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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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verändert
haben. Das ist jedenfalls das, was ich getan hätte.”
    Debbie musste sich setzen.
Alleine die Vorstellung war mehr, als sie im Moment vertragen konnte – die
Vorstellung, dass ein psychopathischer Serienkiller aus einem ohnehin schon gefährlichen
Virus durch Veränderung seines Erbguts eine vernichtende Waffe gezüchtet haben
könnte.
    „Ich werde das überprüfen”, sagte
sie schließlich, nachdem sie sich einigermaßen gefasst hatte. „Danke für deine
Hilfe, Bobby.”
    „Kein Problem Debbie. Ruf mich
jederzeit an.”
    Damit legten sie auf.
    Debbie blickte zu Holger hinüber,
der noch immer den Kopf auf die Hände gestützt grübelnd an dem Schreibtisch in
der Ecke saß.
    „Mein Assistent in Minneapolis”,
sagte Debbie. Aus irgendeinem Grund hatte sie das Bedürfnis, Missverständnissen
vorzubeugen. Ohne dass Holger das geringste Wort gesagt hatte, wollte sie
sicherstellen, dass er nicht glaubte, Bobby sei ihr fester Freund.
    „Was?” Holger fuhr aus seinen
Gedanken auf. „Ach so. Ich habe eurem Gespräch gar nicht zugehört. So gut ist
mein Englisch leider nicht.”
    Debbie erzählte Holger von Bobbys
Ideen, die Holger alle für durchaus plausibel und einleuchtend hielt, und
machte sich anschließend wieder daran, den Virus zu untersuchen.
    Es war kurz vor vier Uhr morgens
und Holger war bereits vor einer Weile auf dem Bürostuhl sitzend, mit dem
Oberkörper auf dem Schreibtisch liegend eingeschlafen, als Debbie ihre
vielleicht bislang schockierendste Entdeckung machte. In der Tat – jemand
musste am Genom des Virus’ herumgespielt haben. Jemand, der sich gut mit Viren
auskannte.
    Nachdem Debbie den ersten Schock
verdaut hatte, rüttelte sie Holger wach. Rücksicht nahm sie dabei kaum, dafür
war jetzt nicht der geeignete Augenblick.
    „Was ist denn?” fragte Holger mit
verschlafener Stimme, während er mit überschaubarem Erfolg versuchte, seine
Augen aufzuzwingen.
    „Der Virus bildet kein
Spike-Protein”, sagte Debbie, atemlos vor Schock.
    „Kein was?”
    Debbie versuchte, ihre Gedanken
zu ordnen. Natürlich konnte Holger weder wissen, was ein Spike-Protein war,
noch warum dessen Ausbleiben im vorliegenden Virus von so großer Bedeutung war.
Bevor sie in virologische Details ging, sollte sie ihm erst mal den Ernst der
Lage klarmachen.
    „Holger”, begann sie, „der Virus,
mit dem Sam und Meng Hong infiziert waren, ist eine Mutation. Ich gehe davon
aus, dass er absichtlich modifiziert wurde. Und er ist gefährlich.
Gefährlicher, als ich es zunächst angenommen habe.”
    „Wie gefährlich genau?” Holger
schien bemüht, ihr zu folgen.
    „Mindestens so gefährlich wie
der, der 2003 eintausend Menschen das Leben gekostet hat”, erwiderte Debbie
tonlos.
    „Klingt bislang nicht allzu
überraschend”, antwortete Holger.
    „Für dich vielleicht nicht. Aber
für mich. Denn 2005 hat ein amerikanisches Forscherteam einen Impfstoff
entwickelt. Er ist noch in der Testphase, wäre aber im Notfall, sprich im Fall
einer neuen Epidemie, durchaus einsatzbereit. Deshalb bin ich bislang nicht
davon ausgegangen, dass es eine neue Epidemie geben könne.”
    „Und jetzt hast du festgestellt,
dass der neue Virus gegen diesen Impfstoff immun ist”, schloss Holger Debbies
Gedanken für sie ab.
    „Der Impfstoff basiert auf einem
Protein, dem sogenannten Spike-Protein, das sich normalerweise in der Außenhülle
des Virus befindet, und ihm hilft, in menschliche Zellen einzudringen”, fuhr
Debbie fort.
    „Dummerweise nicht in diesem
Fall, wie du eben bereits sagtest”, bemerkte Holger.
    „Genau. Gegen diese Mutation gibt
es keinen Impfstoff. Und noch etwas anderes macht mir ebenso viel Angst”, fügte
sie an.
    „Ich weiß nicht, wie viele
Horrornachrichten ich noch verkraften kann.” Holger gähnte.
    „Der Virus benutzt also nicht
mehr das sogenannte Spike-Protein, um Zellen zu penetrieren”, erklärte Debbie.
„Er war aber bereits in Sams und Meng Hongs Zellen eingedrungen. Das bedeutet,
dass er eine andere Strategie verfolgen muss, um dieses Ziel zu erlangen.” Sie
machte eine Pause und seufzte. Die Vorstellung, die sie mit Holger zu teilen
beabsichtigte, war wirklich keine schöne. „Ich gehe aus verschiedenen Gründen
davon aus, dass jemand den Virus absichtlich manipuliert hat, dass es sich also
um keine natürliche Mutation handelt. Dieser jemand – wahrscheinlich unser
Mörder – muss also Ahnung von der Materie haben. Dementsprechend kann ich es
mir nur schwer vorstellen,

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