Virus (German Edition)
so lautlos wie möglich zu
bewegen, denn er wollte die beiden nicht aufschrecken. Der Seewind, der sanft
durch das Dünengras strich, half ihm, indem er die wenigen Geräusche, die er
verursachte, übertönte.
Plötzlich hielt der Mann inne,
denn Ashcroft und Petersen standen auf und gingen nun langsam weiter die Düne
entlang. Das konnte die Sache unter Umständen etwas erschweren, denn sie hatten
nun leichter die Möglichkeit, zu fliehen. Noch stärker darauf bedacht, kein
Geräusch zu verursachen, schlich er sich von hinten an sie heran. Er war nur
noch etwa einen Meter hinter ihnen, doch noch immer hatten sie ihn nicht bemerkt.
„Guten Abend, Miss Ashcroft”,
sagte der Mann im freundlichsten Tonfall, den er nur aufsetzen konnte. Er
hoffte, durch sein sympathisches Timbre eine Panikreaktion zu verhindern und
hatte etwa fünfzigprozentigen Erfolg. Die Gesichter der beiden vor ihm Gehenden
zeigten, nachdem sie schrecklich zusammengezuckt waren und sich ruckartig
umgedreht hatten, alle nur erdenklichen Anzeichen von Panik. Doch immerhin rannten
sie nicht vor ihm weg, sondern starrten ihn lediglich an, Angst und tausend
Fragen in ihren Blicken.
–––––
Debbie fuhr herum. Ein
wildfremder Mann stand plötzlich nur einen Meter vor ihr. Er wirkte gepflegt in
seinem Maßanzug, sein Haar war sauber an der Seite gescheitelt und seine
Gesichtszüge zeugten von Intelligenz. Wo war Jäger? Wie war der Mann an ihm
vorbei gelangt? Sah so ein Mörder aus?
„Mein Name ist Devon Driver und
ich bin von der CIA”, stellte der Mann sich vor und hielt Debbie seinen Ausweis
hin. Sie studierte das Dokument eingehend, hielt es schief, um das Hologramm zu
erkennen, verglich das Lichtbild mit dem Gesicht vor ihr und kam dann zu dem
Schluss, dass der Ausweis zwar einen durchaus professionellen Eindruck machte,
dass sie aber keinen Schimmer hatte, wie ein CIA-Ausweis auszusehen hatte. Theoretisch
hätte ein jeder irgendeinen Ausweis basteln und ‚Central Intelligence Agency’ darauf schreiben können.
„CIA?” fragte sie schließlich,
während sie dem vermeintlichen Mister Driver seinen Ausweis zurückgab. „Wie
sind Sie an meinem Personenschützer vorbeigekommen?”
„Er ist nicht ernsthaft verletzt”,
antwortete Driver ruhig. „Er ist lediglich bewusstlos.”
Debbie blickte sich um und zuckte
zusammen. In einiger Entfernung sah sie ein Paar Beine in dunklen Hosen, das
auf dem hellen Sand lag, während der Oberkörper hinter Dünengras verborgen war.
Das Gefühl von Sicherheit, von völliger Unangreifbarkeit, das sie noch vor
einer Viertelstunde empfunden hatte, war wie weggeblasen. Sie trat näher zu
Holger, der noch kein Wort gesprochen hatte.
Driver musste ihre plötzliche
Angst gespürt haben, denn er verlieh seiner Stimme einen beruhigenden Tonfall,
als er erneut sprach. „Bitte machen Sie sich keine Sorgen, Miss Ashcroft. Sie stehen
jetzt unter dem Schutz der CIA. Wir werden für ihre Sicherheit sorgen.”
Immerhin etwas. Nein – verdammt
nochmal das Mindeste, was sie tun konnten, nachdem sie ihren Personenschützer
ausgeschaltet hatten.
„Was wollen Sie von mir?” fragte
sie in einem defensiven Tonfall, während sie die Arme vor der Brust
verschränkte.
„Ganz ohne Umschweife: Ich
möchte, dass Sie einen Virus für uns untersuchen”, erwiderte Driver. Debbie
glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.
„A freakin’ virus?” fuhr sie ihn an. „Sind
Sie sich eigentlich der Tatsache bewusst, dass wir uns hier inmitten einer
Mordserie befinden? Was könnte da von geringerer Bedeutung sein als ein blöder
kleiner scheiß Virus?”
Driver hob besänftigend die
Hände. „Etliches”, sagte er trocken, „wenn dieser Virus in den Körpern beider
bisherigen Opfer gefunden wurde.”
„Was?” Debbie hatte Mühe ihm zu
folgen.
„Aufgrund der Umstände nehmen die
deutschen Behörden die Ermittlungen sehr ernst”, erklärte Driver. „Durchaus
verständlich und lobenswert, möchte man meinen. Im Zuge der rechtsmedizinischen
Untersuchungen werden daher auch Entitäten überprüft, die vielleicht nicht zum
üblichen Ablauf einer post mortem Ermittlung gehören, zumindest nicht ohne
besondere Indikatoren.”
„Schön.” Debbie hatte
aufgeschlossen und wusste nun, worauf Driver hinauswollte. „Was Sie mir sagen
wollen, ist, dass in diesen speziellen Fällen das Blut der Opfer genauer
untersucht wird, sogar auf Viren.”
„Exakt.”
„Und bei Meng Hong und Dickinson
hat man einen Virus gefunden.” Sie
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