Virus
zu tun hatte, war, sie herauszuziehen, zu fixieren und sie mir unter dem Elektronenmikroskop anzuschauen.«
»Und kannst du denn jetzt sagen, was es ist?« fragte Marissa.
»Absolut«, rief Tad begeistert. »Es gibt nur zwei Viren, die so aussehen, und der indirekte Fluoreszin-Antikörpertest brachte ein positives Ergebnis für den Ebola-Virus. Dr. Richter hat also hämorrhagisches Ebola-Fieber.«
»Hatte«, korrigierte Marissa, etwas verletzt durch Tads gefühllose Begeisterung.
»Der Mann starb?« fragte Tad.
»Heute abend«, gab Marissa zurück.
»Nicht weiter erstaunlich. Die Krankheit hat eine Tödlichkeitsquote von über neunzig Prozent.«
»Mein Gott!« schrie Marissa auf. »Dann ist das ja der tödlichste Virus überhaupt!«
»Manche räumen diese zweifelhafte Ehre der Tollwut ein«, sagte Tad. »Ich persönlich halte den Ebola-Virus dafür. Eines der Hauptprobleme ist, daß fast noch nichts bekannt ist über diese Erkrankung, weil man einfach noch so wenige Erfahrungen damit hat. Abgesehen davon, daß diese Krankheit inzwischen in Afrika ein paarmal auftrat, ist sie eine unbekannte Größe. Ihr werdet eure Arbeit darauf konzentrieren müssen, herauszukriegen, wieso sie in Los Angeles zum Ausbruch kam.«
»Vielleicht auch nicht«, sagte Marissa. »Dr. Richter wurde kurz vor Erscheinen der ersten Symptome von einem Affen gebissen, der aus Afrika gekommen war. Dr. Vreeland ist sich ziemlich sicher, daß der Affe die Ansteckungsquelle war.«
»Wahrscheinlich hat er recht«, stimmte Tad ihr zu. »Schon 1967 waren einmal Affen schuld am Ausbruch eines solchen hämorrhagischen Fiebers. Man hat den Erreger dann Marburg-Virus genannt nach der deutschen Stadt, in der er auftrat. Dieser Virus ähnelt dem Ebola-Virus etwas.«
»Na, wir werden es ja bald wissen«, meinte Marissa. »Das liegt jetzt bei euch. Leber- und Milzgewebe des Affen sind schon unterwegs nach Atlanta. Ich wäre dir dankbar, wenndu dich sofort damit beschäftigen und mir dann Bescheid geben könntest.«
»Aber gern«, sagte Tad. »In der Zwischenzeit arbeite ich mit dem Ebola-Virus und sehe zu, daß ich eine Kultur davon anlegen kann. Ich muß herausfinden, was das für ein Stamm ist. Sag jedenfalls Dubchek und den anderen, daß sie es mit dem Ebola-Virus zu tun haben. Zumindest wird es sie veranlassen, besonders vorsichtig zu sein. Ich ruf dich bald wieder an. Paß auf dich auf!«
Marissa verließ ihren kleinen Arbeitsraum und ging quer durch die Halle zu dem für die Mitarbeiter des Seuchenkontrollzentrums eingerichteten Zimmer hinüber; aber es war leer.
Sie trat ins Nachbarzimmer und fragte die Laboranten dort, wo denn die CDC-Leute wären. Man sagte ihr, daß einige der Ärzte unten in der Pathologie seien, weil zwei weitere Patienten gestorben seien, und die anderen in der Notaufnahme, um sich um Neuzugänge zu kümmern. Dr. Dubchek sei ins Hotel gegangen. Marissa teilte den Laboranten mit, daß sie es mit dem Ebola-Virus zu tun hätten, und überließ es ihnen, die schlechte Nachricht den anderen weiterzugeben. Dann kehrte sie wieder an ihren Schreibtisch zurück.
*
Das Beverly Hilton entsprach genau der Beschreibung, die Dubchek ihr davon gegeben hatte. Zweifellos war es netter als das etwas schäbige Tropic Motel, und außerdem lag es näher an der Richter-Klinik. Dennoch erschien es ihr als unnötiger Aufwand, als sie jetzt im achten Stock hinter dem Hoteldiener her zu ihrem Zimmer trottete. Er knipste alle Lichter an, während sie an der Tür stehenblieb; sie drückte ihm einen Dollar in die Hand, und er ging.
Sie hatte im Tropic Motel überhaupt noch nicht ausgepackt, und so war der Umzug einfach. Dennoch hätte sienicht das Hotel gewechselt, wenn nicht Dubchek darauf bestanden hätte. Er hatte sie im Laufe des Nachmittags angerufen, einige Stunden nach ihrem Telefongespräch mit Tad. Sie hatte sich ihrerseits nicht getraut, ihn anzurufen, weil sie befürchtete, ihn zu wecken. Sobald sie ihn aber am Apparat gehabt hatte, hatte sie ihm von Tads Mitteilung berichtet, daß es sich um hämorrhagisches Fieber vom Typ Ebola handeln müsse. Er hatte das aber ganz gelassen aufgenommen, gerade so, als ob er das ohnehin erwartet hätte. Dann hatte er sie über das Hotel informiert und ihr gesagt, sie müsse sich lediglich den Schlüssel zu Zimmer 805 geben lassen, denn angemeldet sei sie schon. Außerdem hatte er ihr vorgeschlagen, um halb acht mit ihm zu essen, wenn ihr das passe; sie möge doch bitte in sein Zimmer
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