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Virulent

Virulent

Titel: Virulent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Sigler
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hängen. Perry sah ihn wieder mit zusammengekniffenen Augen an, doch dann nickte er.
    »Wir waren auf Patrouille in den Vorbergen von Binh Thuan, als wir überraschend unter Beschuss gerieten. Ein paar von den Jungs starben sofort. Marty und ich sprangen vom Pfad herunter in eine nette kleine Senke, die ein wenig Deckung bot, doch Marty fing sich eine Kugel ein, während er sprang. Sie traf sein Bein direkt unterhalb seines Knies, Mann. Sie durchtrennte das Bein, bis auf einen kleinen Streifen Fleisch und Haut. Also fing er an zu schreien. Ich krieche an den Rand der Senke und erwidere das Feuer, denn sie hätten direkt hinter uns sein können, weißt du?«
    Perry nickte, als ob er es gewusst hätte.
    »Marty ist in wirklich übler Verfassung. Aber ich kann ihm nicht helfen, denn Charlie ist hinter uns her, ich kann sehen, wie sie näher kommen, also schieße ich. Marty blutet wie verrückt. Blätter, Zweige und Dreck kleben an seinem Beinstumpf. Er hört auf zu schreien. Ich feuere immer noch. Ich weiß, dass ich zwei, vielleicht drei Mann erwischt habe, und dann sagt Marty mit vollkommen ruhiger Stimme: Dew, verschwinden wir von hier. Ich werfe ihm einen kurzen Blick zu. Mit einem Messer hat er die Sache mit seinem Bein zu Ende gebracht, und jetzt drückt er seinen Fuß und sein Bein gegen seine Brust wie ein verdammtes Baby. Überall um mich herum schlagen Kugeln ein, also drehe ich mich wieder um und
nehme das Feuer wieder auf. Und weißt du, was Marty dann macht?«
    Perry schüttelte den Kopf.
    »Er fängt an, mit mir über die Raiders zu sprechen.«
    »Scheiße, das ist nicht dein Ernst«, sagte Perry. »Die Oakland Raiders?«
    Dew nickte. »Ja. Er hat sie geliebt. Er hatte sich ihr Abzeichen mit dem Schild und den Schwertern auf die Schulter tätowieren lassen, Mann. Sah nicht mal besonders gut aus. Ein anderer Soldat aus dem Zug hatte es gemacht, aber das spielt keine Rolle, richtig?«
    »Richtig.«
    »Richtig. Er ist also unter Schock, sitzt da, hält sein Bein im Arm, wie man ein Baby halten würde, und sagt: Sie müssen Flores zurückholen. Kennst du Tom Flores?«
    »Klar. Er hat als Trainer zwei Super Bowls gewonnen.«
    »Davor war er Quarterback.«
    »Kein Scheiß?«
    »Kein Scheiß.«
    Perry beugte sich vor, die großen Augen voller Interesse.
    Dew fuhr fort. »Quarterback. Der erste hispanische QB in der Liga, also denkt Alvarez, El Mexicano, dass Flores der leibhaftige Gott in Helm und Schulterpolstern ist. Die Raiders haben Flores an Buffalo verkauft, und Alvarez war sauer. Er sagt: Dew, sie müssen Flores zurückholen. Er sitzt da, hält sein abgetrenntes Bein und spricht über Football.«
    »Und was hast du gesagt?«
    »Ich habe überhaupt nichts gesagt. Überall um mich her bringe ich Schlitzaugen um, und ich denke – Gott sei mir gnädig, dass ich das gedacht habe –, aber ich denke: Wenn er sein Bein halten kann, kann er auch eine Waffe halten, warum
schießt er dann nicht? Doch wie auch immer, rechts und links formieren sich unsere Linien, wir halten durch. Und dann rief unser ST die Artillerie.«
    »ST?«
    »Spähtrupp.«
    »Oh.«
    »Also greift die Artillerie ein, praktisch direkt über unsere Köpfe hinweg. Ich schieße immer noch. Marty fängt wieder an zu reden, doch er muss schreien, um sich angesichts der Artillerie Gehör zu verschaffen. Also schreit er: Ich habe mir dieses verdammte Tattoo eben erst machen lassen, und dann verscherbeln die Flores nach Buffalo. Ich werde mir kein Buffalo-Bills-Tattoo machen lassen, Dew, das mache ich einfach nicht. Die Artillerie stellt das Feuer ein, Charlie ist verschwunden, also beschließe ich, unsere Einheit so schnell wie möglich wegzuschaffen. Ich drehe mich um, weil ich Marty helfen will, aber er ist tot.«
    »Aber du hast doch gesagt, dass er sich ganz normal unterhalten hat und so.«
    Dew nickte. »So war’s auch. Wir hätten genauso gut in meinem Wohnzimmer sein und Monday Night Football schauen können. Er war einfach tot. Er lag da mit seinem Fuß und seinem Bein in den Armen, als sei es ein Teddybär.«
    Dew schwieg einen Augenblick, in dem er sich fragte, ob Perry verstehen würde, was er sagen wollte.
    »Ich verstehe es nicht«, sagte Perry.
    Vielleicht kannte sich Perry ja mit Computern aus, aber was den gesunden Menschenverstand betraf, war es mit ihm nicht weit her.
    »Wie alt bist du?«, fragte Dew.
    »Siebenundzwanzig«, sagte Perry.

    »Marty Alvarez war neunzehn Jahre und drei Tage alt. Auch er würde nie Kinder haben. Er

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