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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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beschäftigen.

96.
    „Worauf warten wir noch?”
wiederholte Debbie, während sie nervös im Raum auf und ab schritt. Sie zog ihr
Handy aus der Tasche und blickte auf die Uhr. Es war mittlerweile nach halb
vier. Nicht einmal mehr eine halbe Stunde bis zur Pressekonferenz.
    „Wenn wir zumindest beweisen
können, dass Somniak damals einen anderen Namen benutzt hat”, erklärte Driver. „Dann
hätten wir etwas, wofür wir ihn festnehmen könnten.“ Der Raum war nun gefüllt
mit hektischer Geschäftigkeit, wie sie wahrscheinlich an der Wall Street kaum
schlimmer sein konnte. Agenten rannten umher, riefen sich Daten, Fragen,
Aufforderungen zu, hackten manisch auf ihre Tastaturen ein oder telefonierten
mit Stakkato-Stimmen.
    Und endlich kamen die erwünschten
Ergebnisse. Ein weiterer Agent rief aus, dass er einen Treffer gelandet habe.
    „Dieser Mann hat von 1984 bis
1986 in Nigeria als Missionar für die katholische Kirche gearbeitet“, erklärte
er auf einen Bildschirm deutend, nachdem Debbie, Holger und Driver an sein
Terminal gehastet waren. Der Mann auf dem Bildschirm war viel jünger als
Somniak und hatte nahezu keinerlei Ähnlichkeiten mit dem Verdächtigen, doch die
Augen waren die gleichen – diese wässrig grauen Augen, die Somniak so
gespenstisch aussehen ließen. „Er war weitaus jünger, aber wir haben relativ
gute Bilder, so dass sich der Computer zu 99,3 Prozent sicher ist, dass es sich
um unseren Mann handelt. Er benutzte damals den Namen Isaak Herzfeld. Wurde
1986 wegen seiner radikalen Ansichten aus der Mission ausgeschlossen und
schloss sich dann einer christlich-fundamentalistischen Sekte an, die wegen
ihrer Ausrichtung sogar vom Mossad überwacht wurde.“
    „Das ist er!“ rief Driver. „Das
ist unser Mann!“
    Doch Debbie schloss sich seiner
Euphorie nicht an. Ihre Aufmerksamkeit hatte irgendwann der Fernseher für sich
gewonnen, auf dem immer noch Nachrichten vom Gipfel liefen. Es waren
Live-Bilder vom Marktplatz in Petersdamm zu sehen, und in eben diesem
Augenblick fuhr – trotz eifriger Gegenwehr einer halben Hundertschaft an
Polizisten – ein Sattelschlepper mit Auflieger auf eben jenen. Von einem Moment
auf den anderen wusste Debbie, was passieren sollte.
    „Er ist da drin”, rief sie aus,
unfähig ihre Gedanken zu strukturieren.
    „Was?” fragte Holger. „Wer ist wo
drin?”
    „Tran Quoc Tuan. Er ist in dem
Auflieger!”
    „Wie kommst du darauf?”
    „Weil es die perfekte
Inszenierung ist!” Debbies Stimme überschlug sich fast. „Somniak hält Tran Quoc
Tuan seit sechs Wochen in diesem Hänger in völliger sensorischer Deprivation.
Um punkt vier Uhr heute Nachmittag wird auf mysteriöse und unerklärliche Weise
ein Posaunenton auf dem Marktplatz ertönen. Dann werden sich die Türen des
Aufliegers öffnen und der Professor wird zum ersten Mal seit sechs Wochen Licht
sehen. Die Reizüberflutung tötet ihn. Das Ganze wird live auf Somniaks
Pressekonferenz übertragen, wo er im Anschluss die Apokalypse verkündet.”
    Debbie sah, wie Holger und Driver
einen Blick austauschten. Hatten sie sie etwa nicht verstanden? Man hatte nun
wirklich keine Zeit für ausschweifende Erklärungen, doch endlich schien Driver
zu der gleichen Erkenntnis zu gelangen, denn plötzlich drehte er sich um und
begann, Befehle zu blaffen.
    „Okay, everybody listen”, rief er in den Raum. „Scheiß
auf Befugnisse und Zuständigkeiten, wir haben zwei Einsätze. Browers, du fährst
mit deinem Team zur Pressekonferenz von Jo Somniak. Auftrag: PK verhindern und
Somniak festnehmen. Keine Fehler. Der Mann ist ein Serienkiller und könnte
bewaffnet sein. Thornton, du und dein Team kommt mit mir und Frau Ashcroft zum
Marktplatz von Petersdamm. Auftrag hier: Verhindern, dass die Türen des
Sattelaufliegers geöffnet werden. Wir werden versuchen, schnell und
unbürokratisch die Unterstützung der deutschen Behörden zu bekommen. Wenn
nicht, setzt euch über alles hinweg! Ausführung!”

97.
    Um sieben Minuten vor vier
erreichte der Konvoi aus CIA-Fahrzeugen den Petersdammer Marktplatz, wo die
Wagen mit quietschenden Reifen zum Stehen kamen. Die Agenten sprangen aus den
Wagen und sahen sich sogleich einer gereizt wirkenden Einheit von
mecklenburgischen Landespolizisten in voller Kampfmontur gegenüber. Doch zu
Debbies großer Erleichterung drängte sich sogleich Herforth durch die Reihen
der Polizisten nach vorne.
    „Was soll dieser Auftritt?”
fragte sie mit wütender Stimme. „Der Ortskern ist für

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