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Virus (German Edition)

Virus (German Edition)

Titel: Virus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristian Isringhaus
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wieder ein normales Leben zu führen, ein
Leben außerhalb seiner Festung, ein Leben in der realen Welt.
    Er würde Natalias Tod
verarbeiten müssen. Aber für heute reichte es. Später würde er wieder mit
Debbie über dieses Thema sprechen, vielleicht nach dem Gipfel.
    Was für ein Interesse
hatte sie eigentlich, ihm zu helfen? Wahrscheinlich war sie einfach ein guter
Mensch, ein Altruist, ein Philanthrop. Schön zu wissen, dass es solche noch
gab. In den letzten beiden Jahren hatte Holger keine kennengelernt, doch das
mochte unter Umständen daran gelegen haben, dass er in diesem Zeitraum
überhaupt keinen Menschen kennengelernt hatte.
    Mitten in diese
Gedanken hinein hörte er, wie ein Schlüssel von außen in das Schloss der Zelle
gesteckt wurde. Endlich. Er blickte zu Debbie hinüber, die sich ruckartig
aufsetzte. Ihr Gesicht sagte das Gleiche: endlich.
    Der Schlüssel wurde
zweimal im Schloss gedreht, dann ging die Tür auf und die füllige Figur von
Lars schob sich in die Zelle. Holger hatte sich selten in seinem Leben so
gefreut, seinen Freund zu sehen.
    „Was macht ihr denn
für Sachen, ihr Schwerkriminellen?” fragte Lars mit einem Grinsen im Gesicht.
„Landfriedensbruch. Unter zehn Jahren kommt ihr da nicht weg. Ich habe schon
immer gewusst, dass du eine immense kriminelle Energie zu entwickeln im Stande
bist.” Damit klopfte er Holger auf die Schulter. Doch zum Spaßen war Holger
nicht wirklich aufgelegt.
    „Wieso kommst du erst
jetzt?” fragte er und versuchte, so vorwurfsvoll wie möglich zu klingen.
    „Habe gerade erst von
eurem schweren Gesetzesbruch erfahren. Wegmann ist recht froh, dass ihr aus dem
Verkehr seid. Ich glaube, wenn es nach ihm ginge, würdet ihr hier verhungern.”
Lars machte einen Schritt auf Debbie zu und hielt ihr die Hand hin. „Lars
Metzger, hi. Ein Freund von Holger. Der einzige Freund, um genau zu sein.”
    Schmerzhaft wurde
Holger bewusst, wie sehr er sich in den letzten zwei Jahren aus dem Leben
zurückgezogen hatte.
    „Debbie”, sagte
Debbie, während sie Lars’ Hand schüttelte.
    Lars setzte sich auf
die Bank und stützte die Ellbogen auf seine Knie. Holger kannte ihn als
gemütlichen Menschen, der es sich bequem machte, wo immer es nur ging.
    „Also, was hat euch
hergebracht? Wieso musstet ihr unbedingt unseren Landfrieden brechen?” fragte
Lars.
    „Wir haben die
Systematik des Mörders entschlüsselt”, antwortete Holger. Seine Stimme klang
komisch und kam ihm selber fast fremd vor. Sollte er noch leiern, jetzt wo er
mit dem Gedanken spielte, seine Festung möglicherweise zu verlassen? Machte es
noch Sinn, sich selber Gleichgültigkeit vorzuspielen? Vielleicht noch bis er
Natalias Tod endlich und endgültig verarbeitet hatte? Jedenfalls konnte seine
Stimme nicht so bleiben, wie sie war – ein unsicheres Zwischending zwischen
Leiern und Nichtleiern, zusätzlich entstellt durch den Kloß in seinem Hals, der
die Materialisierung seiner Gedanken an Natalia zu sein schien.
    „Ihr habt was?” Eine
Mischung aus Ungläubigkeit, Hoffnung und Überraschung lag in Lars’ Stimme.
    Holger berichtete ihm
von dem Algorithmus, den sie annahmen, von der Vermutung, der Mörder wähle
Opfer aus Ländern mit lokaler Infektionskette aus, und davon, wie sie über das
gemeinsame Forschungsfeld der beiden Opfer auf ihre Theorie gestoßen waren.
Lars zeigte keine Reaktion, sondern folgte Holgers Ausführungen regungslos. Schließlich
fügte Holger noch an, dass es demnach genau zwei weitere mögliche Opfer gebe –
Trébor und Debbie.
    Lars blickte ihn an
und Holger las Sorge in seinen Zügen. Einige Momente verstrichen, in denen Lars
nachzudenken schien. „Es klingt alles logisch”, sagte dieser schließlich. „Eure
Theorie macht vorne und hinten Sinn. Es ist zwar nur eine Theorie, aber es ist
mit Sicherheit Grund genug, dich, Debbie, und diesen Marcel Trébor unter
Polizeischutz zu stellen.”
    Holger sah zu Debbie
hinüber und sah in ihrem Blick die gleiche Erleichterung, die er spürte.
Endlich hatten sie die Polizei auf ihrer Seite. Fortan würde alles so viel
einfacher werden.
    „Auch wenn es nur
eine Theorie ist”, fuhr Lars fort, „ist es in jedem Falle weitaus mehr als das,
was wir bislang haben. Wir stecken nämlich absolut fest. Wegmann glaubt sogar
schon an übernatürliche Kräfte.”
    „An übernatürliche
Kräfte?” fragte Debbie belustigt.
    „An übernatürliche
Kräfte”, erwiderte Lars. „Er kann einfach keine andere Erklärung finden und
ehrlich

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