Virulent
Schmerzbotschaften die höchste Priorität zu geben. Die sich ausdehnenden Dendriten der Crawler tasteten umher, verbanden sich mit den Axonen und setzten eine chemische Reaktion in Gang, die normale Schmerzsignale nachahmte. Einige Nerven ignorierten diese Botschaft – nämlich die efferenten Neuronen, die Signale aus dem Gehirn an andere Körperteile übermitteln. Sie werden auch als motorische Neuronen bezeichnet, denn sie sorgen dafür, dass das Gehirn die Muskelreaktionen und die Körperfunktionen kontrollieren kann. Die Nerven hingegen, die die Schmerzsignale nicht ignorierten, sondern sie vielmehr aufnahmen und an das Gehirn weiterleiteten, waren die afferenten Nerven.
Sobald die Crawler die afferenten Nerven entdeckt hatten, packten sie zu, zogen und krochen. Bei jeder dritten oder vierten Nervenzelle setzten sie wiederum das Schmerzsignal frei, maßen die Reaktion und bewegten sich weiter.
Am Ende würde sie ihr Kriechweg bis ins Gehirn führen.
28
Onkie Donny bricht auf
Flauschige Schneeflocken schwebten in alle Richtungen. Sie flogen in Chelseas Augen und kitzelten sie in der Nase.
Es ging ihr nicht gut. Ihr war heiß, sie fühlte sich unwohl, und sie hatte kleine Knubbel an ihren Händen. Diese Knubbel taten ein bisschen weh, aber sie juckten überhaupt nicht. Sie hielt die Hand ihres Daddys, als Onkie Donny und Betty in Onkie Donnys Wagen stiegen. Betty putzte sich die Nase mit einem rosafarbenen Papiertaschentuch. Dann lehnte sie den Kopf nach hinten gegen den Sitz und schloss die Augen. Auch sie fühlte sich nicht wohl.
Onkie Donny schloss die Fahrertür und kurbelte das Fenster herab. Er hustete heftig – ein rasselndes Geräusch kam aus seiner Brust –, und dann streckte er die Hand aus dem Fenster und hielt sie Daddy hin. Sein Atem bildete kleine Wolken, während er sprach.
»Danke, dass wir bei dir sein konnten, kleiner Bruder«, sagte er zu Daddy. »Und danke für das Geschenk, das uns noch lange erhalten bleiben wird.«
»Jetzt mal langsam«, sagte Daddy. »Du warst es, der diese blöden Bazillen aus Pittsburgh mitgebracht hat. Ich schüttle doch nicht die Hand, in die du gerade gehustet hast.«
Onkie Donnys Augen wurden schmal. »Was, zum Teufel, soll das denn heißen?«
Chelsea trat einen Schritt zurück. Onkie Donny sah plötzlich irgendwie unheimlich aus.
»Das war nur ein Witz«, sagte Daddy. »Entspann dich, großer Bruder.«
Onkie Donny starrte ihn noch ein paar Sekunden lang an, dann entspannte sich sein Gesicht. Er blinzelte heftig, als wache er gerade auf.
»Tut mir leid, Mann«, sagte er. »Ich … ich glaube, ich hab da was falsch verstanden.«
»Deine Pillen?«, sagte Daddy.
Onkie Donny nickte. »Hab ich genommen. Ehrlich.«
»Cool«, sagte Daddy. »Wir kommen in nächster Zeit mal runter nach Pittsburgh.
Wieder wurden Onkie Donnys Augen schmal, doch er riss sie gleich wieder auf. Er schüttelte den Kopf wie ein kleines Hündchen.
Mommy trat nach vorn, beugte sich zum Fenster herab und schloss Onkie Donny ungeschickt in die Arme. »Fahr vorsichtig«, sagte sie. »Dieser Sturm soll sich angeblich bald in Eisregen verwandeln. Überall sind jetzt Leute aus dem Süden unterwegs, und der Verkehr wird schrecklich sein. Pass auf die Betrunkenen auf.«
Sie trat vom Fenster weg. Onkie Donny lächelte und nickte. Mommy ging um den Wagen herum, um sich von Betty zu verabschieden. Onkie Donny sah Chelsea direkt ins Gesicht. Er streckte die Hand aus.
»Komm her, Schätzchen«, sagte er. »Verabschiede dich von mir.«
Chelsea zuckte zurück. Warum wollte Onkie Donny sie berühren? Wollte er ihr etwas antun?
»Mein Schatz«, sagte Daddy, »sag deinem Onkel auf Wiedersehen. «
Onkie Donny lächelte. Chelsea blinzelte ein paar Mal. Das war nur Onkie Donny – warum sollte sie vor ihm Angst haben? Er liebte sie. Chelsea ließ die Hand ihres Daddys los und
rannte zur Wagentür. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Onkie Donny auf die Wange.
»Bye-bye, Onkie Donny.«
»Sei ein braves Mädchen, okay?«
Chelsea nickte. Er wirkte … anders. Auch Daddy. Und Cousine Betty ebenfalls. Die Einzige, die sich anscheinend nicht verändert hatte, war Mommy. Warum war das so? Vielleicht musste Chelsea überhaupt keine Angst vor Onkie Donny haben – vielleicht sollte sie Angst vor Mommy haben. Mommy könnte den schrecklichen Kochlöffel holen.
Chelsea beugte sich in das Auto und flüsterte Onkie Donny ins Ohr: »Wenn wir dich besuchen, kannst du mich dann zu jemandem
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