Virulent
Perry.
»Beschreib den Schmerz.«
»Ist ein gottverdammter fast rasend machender Schmerz ein anerkannter medizinischer Fachausdruck?«
Sie hielt inne. »Wenn es so wehtut, warum hast du dann nichts gesagt?«
Er zuckte mit den Schultern. »Der Schmerz und ich, wir kennen uns schon lange.«
»Na schön. Du und dein alter Kumpel Schmerz werden ein wenig Zeit miteinander verbringen, während das alles hier verheilt. Schaffst du es bis in dein Zimmer?«
Perry kam mühsam auf die Beine. Margaret versuchte, ihm zu helfen, doch er war so schwer, dass sie sich wie ein kleines Mädchen vorkam, das nur Doktor spielte. Sie fand ein Fläschchen Ibuprofen im Erste-Hilfe-Koffer.
»Nimm vier Stück davon und leg dich einfach schlafen, okay. Ich komme nochmal vorbei und sehe nach dir.«
Er nahm das Fläschchen und humpelte zur Tür. Dann öffnete er die Tür und drehte sich um.
»Sag Dew, dass ich ihn sehen muss«, sagte Perry. »Sag ihm, dass es wichtig ist und dass … ich ihm keine Schwierigkeiten mehr machen werde.«
»Kann das nicht bis morgen warten? Ich möchte, dass du jetzt schläfst.«
Perry dachte einen Augenblick lang nach und nickte dann. Er hob das Fläschchen, schüttelte es ein einziges Mal als eine Art Salut und humpelte schließlich zu seinem Zimmer.
Sie wollte wirklich, dass er schlief, aber sie wollte auch keinen zweiten Kampf riskieren. Perry verhielt sich anders – besiegt – , aber Dew hatte sich noch nicht beruhigt, und irgendeine belanglose Bemerkung konnte dazu führen, dass sich die beiden wieder an die Gurgel gingen.
Der einzige Grund, warum Perry noch am Leben war, bestand darin, dass Dew Phillips es so wollte.
Margaret musste dafür sorgen, dass Dew seine Meinung nicht änderte.
26
Das kann nicht gut sein
Während die Familie Jewell schlief, begannen die Veränderungen.
Die neue Varietät der Samen verhielt sich fast genauso wie diejenige, die Perry Dawsey infiziert hatte. Jedenfalls am Anfang. Demodex folliculorum – winzige Milben, die auf jedem Menschen dieses Planeten leben – fanden die Samen. Da die Samen so aussahen und so rochen wie abgestorbene Hautpartikel, die Demodex’ einzige Nahrung bilden, fraßen die Milben sie. Proteinverdauende Enzyme in den Mägen der mikroskopisch kleinen Arachniden spalteten die äußere Hülle der Samen auf und trugen sie ab, sodass Sauerstoff in das Innere gelangen und den Entwicklungsprozess in Gang setzen konnte.
Und genau wie bei Perry begann dieses Stadium der Infektion mit vielen mikroskopisch kleinen Haufen Ungezieferscheiße.
Jede aktivierte Samenkapsel bohrte ein Filament in die Haut, das sich bis in subkutane Schichten grub. Am unteren Ende dieser fadenartigen Struktur maßen Rezeptorzellen die Konzentration verschiedener Chemikalien sowie die Dichte
und fanden so den perfekten Ort für das zweite Wachstumsstadium.
Doch im Gegensatz zu der Varietät, die Perry befallen hatte, und denjenigen davor, gaben diese Filamente eine von zwei Chemikalien in den Blutkreislauf:
Chemikalie A, wenn es sich um eine der ursprünglichen Kreaturen handelte, von denen Perry Dawsey und Martin Brewbaker infiziert worden waren.
Chemikalie B, wenn es sich um die neue Varietät handelte.
Die Chemikalien filterten das Blut des Wirtskörpers. Schon kurz darauf maß das Filament die Konzentration von A und B. Dies führte zu einer einfachen Mehrheitsentscheidung. War die Konzentration von Chemikalie A höher, entwickelten sich die Samen der ursprünglichen Kreaturen weiter, und die neue Varietät stellte ihr Wachstum ein. War die Konzentration an Chemikalie B höher, geschah das Gegenteil.
Wie sich herausstellte, war Bobby Jewell der Einzige, bei dem die herkömmlichen Samen die Mehrheit hatten. Fünf seiner sieben Infektionen entsprachen dem, was Perry infiziert hatte.
Betty, Donald und Chelsea Jewell würden die Ehre haben, die neue Varietät in sich heranwachsen zu lassen.
Von diesem Punkt an bildete sich bei den beiden Varietäten ein fast identisches Wachstumsmuster heraus. Im zweiten Stadium bildeten sich Wurzeln, die aus der subkutanen Umgebung Material abzogen: Eiweiße, Sauerstoff, Aminosäuren und besonders Zucker. Beide Varietäten benutzten die natürlichen biologischen Prozesse des Wirtskörpers, um neue Mikroorganismen zu schaffen. Es gab die sogenannten Ablesekugeln, die frei beweglich, mit Wimpern bedeckt und mit Sägezähnen versehen waren. Sie waren dazu entwickelt worden,
Zellen aufzuschneiden, die darin enthaltene DNA zu
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