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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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ihren Hunger glatt vergessen.
    „Nein.”
    „Hagen, mach uns mal ’n
doppelten Krabbenkorb”, sagte Vater Fahne zum Wirt. Plötzlich kam er ihr gar
nicht mehr so unsympathisch vor. Natürlich wusste sie, dass das nur daran lag,
dass er ihr glaubte und nicht an seiner Persönlichkeit, aber es war sowieso
nicht wichtig. Anfreunden würde sie sich totsicher nicht mit ihm. Eher würde
sie sich erhängen.
    „Zurück zum Blitz,
Dr. Ashcroft”, sagte er.
    „Bitte. Wir
Amerikaner sprechen uns immer mit dem Vornamen an. Es gibt keine Ausnahmen”,
unterbrach sie ihn. Sie hasste es mit ihrem Nachnamen angesprochen zu werden
und mit ihrem Titel noch viel mehr. Sie wunderte sich, wie unglaublich genervt
sie am Vormittag gewesen sein musste, als sie auf ihren Titel bestanden hatte.
    „Also Deborah,
richtig?” fragte er unsicher.
    „Debbie.”
    „Okay, Debbie. Ich
höre auf den Wohlklang des Namens Holger. Zurück zum Blitz. Es kann sich nicht
um einen natürlichen Lichtbogen gehandelt haben. Das war der Status unserer
Überlegungen.”
    „Die einzige andere
Möglichkeit ist, dass jemand den Blitz erzeugt haben muss”, sinnierte sie. „Ich
weiß aber nicht, wie das gehen soll. Kann man sowas künstlich herstellen?”
    „Das entzieht sich
meiner Kenntnis”, antwortete Holger. „Ich habe meinen herausragenden Intellekt
stets und ausschließlich in den Dienst der Geisteswissenschaften gestellt.”
    Da war wieder dieses
arrogante Leiern, das Debbie so nervte. Eigentlich, so fiel ihr jetzt auf, war
es die ganze Zeit da gewesen, sie hatte es nur wegen ihrer Aufregung über die
Tatsache, dass er ihr glaubte, bislang nicht wahrgenommen. Es musste der
arrogante Inhalt seiner Worte sein, der sie nun wieder auf die Überheblichkeit
seiner Prosodie aufmerksam gemacht hatte.
    „Es gibt etwas, wovon
du keine Ahnung hast?” fragte sie provozierend. Debbie wusste, dass es nicht
besonders klug war, die einzige Person, die ihr glaubte, zu provozieren, aber
sie trug ihr Herz nun mal auf der Zunge.
    „Wenig, aber
durchaus, ja”, antwortete Holger, ohne weiter auf ihre Provokation einzugehen.
Ein kurzes Schweigen folgte.
    „Was für eine
Funktion hatte der Mörder deiner Meinung nach wohl der Schrift zugedacht?” fragte
Holger schließlich.
    „Er will eine Aussage
treffen. Eine Botschaft aussenden. Uns etwas mitteilen.”
    „Er protestiert gegen
eine Autobahn?” Holger klang wenig überzeugt. „Bastard aus Beton! Analgeburt
aus Asphalt! Abkömmling Adolfs! Nieder mit ihr!” rief er im Tonfall eines
Demonstrationsführers. Debbie ignorierte seinen Sarkasmus.
    „Es handelt sich
nicht um den Namen einer Autobahn. Es ist ein ICD Code”, sagte sie sachlich.
    „Ein was?”
    „Ein Code der
International Classification of Diseases”, erklärte Debbie. „Für jede mögliche
Erkrankung gibt es einen Code. A87 steht für Virusmeningitis.”
    Hagen brachte den
Krabbenkorb. Debbie war selten in ihrem Leben dankbarer für eine Mahlzeit
gewesen. Sie fühlte sich fast wie zu Hause. Panierte und frittierte Krabben,
zusammen in einem großen Korb mit Pommes Frites, dazu Knoblauchmayonnaise. Man
aß mit den Fingern und trank Bier dazu. Amerikanischer ging es kaum.
    Während beide aus dem
Korb aßen, erzählte Debbie Holger von den Theorien, die sie mit Bobby
aufgestellt hatte. Von der Idee, dass ein Globalisierungsgegner hinter dem Mord
stecken könnte, der auf ein Ereignis in einem bestimmten Jahr hindeuten möchte,
und von der Idee, dass ein Umweltschützer der Mörder sein könnte, der auf die
Erkrankung der Erdoberfläche hindeuten wolle.
    Debbie erzählte mit
Enthusiasmus. Zwar hatte sie gegen Ende des Telefonats mit Bobby beide Theorien
stark angezweifelt, aber das Essen gab ihr neue Kraft und das Bier neuen Mut.
    Doch irgendwie hatte
sie das Gefühl, Holger nicht recht überzeugen zu können. Er unterbrach sie zwar
nicht, legte aber gelegentlich die Stirn in Falten, und zu keinem Zeitpunkt gab
er irgendein Zeichen der Zustimmung von sich. Als sie fertig war, blickte sie
ihn erwartungsvoll an.
    „Und?”
    Holger griff nach
einer Krabbe, kaute länger als nötig auf ihr herum und spülte sie dann mit
einem kräftigen Schluck Bier herunter. „Klingt sehr kryptisch”, sagte er
schließlich. „Und woher nimmst du überhaupt die Sicherheit, dass es sich
tatsächlich um einen ICD Code handelt?”
    „Ein Epidemiologe
wird ermordet und hinter ihm steht der Code für eine Virusmeningitis. Was soll
das denn sonst bedeuten?” fragte

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