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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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besucht. Bei Hagen konnte er
sich sicher sein, auf nicht allzu viele Menschen zu treffen – nicht selten hatte
er sogar das Glück, der einzige Gast zu sein.
    Er hatte nur noch wenige Meter
bis zum ‚Dorfkrug’ zu gehen, als er stehen blieb. Ein plötzlicher Gedanke hatte
sich in ihm manifestiert und bedurfte einer kurzen Reflektion, denn er stand
vor dem kleinen Internetcafé des Dorfes. Debbies Worte schossen ihm erneut
durch den Kopf: Finden Sie heraus, wie lange ein Blitz dauert. Diverse
Pros und Kontras galt es gegeneinander abzuwägen.
    Einerseits würde es ihn
wahrscheinlich weniger als fünf Minuten kosten, an die gewünschten
Informationen zu gelangen. Zudem glaubte Holger, dass die Antwort objektiv
betrachtet vielleicht interessant sein könnte. Nur weil sie ihn nicht
interessierte, musste das nicht bedeuten, dass sie auch für den Normalbürger jeglicher
Spannung entbehren musste – schließlich gab es nichts oder nur sehr wenig, was
ihn interessierte.
    Andererseits gefiel ihm der
Gedanke nicht, tatsächlich genau das zu tun, wozu diese amerikanische
Verschwörungstheoretikerin ihn aufgefordert hatte.
    Doch dann fiel ihm ein, dass,
wenn er sich dafür entschlösse, nach Blitzen zu googlen, er es ja aus freien
Stücken und nach reiflicher Überlegung täte, und nicht auf ihre Aufforderung
hin.
    Was für andere Gründe gab es, die
dagegen sprachen?
    Als Holger das Internetcafé
schließlich betrat, tat er es aus dem gleichen Grund, aus dem er beschlossen
hatte, Bier zu trinken. Oder vielmehr wegen des erneuten Ausbleibens eines
Gegengrunds: Warum nicht? Es war doch sowieso alles egal.
    Er setzte sich vor einen der immerhin
vier Rechner und bat ohne große Hoffnung auf Erfolg um ein Pils. Der Betreiber
bedauerte, er besitze leider keine Alkoholausschanklizenz, und Holger änderte
die Bestellung auf Kaffee. Dann öffnete er den Browser. Er gab den Suchbegriff
‚Blitz’ in Google ein und fand gleich auf der ersten Seite einen Link zu einem  Wikipedia-Eintrag.
Er klickte darauf und las:
     
    „Ein Blitz ist in der
Natur eine Funkenentladung bzw. ein kurzzeitiger Lichtbogen zwischen Wolken
oder zwischen Wolken und der Erde, in aller Regel während eines Gewitters in
Folge einer elektrostatischen Aufladung der wolkenbildenden Wassertröpfchen
bzw. der Regentropfen.“
     
    Holger war bereits jetzt von dem
Artikel gelangweilt. Er verstand sowieso kein Wort. Er überflog die Zeilen auf
der Suche nach Zahlen:
     
    „... muss der
Potenzialunterschied (die Spannung) einige 10 Millionen Volt betragen ...
Feldstärken von über 200.000 V/m ... Röntgenstrahlung mit einer Energie von
250.000 Elektronenvolt ... maximal 12mm im Durchmesser ...“
     
    Und dann fand er es:
     
    „Die Vorentladungen
benötigen zusammengenommen etwa 0,01 Sekunden, die Hauptentladung dauert nur
0,0004 s.“
     
    Holger hatte von allem, was er
bisher überflogen hatte, nicht ein Wort verstanden. Aber der letzte Halbsatz
ließ keinen Zweifel zu. Ein natürlicher Blitz dauerte nur Bruchteile einer
Sekunde. Lars’ Worte gingen ihm durch den Kopf und wiederholten sich wie in
einer Endlosschleife: Als die Wand hinten Feuer fängt, da hängt der
Professor noch immer in dem Blitz und zittert wie bescheuert.
    Dies war kein normaler Blitz
gewesen, jemand musste ihn manipuliert haben. Konnte man Blitze manipulieren? Holger
wusste es nicht. Sicher wusste er nur eins: Gott war es nicht gewesen, denn den
gab es nicht.

10.
    Jo Somniak wurde etwas
ungeduldig. Zwar war es ein tolles Gefühl, den Schatz in seinem Schuh zu wissen,
doch er hatte wichtige Dinge zu erledigen. Das Warten war enervierend und nur
das beschäftigte ihn im Moment. In den bleichen Gesichtern seiner mit ihm
wartenden Kollegen konnte er ablesen, dass ihre Gedanken sich wohl eher um den
schrecklichen Tod des Professors drehten als darum, so schnell wie möglich hier
rauszukommen. Mit ziemlicher Sicherheit empfand Somniak von allen Anwesenden am
wenigsten Mitgefühl für den Professor. Doch schließlich schien es, als seien
das Schicksal des Verstorbenen und das seine unmittelbar miteinander verknüpft.
    Jeder Anwesende musste sich vor
dem Verlassen des Gebäudes einer eingehenden Leibesvisitation unterziehen.
Wegen ihrer zumeist professionellen Fotoausrüstung wurde bei den Journalisten
die ohnehin immense Gründlichkeit noch einmal erhöht.
    Ein jeder von ihnen wurde von je
zwei Polizeibeamten in provisorische Kammern gebracht, nicht viel größer als
die Umkleide-Kabinen in

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