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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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Holger erneut
begonnen, über die Blitzsache zu grübeln. Es hatte sich also offensichtlich nicht
um ein natürliches Phänomen gehandelt. Schon die Tatsache, dass ein Mann in
einem geschlossenen Gebäude von einem Lichtbogen erschlagen wurde, war
ungewöhnlich genug. Aber hier hatte es sich auch noch um eine Entladung
gehandelt, die grob geschätzt zehntausendmal länger gedauert hatte als gewöhnlich.
    Hatte die U.S. Importfurie etwa
Recht gehabt? War es am Ende sogar Mord gewesen? War wirklich eine
Flammenschrift erschienen? Was konnte A87 bedeuten? Und interessierte es ihn
überhaupt? Was war mit seiner schützenden Festung aus Gleichgültigkeit
passiert?
    Holger beschloss, dass es ihn
mitnichten interessierte, dass es ihm sogar völlig egal war, und dass er nur
darüber grübelte, um sich die Zeit zu vertreiben.
    –––––
    Debbie betrat den ‚Dorfkrug’,
guckte sich kurz um und setzte sich an die Theke. Sie trug nun eine
Sweatshirt-Jacke der Minnesota Twins, Jeans und Turnschuhe. Um sich nicht mehr
als unbedingt notwendig ihren Haaren zuwenden zu müssen, hatte sie eine
Baseball-Kappe aufgesetzt. In Röcken, Blazern oder Pumps fühlte sie sich nie
ganz wohl. Leider waren sie gelegentlich unvermeidlich, aber selbst in den
hippen Kneipen von Uptown Minneapolis bildeten Sweatshirt und Jeans mit höherer
Wahrscheinlichkeit den Aufzug, in dem man sie antraf.
    Sie war der einzige
Gast. Ablenkung würde sie also nicht allzu viel bekommen, aber was sie viel
dringender benötigte, war sowieso ein Pils und etwas zu essen. Sie bestellte
ein Bier und die Speisekarte und versank in den gleichen Gedanken, die sie
schon den ganzen Tag gequält hatten. In einer Ecke des Raums lief zwar ein
Fernseher, doch die Bilder, die dort ausgestrahlt wurden, eigneten sich denkbar
schlecht, sie von den Ereignissen des Nachmittags abzulenken.
    Wer könnte ein Motiv
haben, den Professor umzubringen? Oder war der Professor nur Teil einer
Inszenierung geworden, in der er zufällig die Bestbesetzung dargestellt hatte?
Wie hatte der Mörder den Blitzableiter manipuliert? Wie konnte er überhaupt
gewusst haben, dass der Blitz in das Gebäude einschlagen würde? Was hatte der
Ton zu bedeuten? Und was bitteschön hatte das Ganze mit einer Virusmeningitis
zu tun?
    „Null Komma null null
null vier Sekunden”, sagte plötzlich jemand zu ihrer Rechten.
    Völlig verwirrt und willkürlich
aus ihren Gedanken gerissen blickte Debbie sich um. Aus Richtung der Toiletten
kam der nervige Pastor auf sie zu. Der hatte ihr gerade noch gefehlt.
    „Oh! Sie!” stöhnte
sie. „Ich habe Sie gefunden. Sie können sich jetzt ein neues Versteck suchen.”
    „So lange dauert ein
natürlicher Blitz. 0,0004 Sekunden. Hier.” Er reichte ihr einen
Computerausdruck. Debbie nahm ihn entgegen und überflog den Text.
    „Ich habe die
wichtige Stelle markiert”, sagte er. Obwohl er einen Meter von ihr entfernt an
der Theke Platz genommen hatte, roch Debbie in seinem Atem, dass er bereits
einige Pils intus haben musste. Sie blätterte durch den Ausdruck und fand eine
mit Textmarker hervorgehobene Stelle. Tatsächlich. Eine Hauptentladung dauerte
nur etwa 0,0004 Sekunden.
    „Warum haben Sie das
gemacht?” fragte sie verwundert.
    „Muss es für jeden
Unrat dieser Welt einen Grund geben?” erwiderte der Pfarrer mit der Fahne und
zuckte mit den Schultern.
    „Das heißt also, sie
glauben mir jetzt, dass es Mord war?” Hoffnung schwang in Debbies Stimme mit,
die sie selbst nicht erklären konnte. Was interessierte es sie überhaupt, ob
dieser nervige Alleswisser ihr glaubte oder nicht?
    „Ich maße mir nicht an,
das beurteilen zu können”, antwortete der Pastor nachdenklich und frischte
seine Fahne mit einem großen Schluck von seinem Pils auf. „Aber gewisse
Ungereimtheiten fallen durchaus auf und lassen mich auch über die Existenz des
Tons und der Schrift neu reflektieren.”
    Konnte der Typ
eigentlich auch normal reden?
    „Die Schrift und der
Ton waren wirklich da”, sagte sie nahezu flehend. Warum war es ihr so wichtig,
dass dieser Blödmann ihr glaubte? Noch vor wenigen Stunden hatte er ihr offen Albträume
für den Rest ihres Lebens gewünscht. War sie so verzweifelt?
    Offenbar.
    „Ich glaube Ihnen ja”,
sagte Vater Fahne. „Hey, haben Sie schon gegessen?”
    Über die Aufregung,
tatsächlich plötzlich jemanden gefunden zu haben, der ihr glaubte, und sei es
auch der degenerierteste Geistliche, dem sie je über den Weg gelaufen war,
hatte Debbie

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