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Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Virtuosity - Liebe um jeden Preis

Titel: Virtuosity - Liebe um jeden Preis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Martinez
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noch mal auftreten. Ich habe ausdrücklich danach gefragt. Du bekommst auch eine zweite Chance.«
    Ich ließ seine Worte lange genug in der Luft hängen, damit er nach der Stille, die nun folgte, wirklich jedes einzelne Wort ­hörte.
    »Aber ich will sie nicht.«
    Jeremys Grinsen erstarb. Er sah mich verwirrt an. »Doch, das willst du. Du stehst nur unter Schock.«
    »Nein.« Meine Stimme war ruhig. Der Schwindel ließ langsam nach und mein Verstand war klar. Alles um mich herum stand endlich still. »Ich will sie wirklich nicht.« Es stimmte. Das wusste ich jetzt.
    »Das verstehe ich nicht«, erwiderte er und schüttelte den Kopf. »Du hast dir das nicht richtig überlegt.«
    »Doch, das habe ich. Der Wettbewerb ist verdorben. Für mich, meine ich.«
    Er blinzelte und wollte meine Trauer immer noch in seine Freude umwandeln. »Also hat das hier gar nichts für dich in Ordnung gebracht.«
    »Doch, das hat es. Ich bin erleichtert. Jetzt habe ich diese Entscheidung nämlich aus eigenem Antrieb getroffen.«
    Er legte eine Hand auf meine Wange und fuhr mit den Fingern über mein Kinn, wo sich die Narbe vom Geigespielen befand, diegar keine war. »Aber Carmen, wir reden hier vom Guarneri-Wettbewerb. Bist du dir wirklich sicher?«
    War ich das? Ich nickte. Ich brauchte Zeit. Ich brauchte Abstand zu Diana. Ich musste herausfinden, warum ich überhaupt Geige spielte. Mir kamen die Tränen und ich blinzelte sie schnell weg. Ich hoffte, er hatte sie nicht gesehen.
    »Du bist dir sicher, aber es geht dir nicht gut damit«, stellte er fest.
    »Nein. Aber irgendwann wird es das.«

Kapitel 21
    Meine Füße trafen auf Sand, rechts-links, rechts-links, rechts-links. Zwei Schritte zum Ausatmen, zwei zum Einatmen. Es tat nicht mehr weh, durch Sand laufen zu müssen, aber in den ersten Wochen hatten meine Lungen wie Feuer gebrannt. Im Vergleich zum Laufen auf gepflasterten Straßen kam es mir vor, als hätte sich die Schwerkraft verdreifacht. Bei jedem Schritt versanken meine Füße im Sand und es kostete mich enorme Anstrengung, sie zu heben. Nach jedem Lauf schmerzten meine Waden und Achillessehnen wie verrückt.
    Aber der Muskelkater hielt nur ein paar Tage an. Meine Lungen brauchten länger, ungefähr zwei Wochen, bis sie aufhörten vor Schmerz zu schreien und akzeptierten, dass das Laufen am Strand jetzt zu meiner täglichen Routine gehörte.
    Ein Morgen wie heute war perfekt. Ich lief bei Ebbe über den nassen Sand. Es war nebelig und immer noch kühl, aber nicht so kalt, dass ich mehr als Top und Shorts tragen musste.
    Keine Musik. Die Stille gefiel mir besser. Nur die Geräusche, die ich nicht abstellen konnte – das Zischen der Brandung, das Schreien der Möwen, das gelegentliche Bellen eines Hundes –, waren erlaubt.
    Acht Wochen lang hatte der musische Teil meines Gehirns brachgelegen. Bis gestern Abend.
    Ich zwang meine Beine, schneller zu werden. Ob sich eine Gazelle so fühlte: schnell und unermüdlich? Seit acht Wochen trainierte ich jetzt schon für den Marathon und hatte inzwischen das Gefühl, die gesamte Küste des Ärmelkanals entlanglaufen zu können.
    Aber nicht heute. Heute wartete Jeremy auf mich.
    Er war letzte Nacht vollkommen zerknittert und erschöpft mit dem Zug aus London angekommen. Seine Haare war so wirr gewesen, dass ich annahm, er hatte im Zug geschlafen und wahrscheinlich schon vorher im Flugzeug, aber seine Augen waren so blau und klar wie immer gewesen.
    Wir hatten einander zuletzt vor sechs Wochen gesehen. Ich hatte mir Sorgen gemacht, dass es zwischen uns nicht mehr so wie vorher sein würde. Was, wenn ihn der Gewinn des Guarneri-Wettbewerbs verändert hatte? Wir hatten nur eine einzige Woche zusammen verbracht, ehe er nach Singapur geflogen war, um den ersten Teil seiner Konzerttournee zu beginnen. Als ich mich von ihm verabschiedete, wusste ich, dass ich ihn liebte. Und in genau diesem Augenblick wurde mir klar, dass es nichts Handfestes gab, das ihn an mich band.
    Als wir gestern spät vom Bahnhof zurückgekehrt waren, hatte Gigi bereits ein Bett für Jeremy auf dem Sofa aufgeschlagen und er war sofort in einen Tiefschlaf gefallen. Ich hatte natürlich gar nicht einschlafen können. Ich wäre am liebsten auf Zehenspitzen von meinem Dachbodenzimmer aus zu ihm hinuntergeschlichen und hätte ihm beim Atmen zugesehen. Stattdessen hatte ich im Bett gelegen und zum ersten Mal seit dem Guarneri-Wettbewerb eine Melodie im Kopf gehabt. Irgendwann war ich endlich eingeschlafen, aber die Melodie

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