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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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gutes Stichwort, danke.
    „Ganz exakt, Herr Bruncke”,
erwiderte er in ruhigem, sachlichem Tonfall. „Um Menschenleben geht es hier bei
diesem Gipfel. Um die Leben von sechs Milliarden Menschen. Selbst wenn es hier
ein paar weitere Opfer geben sollte, glauben sie wirklich, dass zwei oder drei
Menschenleben wichtiger sind als sechs Milliarden?”
    „Ich glaube kaum, dass sechs
Milliarden Menschen plötzlich sterben werden, nur weil wir diesen Gipfel abbrechen”,
warf Herforth scharf ein. Heinze hasste sie. Was bildete diese Schnepfe sich
ein? Was glaubte sie, wer sie war, seine Show abbrechen zu wollen?
    „Es könnte passieren”, erwiderte
er. „Eine einzige Epidemie könnte die Menschheit ausradieren, wenn nicht rechtzeitig
Eindämmungsmaßnahmen ausgearbeitet werden. Sie werden es sehen.” Er blickte in
die Gesichter der übrigen Herren am Tisch und fügte mit leisem, leicht
verschmitztem Tonfall hinzu: „Glauben Sie denn, wir drehen hier auf so einem
Gipfel nur Däumchen?”
    Heinze merkte, wie er seine
Wirkung verfehlte. Sein Charme hatte seine Fesseln verloren, sein Witz seinen
Reiz. Hatten sie ihre Entscheidung etwa bereits getroffen? War er nur
einbestellt worden, um vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden?
    „Was ist Ihre Meinung zu der
Situation?” fragte Bruncke. Heinze blickte auf und sah, dass der BKA-Chef seine
Frage an Klaus Martens adressiert hatte. Bedeutete das, dass er schon raus war
aus der Diskussion? Dass seine Meinung nun nicht mehr gefragt war?
    „Ich kann nur sagen, dass dem BND
keinerlei Hinweise vorliegen, die auf irgendwelche terroristischen Hintergründe
hinweisen”, erwiderte Martens. „Ich habe auch mit meinem Kollegen vom Verfassungsschutz
gesprochen. Ihm ist ebenfalls nichts bekannt. Mit anderen Worten: Wir verfügen
über keine Informationen, dass die Regierungschefs durch die Mordserie
irgendeiner Gefahr ausgesetzt sind, der sie sonst nicht auch ausgesetzt wären.”
    Na, also! Der BND-Mann schien
einen Abbruch des Gipfels ebenfalls für nicht notwendig zu erachten. Endlich
bekam Heinze ein wenig Rückendeckung.
    „Was ist Ihre Meinung?” richtete
sich Bruncke nun an von Glagow.
    „Ich kann ebenso wenig beitragen
wie Herr Martens”, antwortete der großgewachsene General.
    Gut so. Heinze frohlockte. Die
beiden BKA-Trottel standen nun ziemlich alleine da.
    „Aber wenn Sie mich nach meiner
Meinung fragen”, fuhr von Glagow fort, „dann sage ich Ihnen, dass wir alles tun
sollten, um dieses fürchterliche Morden zu stoppen.”
    Martens nickte zustimmend und
Heinze wurde wieder heiß unter seinem Kragen. Hatten der General und der
Geheimdienstler nicht eben beide noch gesagt, es bestehe keine weitere Gefahr?
Wie konnten sie für einen Abbruch des Gipfels stimmen?
    „Okay”, sagte Bruncke. „Ich werde
mich sofort mit dem Innenminister in Verbindung setzen und ihn bitten, den
Gipfel zu beenden. Frau Herforth, bitte finden sie den Mörder trotzdem.”
    „Ich werde mein Möglichstes tun”,
erwiderte die Polizistin.
    Damit erhob man sich und noch
immer diskutierend verließ man den Raum. Einzig Heinze blieb sitzen. Er konnte
nicht glauben, was soeben passiert war. Man hatte den Abbruch seines Gipfels
beschlossen, eine Wendung, die er in all seiner minutiösen Planung niemals
antizipiert hätte.
    Einerseits brauchte der Mörder natürlich
den Gipfel, doch andererseits brauchte auch der Gipfel den Mörder. Warum
konnten diese degenerierten Halbidioten das denn nicht einsehen?
    Es blieb nur eine Möglichkeit.
Heinze musste mit der Kanzlerin sprechen und versuchen, zu retten, was zu
retten war.

71.
    Debbie erwachte nach viel zu
kurzem Schlaf. Es war hell um sie herum, es duftete nach Kaffee und jemand
sprach zu ihr. Mühsam zwang sie ihre Augen auf. Wo war sie? Wer sprach da?
    „Ein Kaffee wird da, fürchte ich,
nicht ausreichen”, hörte sie jemanden sagen. Die Stimme klang vertraut. Holger.
Wieso war er in ihrem Hotelzimmer? Sie blickte sich um. Trotz des Schleiers,
der noch immer ihren Blick trübte, stellte sie schnell fest, dass sie nicht in
ihrem Hotel war. Und dann fiel es ihr wieder ein.
    „Wie viel Uhr ist es?” fragte sie
– oder vielmehr: versuchte sie, zu fragen. Denn mehr als ein Krächzen drang
nicht aus ihrer Kehle.
    „Zigarette?” fragte Holger.
Offenbar amüsierte er sich.
    „Was?”
    „Es ist acht Uhr. Zeit zum
Aufstehen.”
    „Bist du wahnsinnig, mich um
diese Uhrzeit zu wecken?” Sie fuhr im Bett auf. Langsam klärte sich ihr

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