Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
Vom Netzwerk:
zischte ich und riss ihr die Geige aus der Hand. Meine Stimme war so voller Gift, dass sie gar nicht mehr nach mir klang. Ich hatte noch nie zuvor so mit ihr gesprochen. »Wieso muss sich immer alles um dich drehen?«
    Diana hob eine Hand und wischte sich eine Träne von der Wange. Es sollte Mitleid erregen, bewirkte bei mir aber das Gegenteil. Ich konnte einfach kein Mitleid mit ihr haben. Und glaubte sie wirklich, dass sie jetzt alles wieder ins Lot bringen konnte, indem sie mir ein schlechtes Gewissen zu machen versuchte?
    »Natürlich geht es nicht um mich «, erwiderte sie. »Ich weiß ganz genau, um wen es hier geht. Ich weiß, wer hinter dieser, dieser …« – sie suchte nach Worten und schüttelte dabei den Kopf – » Dummheit steckt , die deine Karriere beenden wird. Lass mich raten, er hat dir gesagt, dass dich die Inderal langsamer macht. Oder fand er, dass es nicht fair ist? Egal was, jetzt wirst du jedenfalls gleich herausfinden, wie viel du Jeremy King tatsächlich bedeutest.«
    Die Wut explodierte in meinem Bauch, stark und heiß. Sie drückte mein Herz gegen den Brustkorb. Die passiv-aggressive Nummer war eine Sache, aber alles auf Jeremy schieben zu wollen …
    Ohne nachzudenken, hob ich mein Bein und stampfte mit meinem Absatz auf dem Parkettboden auf. Noch während ein Schmerz mein Schienbein hinauffuhr, war mir bewusst, dass ich mich wie eine Fünfjährige aufführte. Wie durch ein Wunder überlebte der hohe dünne Absatz den Stampfer. Ich wandte mich um und sah eine kleine Traube von Gaffern, die mich mit offenen Mündern anstarrten. Wie viel Glück sie hatten. Sie hatten die besten oder zumindest die faszinierendsten Sitze im ganzen Haus: erst eine Kotzarie und jetzt der Zickenalarm. Ich starrte sie aufgebracht an, immer noch zu wütend, als dass ich mich für mein Verhalten schämte.
    Ich machte zwei Schritte auf die Gruppe am Rand der Bühne zu. »Es ist so weit«, verkündete ich. Zum ersten Mal seit meiner Ankunft im Symphony Center zitterte meine Stimme nicht.
    Ich ballte die Hände zu Fäusten und pumpte ein paar Mal. Jetzt waren sie nicht mehr kalt. Mein ganzer Körper fühlte sich erhitzt und stark an, als könnte ich ein Loch in jede Wand schlagen. Dieses Gefühl war wesentlich besser als die Angst, aber trotzdem gefährlich. Ich hatte noch nie zuvor gespielt, wenn ich derart wütend war. Ich war noch nie zuvor derart wütend gewesen.
    Ohne Diana eines Blickes zu würdigen, stolzierte ich an den Vorhang und schielte auf das Publikum. Dianas Vorwürfe hatten mir wehgetan. Sie hatte angenommen, dass Jeremy mich dazu überredet hatte, die Inderal abzusetzen, dass irgendjemand mir sagen musste, was ich tun sollte. Sie konnte einfach nicht glauben, dass ich diese Entscheidung ganz allein getroffen hatte.
    Der Bühnenmanager murmelte etwas in sein Mikro und das Licht im Saal wurde gedimmt. Die Musiker legten die Instrumente in den Schoß, sodass ich nur noch das Rauschen meines Herzens in den Ohren pulsieren hörte. Der Konzertmeister erhob sich und gab dem Oboisten das Zeichen für sein A. Das Orchester stimmte.
    Schlimmer als die Andeutung, Jeremy habe mir eingeredet die Inderal abzusetzen, schlimmer noch als die Annahme, dass ich ihm überhaupt davon erzählt hätte, war, dass sie glaubte, ich hatte keine Chance ohne die Tabletten. Meine Hand klammerte sich fest an den Hals der Geige. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich auf der Bühne ein sicheres Ziel. Ich würde ihr das Gegenteil beweisen.
    Ich wandte mich dem Dirigenten zu, der auch darauf wartete, die Bühne zu betreten. Er zog ein Gesicht. Wäre ich professionell gewesen, hätte ich ihm jetzt ein beruhigendes Lächeln zugeworfen.Schließlich hatte er gerade miterlebt, wie ich mich in einen Papierkorb übergeben und meine Mutter angeschrien hatte. Aber mir war nicht danach, professionell zu sein. Mir war danach, irgendetwas Obszönes zu schreien und meinen Bogen über dem Knie zu zerbrechen.
    Der Bühnenmanager räusperte sich und zeigte auf die Bühne. Ich nickte und marschierte, ohne nachzudenken, drauflos, den Hals meiner Geige immer noch fest umklammert.
    Ich hörte noch, wie er »sie geht« sagte, ehe mich der explosive Applaus umhüllte. War es immer so laut? Und grell? Die Bögen der Streicher flatterten verkrampft, ihre eigene Version des Klatschens. Waren ihre Bewegungen immer so frenetisch?
    Meine Beine trieben mich bis auf die Mitte der Bühne. Als ich meinen Platz erreicht hatte, schloss ich die Augen und

Weitere Kostenlose Bücher