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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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einem Bekleidungsgeschäft. Dafür, dass es zwei Beamte
sein mussten, vermutete Somniak ebensoviele Gründe: Erstens wäre ein Beamter
alleine leichter zu überwältigen gewesen. Zweitens verfügte man auf diese Weise
später bei eventuellen Anschuldigungen bezüglich unsittlichen Verhaltens über einen
weiteren Zeugen. Somniak hatte weder die Absicht, das eine zu tun, noch das
andere.
    Er wusste, wozu die
Leibesvisitationen durchgeführt wurden. Es durften unter keinen Umständen Fotos
des Unglücks an die Presse gelangen. Deshalb durchsuchten die Beamten jede
einzelne Tasche, fühlten Futter nach versteckten Taschen ab und bestanden auf
einer völligen Entkleidung der jeweiligen Person. Jeder Quadratzentimeter
Kleidung wurde genauestens abgefühlt, der Inhalt der Kameraspeicher wurde
augenblicklich überprüft und wenn unerwünschtes Bildmaterial gefunden wurde,
wurden die Speichermedien komplett zerstört. Gelöschte Dateien waren
schließlich immer wiederherstellbar. Aber Somniak hatte ja den kleinen Schlitz
in seiner Schuhsohle. Hier war die Karte sicher.
    Er nutzte die Zeit, um die
nächsten Schritte zu planen. Als erstes würde er telefonisch einen Termin mit
dem Chefredakteur der BILD-Zeitung vereinbaren, um sicher zu gehen, diesen auch
anzutreffen. Vielleicht traf das Wort ‚vereinbaren’ nicht ganz den Kern.
Vielmehr würde er mit der Ankündigung einer Sensation fordern, vom
Chefredakteur persönlich empfangen zu werden. Anschließend würde er die 180 km
nach Hamburg fahren, was um diese Uhrzeit nicht länger als zwei Stunden dauern
sollte. Dort würde er die Geschehnisse schildern.
    Das Problem war, dass dies alles sehr
schnell gehen musste, denn vor Redaktionsschluss mussten die Artikel fertig
geschrieben und gelayoutet sein. Würde der Artikel erst für die Ausgabe am
Folgetag fertig, bestünde die Gefahr, dass jemand anderes ihm zuvorkam oder die
Informationen auf andere Art und Weise an die Presse gelangten. Vielleicht
hatte noch jemand zufällig einen guten Schuss gelandet und konnte die Daten
irgendwie aus dem Kongresszentrum schmuggeln.
    Somniak war sich ziemlich sicher,
dass dies nicht der Fall sein würde, aber er musste auf Nummer sicher gehen.
Wissenschaftsjournalisten verabscheuten die Regenbogen-Presse. Sie wähnten sich
etliche Stufen über dem Boulevard-Journalismus stehend und sprachen diesem
jegliche Seriosität ab. Wahrscheinlich lagen sie damit noch nicht einmal ganz falsch,
doch Seriosität war nicht das, wonach Somniak in diesem Moment strebte.
    Endlich war er an der Reihe. Eine
Viertelstunde später verließ er das Gebäude, seinen Schatz noch immer sicher in
seinem Schuh versteckt.

11.
    Holger saß auf einem Barhocker an
der Theke im ‚Dorfkrug‘ und nahm einen großzügigen Schluck aus seinem Pilsglas.
Wie er es erhofft hatte, hatte bislang an diesem Abend noch kein anderer Gast
den Weg hierher gefunden.
    Der Raum war nicht besonders groß,
nicht größer als zwanzig Quadratmeter, vermittelte im Gegenzug aber eine Art
rustikale Gemütlichkeit.
    Die für die Enge des Raums viel
zu wuchtig wirkende Theke war komplett aus dunklem Holz gearbeitet und die
starke Abnutzung ließ den Schluss zu, dass der letzte Anstrich mit Klarlack
schon einige Jahre zurücklag. Die eigentliche Thekenfläche bestand durch das
zigtausendfache Abstellen von Getränken fast nur noch aus rohem Holz, und
lediglich die hölzernen Säulen und die von ihnen gestützten Regale unter der
Decke, die zur Aufbewahrung von Gläsern und Schnapsflaschen dienten, ließen
noch erahnen, mit welch erhabenem, dunkelbraunem Glanz dieses mächtige Möbel
den Raum einmal dominiert haben musste.
    Dem Tresen gegenüber befanden
sich Fenster, die zum Marktplatz hinausblickten. Um nicht allzu viel Tageslicht
hereinzulassen, hatte Hagen sie größtenteils mit bunt gebatikten Tüchern
verhängt. Besonders, wenn die Sonne tief stand, tauchten sie den Schankraum in
ein Spiel bunter Farben, und auch bei Nacht verliehen sie der ansonsten eher
düsteren Atmosphäre zumindest ein wenig Freundlichkeit. Holger hatte einmal
gelesen, dass Farben glücklich machten, doch er konnte sich nicht erinnern,
diese Erfahrung selbst jemals gemacht zu haben. Weder das Blütenmeer auf den
Wiesen vor dem Dorf noch die bunten Tücher in Hagens Fenster hatten das in den
letzten zwei Jahren geschafft.
    Unter den Fenstern verlief eine
durchgehende, an der Wand befestigte Bank, vor der nebeneinander drei Tische
standen. Bank, Tische und die Stühle davor

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