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Visby: Roman (German Edition)

Visby: Roman (German Edition)

Titel: Visby: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Slawig
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gesagt; und Maria hatte geantwortet: Macht nichts, solange sich das Ergebnis aufs Lassa-Fieber anwenden lässt, habe ich damit kein Problem. »Ich habe dir auch ein Epidemiemodell gezeigt. Im Januar.«
    »Stimmt. Ich glaube, damit ließ sich vorhersagen, wie sich eine völlig fiktive Krankheit in einem geschlossenen Raum mit tausend Leuten ausbreiten würde.«
    »Das ist ein Prototyp! Ich benutze ihn, um neue Ansätze auszutesten. Er ist überhaupt nicht dazu gedacht, auf reale Epidemien angewendet zu werden.«
    Der Kellner brachte das Mineralwasser und verteilte Gläser und Besteck. Maria schenkte ein.
    »Ich sage ja gar nicht, dass ich unzufrieden bin, Dhani. Im Gegenteil, dein Ansatz gefällt mir. Die meisten Epidemiemodelle generieren nur statistische Daten – wie viel Prozent der Bevölkerung sind nach wie vielen Tagen krank, wie lange wird es durchschnittlich dauern, bis Europa ausgestorben ist …«
    »Genau. Weil sie von der Molekularfeldtheorie her kommen. Ich gehe von Verallgemeinerungen der zellulären Automaten aus.«
    »Und damit sind wir beim Problem.« Maria hob ihr Wasserglas und trank ihr zu. »Wir sollten mehr darüber reden, wohin du willst, nicht woher du kommst. Hier.« Sie kramte in der Handtasche, die sie über die Stuhllehne gehängt hatte, und legte ein Faltblatt auf den Tisch. »Hier. Schau mal her.«
    Dhanavati zog das Blatt zu sich heran. Hochglanzpapier, cremefarben. Eselsohrig wie jedes Blatt Papier, das Maria schon einmal in den Fingern hatte. Modern Epidemics – Strategies for a New Century . EuroShield Consortium 2005 Annual Conference, August 21–24, Seehotel Sennewitz near Berlin, Germany.
    »Das ist das Konsortium, das uns finanziert, Dhani. Deine Stelle inbegriffen. Ich möchte, dass du dieses Jahr zu der Tagung mitkommst.«
    EuroShield. Natürlich wusste sie, wer das war: Marias Geldesel. Ein Konsortium von fünfzehn Instituten aus sechs europäischen Ländern, die an einem gemeinsamen Projekt arbeiteten: ein Frühwarn- und Reaktionssystem aufzubauen, das Europa vor Epidemien schützte. Das Konsortium erhielt Geld von der EU und verteilte es an die Institute – und zwar offenbar nach Belieben, denn Marias Projekte drehten sich eher um Afrika als um Europa, um den Kampf gegen Tuberkulose in Ghana und das Sammeln von Daten über Lassa-Fieber und ähnlich obskure Krankheiten.
    Sie schlug das Faltblatt auf. Begrüßungsempfang mit Buffet. Sitzung des Vorstands. Rechenschaftsbericht. Vorträge und Präsentationen. Global Outbreak Alert. Vaccine Design. Proteomics. Host Genetics Database.
    »Da kann ich doch überhaupt nicht mitreden.«
    Maria verschränkte die Hände auf dem Tisch und beugte sich vor. »Das ist unwichtig. Du sollst nur sehen, wie deine Arbeit ins Gesamtkonzept passt. Was das überhaupt für ein Konzept ist.« Der Kellner brachte das Essen; Maria lehnte sich zurück und gab den Platz für einen Teller mit Pasta frei. »Ich habe neulich mit ein paar Leuten von EuroShield über deinen … Prototyp gesprochen. Sie waren sehr interessiert.«
    Timo wandte sich ab, mit einem Ruck, als hätte ihn etwas verärgert. Sie sah ihn an. Er winkte dem Kellner.
    »Ich konnte ihnen natürlich kein einziges konkretes Detail nennen. Also schlage ich vor, du kommst mit und erklärst es ihnen selbst. Und vorher überlegst du dir, wie du es anstellst, dass man dich auch ohne Mathematikstudium versteht.«
    Der Kellner kam. Timo bat um einen Napf mit Wasser für Katta. Dann griff er nach Messer und Gabel und zersäbelte seine vegetarische Pizza.
    »Timo kommt auch mit. Er trifft sich da mit den Leuten, die unsere Datenbanken nutzen werden. Deshalb hat EuroShield uns nämlich all die neuen Server finanziert. Damit wir unsere Tuberkulose-Daten den übrigen EuroShield-Instituten zugänglich machen.«
    »Und die Lassa-Fieber-Daten«, sagte Timo plötzlich. »Vergiss die nicht.« Er wandte sich an Dhanavati. »Das sind die Daten, mit denen du arbeiten solltest. Wenn du irgendwann mit deinem Programm weit genug bist. Lassa, Dengue, Ebola, Krim-Kongo – ein halbes Dutzend Viren, von denen noch nie jemand gehört hat … «
    »Das weiß sie«, unterbrach Maria.
    »Hast du die Unterlagen mal gesehen, Dhani? Hingekritzelte Laborprotokolle, zwei Schränke voll, völlig chaotisch. Wir haben drei Jahre gebraucht, um eine Datenbank daraus zu machen. Die legt sie nun einfach diesen Leuten zu Füßen – wir werden überhaupt nicht kontrollieren können, was sie damit anfangen.«
    »Warten wir ab«,

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