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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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werden.”
    Er winkte einen erhobenen Daumen
in Debbies Richtung, um ihr zu zeigen, dass neue Hoffnung bestand. Sie lächelte
gequält zurück. Die Angst schien sogar noch schwerer auf ihr zu lasten, als
Holger es zunächst angenommen hatte.
    „Wir müssen sofort nach Dobbertin
fahren”, sagte er mit Aufregung in der Stimme in sein Handy.
    „Und wenn es eine Falle ist?”
fragte Herforth. Offenbar hatte sie sich schon vor dem Telefonat reichlich
Gedanken hierüber gemacht.
    „Es ist unsere einzige Chance.
Wir müssen das riskieren. Debbie könnte hierbleiben oder in die Direktion
gebracht werden, während ich…”
    „Nein!” rief Debbie wütend
dazwischen. „Ich bleibe nicht alleine hier. Wozu habe ich denn dreimal so viele
Personenschützer wie mein Präsident?”
    „Debbie, bitte.” Es fiel schwer,
jemanden zu beruhigen, wenn man selbst vor Aufregung nahezu zerbarst.
    „Ich gehe dahin, wo du hingehst. And that’s final!”
    Holger seufzte. Es hatte keinen Sinn.
Immerhin hatte er mit Debbies Dickköpfigkeit bereits bei ihrem ersten
Aufeinandertreffen Bekanntschaft gemacht.
    „Okay”, sagte er schließlich in
sein Handy. „Können Sie uns irgendwie nach Dobbertin bringen?”
    „Der Helikopter ist in fünf
Minuten da. Ihre Personenschützer wissen, wo er landen wird.”
    „Helikopter? Was…” Ein regelmäßig
unterbrochener Signalton verriet Holger, dass Herforth aufgelegt hatte. Dann
eben ein Helikopter. Wieso nicht? Erneut wurde er das Gefühl nicht los, dass
Herforth schon vor ihrem Gespräch Überlegungen angestellt und Vorkehrungen
getroffen hatte. Offenbar hatte sie nur nach einer letzten Bestätigung gesucht.

117.
    „Wissen Sie eigentlich, dass Ihr
Komplize die G8-Staaten erpresst?” fragte Herforth. Sie saß erneut Somniak
gegenüber im Verhörraum der Polizeidirektion, während der gleiche Kleiderschrank
in Uniform, der schon dem letzten Verhör beigewohnt hatte, wieder an der Tür
stand. Sie hatte sich aus dem einfachen Grund, in der Klosterkirche keine Hilfe
sein zu können, dazu entschlossen, Ashcroft und Petersen nicht zu begleiten,
sondern lieber im Verhör mit Somniak nach der Antwort zu suchen.
    Ihr Gegenüber antwortete nicht.
Er starrte mit dem gleichen leeren Blick geradeaus, mit dem er schon beim
ersten Verhör jeglichen Einblick in seine Gedankenwelt abgeblockt hatte.
    „Einfache Räuberei, Herr Somniak.”
Herforth versuchte so viel Eindringlichkeit wie nur möglich in ihre Stimme zu
legen. „Für einfache Räuberei missbraucht Ihr Komplize Ihre tolle Inszenierung.
Ich bin mir sicher, dass dies nicht Teil Ihres Plans war. Hätten Sie eine
Erpressung geplant, so hätten Sie sich wohl kaum auf der Pressekonferenz als
Mörder vorstellen wollen.”
    Sie machte eine Pause, um
Somniaks Reaktion zu studieren. Es gab keine.
    „Ihr Komplize hat Sie von vorne
bis hinten nur ausgenutzt”, fuhr sie schließlich fort. „Sie planen seit Jahren
die perfekte Nachbildung der Apokalypse, grübeln eine Systematik zur Auswahl
der Opfer aus, setzen Zeichen, wollen eine Botschaft aussenden – und dann kommt
dieser Typ daher, den Sie wahrscheinlich im Internet gefunden haben, und nutzt
ihre ganze Arbeit aus, um eine banale Erpressung durchzuführen. Und das stört
Sie nicht?”
    „Die Wege des Herrn sind
unergründlich.”
    „Ich rede hier aber nicht vom
Herrn, Herr Somniak, ich rede hier von ihrem höchst menschlichen Komplizen.”
    „Und wenn auch er von Gott geschickt
wurde, so wie ich?”
    Herforth atmete tief durch. Das
Gottvertrauen dieses Mannes schien keine Grenzen zu kennen.
    „Wieso sollte Gott jemanden
anderen mit einem anderen Auftrag schicken? Hätten Sie nicht einfach alles in
einem Abwasch erledigen können?”
    „Die Wege des Herrn sind
unergründlich.”
    „Und Sie glauben, es ist Gottes
Wille, die Menschheit auszurotten?”
    „Ich hoffe es.”
    „Was, wenn es nicht Gottes Wille
ist? Was, wenn Sie, weil ein kleiner Verbrecher Sie gelinkt hat, dafür
verantwortlich sind, dass Gottes Schöpfung ausradiert wird?”
    Somniak antwortete nicht
sogleich, doch wenn Herforths Frage ihn zum Nachdenken angeregt hatte, so ließ
er sie das nicht im Geringsten merken. Nicht die kleinste Regung streifte über
sein Gesicht.
    „Gott trug mir auf, ein Zeichen
für Petersen zu hinterlassen”, sagte er schließlich. „Wenn Er es will, wird Er
Petersen auf dieses Zeichen stoßen. Wenn Petersen das Zeichen nicht versteht,
so ist dies Gottes Wille.” Somniak lenkte seine Blickachse auf

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