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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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übliche Maß hinausgegangen sein. Immerhin war
damals noch nicht entschieden, dass der Gipfel hier stattfinden würde.“
    Debbie blickte skeptisch. „Aber
liegt nicht genau da auch das Problem? Ich meine, wozu sollte er derartige
Vorrichtungen anbringen, wenn er nicht einmal weiß, dass jemals ein G8-Gipfel
hier ausgetragen wird?“
    Ein betretenes Schweigen zeigte,
dass niemand eine Antwort parat hatte. Hatte Debbie Recht? War die ganze
Theorie zu kryptisch? Holger atmete tief durch, um sein durch die Anspannung
gelähmtes Denkorgan wieder benutzbar zu machen. Nein, die Tatsache, dass der
gleiche angebliche Wissenschaftsjournalist mit dem ach so perfekten Lebenslauf,
der gar so beliebig das Foto des sterbenden Meng Hong geschossen hatte und die
Datei auch noch aus dem Gebäude hatte schmuggeln können – dass dieser Mann auch
beim Bau des Hotels mitgewirkt hatte, konnte einfach kein Zufall sein.
    „Vielleicht hat er nachher als
Lobbyist für Petersdamm als Austragungsort geworben?“ schlug er vor. „Scheint
ja ein rechter Tausendsassa zu sein, dieser feine Herr.“
    „Es gibt eine noch
beunruhigendere Möglichkeit.“ Sofort hatte Driver ihre ungeteilte
Aufmerksamkeit. „Wir können bisher nicht ausschließen, dass Somniak nur das
ausführende Organ einer Organisation ist. Einer möglicherweise durchaus
mächtigen Organisation – mächtig genug, um die Entscheidung über einen
Gipfelstandort zu beeinflussen. Egal ob religiös oder säkular.“
    Ein aufgeregtes Schweigen zeigte,
dass dieser Gedanke niemandem gefiel. Vielsagende Blicke wurden ausgetauscht, man
streckte sich, man konnte nicht stillhalten – nur gesprochen wurde nicht.
    Holger merkte, dass der Fokus
verloren ging und ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass Somniaks
Pressekonferenz näher und näher rückte. „Im Prinzip ist es doch aber auch egal, wie genau er es angestellt hat“, brach er das Schweigen. „Wir haben aber
jedenfalls genug Indizien, um von seiner Täterschaft auszugehen. Und damit
sollten wir nun weiterarbeiten.“
    „Richtig“, stimmte ihm Driver zu
und wandte sich sogleich wieder an seinen Agenten. „Prüf die Mitarbeiterlisten
sämtlicher damals am Bau beteiligten Unternehmen. Nimm dir ein Team. Und wenn
du seinen Namen hast, überprüfst du ihn auf Herz und Nieren. Das volle
Programm. Von der Tamponmarke seiner Mutter bis zum Namen der Meerschweinchen
seiner Kinder. Mit Verifikation.”
    Der CIA-Mann machte sich gerade
daran, weitere Anweisungen zu erteilten, als Holger ihn unterbrach. „Mister
Driver“, sagte er in eindringlichem Tonfall. „Wir müssen Somniaks
Pressekonferenz unterbinden.“
    Drivers Miene war zu entnehmen,
dass er nichts lieber getan hätte als das, doch er zierte sich. „Wir haben dazu
hier in Deutschland keine Befugnisse.“
    „Dann schalten Sie die deutschen
Behörden ein oder was auch immer.“ Holger verlor langsam die Geduld. Die
Sekunden tickten unbarmherzig zu Somniaks Sieg herunter. „Sehen Sie denn nicht,
dass dies alles Teil seines Plans ist? Dies ist seine Bühne! Hierauf sollte
alles hinauslaufen! Er wusste, dass er verhaftet werden würde und dass seine
Verhaftung zu einem Aufruhr in der gesamten Medienbranche führen würde. Er hat
sich selbst zum Helden gekrönt. Auf diese Weise hat er sich seine Bühne gebaut,
die er braucht, um die Botschaft der Apokalypse in die Welt zu tragen. Heute um
vier Uhr wird er diese Bühne betreten. Dann hat er gewonnen.”
    Ein langes Schweigen folgte.
Holger blickte abwechselnd Debbie und Driver an.
    „Worauf warten wir dann noch?”
fragte Debbie schließlich.
    „Auf Beweise“, erwiderte Driver
kleinlaut. „Eben weil Somniak ein Held ist, können wir ihn nicht ohne Beweise
vor der versammelten Medienmeute dieses Planeten festnehmen.“
    Bürokraten! Holger ballte die Fäuste
hinter dem Rücken zur Sublimation. Sein Frust brauchte ein Ventil und er stand
kurz davor, einen beliebigen Computer zu greifen und gegen die Wand zu
schleudern.

95.
    René Breuer hatte schwer zu
kämpfen in diesen Tagen. Jahre lang hatte er all seine Kräfte aufwenden müssen,
um sein kleines Logistik-Unternehmen gegen die Angriffe der großen, weltweit
operierenden Konkurrenten zu verteidigen. Nie hatte er klein beigegeben und
generöse Übernahmeangebote ebenso abgeblockt wie aggressive Preisoffensiven. Er
spürte eine Verantwortung seinen Mitarbeitern gegenüber, die bei der Übernahme
durch einen global player mit Sicherheit größtenteils ihren Job
verlieren

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