte, daß Fontaine dafür 350
    sorgen konnte, daß immer jemand ein Auge auf den
    Turm und den Lift hatte und nach Fremden Ausschau hielt. Das tat man auf der Brücke füreinander, und viele Leute waren Fontaine etwas schuldig, weil er einer der wichtigsten Elektriker war.
    Jetzt kamen sie an diesem Bagelladen mit dem aus
    Schrott zusammengeschweißten Eisengitter vorbei, in dem man an kleinen Tischen sitzen, Kaffee trinken und Bagels essen konnte, und der morgendliche Backgeruch bewirkte, daß sie vor Hunger beinahe

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