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Visby: Roman (German Edition)

Visby: Roman (German Edition)

Titel: Visby: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Slawig
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bekomme. Vor allem wenn die einschlägigen Dokumente nicht online verfügbar sind, und das sind sie in deinem Fall garantiert nicht. Mit zwei bis drei Wochen musst du schon rechnen. Also bitte etwas Geduld, meine liebe Dhan.
    Wie wäre es mit einem Treffen in drei Wochen?
    Gruß
    Lee

Date: Mon, 8 Aug 2005 20:26:41 +0200
    From: [email protected]
    To: [email protected]
    Subject: Re: Test
    Schon gut, lass dir Zeit. Es hat keine Eile. Ich dachte nur, du willst mit der Sache Geld verdienen …
    Ein Treffen finde ich ueberfluessig. Das laesst sich alles per Mail klaeren. Ausserdem bin ich in drei Wochen auf einer Tagung. Melde dich einfach, wenn du etwas herausfindest.
    Dhan

Sonntagmorgen.
    Timo ohne Katta, aber mit Notebook.
    Maria mit drei schweren Taschen Gepäck.
    Timo schweigsam und unzugänglich, meist in sein Buch vertieft, ein politisches Buch, über das er trotzdem nicht sprach. Maria nervös, kurz angebunden. Kein privates Wort auf Deutsch zur Begrüßung, nur Fragen nach Bordkarten und Umsteigezeiten.
    Als hätte jemand über Nacht alle Parameter und Regeln verändert, mit denen das System AIMSEP bisher operiert hatte.
    Sie kaufte noch am Århuser Flughafen einen Thriller und füllte die Warte- und Flugzeiten mit Lesen. Bei der Ankunft in Berlin mussten sie lange auf das Gepäck warten. Maria sah ständig auf die Uhr. Endlich setzte sich das Förderband in Bewegung, Timos Tasche erschien, Marias, ihre zuletzt. Maria hängte sich zwei Taschen über die Schultern, nahm die dritte in die Hand und stürmte in die Halle hinaus.
    Vorbei an dem Mann, der ein Schild Seehotel Sennewitz hochhielt.
    »He«, rief sie hinter Maria und Timo her, aber die beiden kämpften sich schon zwischen den wartenden Menschen vor dem nächsten Abflugschalter hindurch, plötzlich ganz einträchtig. Zum Eingangsbereich, durch die Drehtür ins Freie und zu einer Bushaltestelle. Ein Bus stand abfahrbereit, Menschen wuchteten ihre Koffer hinein. Timo zeigte zu den Taxen, aber Maria schüttelte den Kopf und zwängte sich samt Taschen durch die Bustür.
    Der Fahrer wollte Fahrscheine sehen und akzeptierte keine Kreditkarte.
    Timo hatte nur einen Fünfzig-Euro-Schein im Portemonnaie.
    Sie kramte ihr Kleingeld aus der Hosentasche und bezahlte. Sie war seit eineinhalb Jahren nicht mehr in Deutschland gewesen, die Euro-Münzen fühlten sich fremd an. Als würde man nicht in das Land zurückkehren, in dem man Schulzeit und Studium verbracht hatte, sondern in eine überarbeitete Version. Berlin war ihr ohnehin unbekannt, sie war nur einmal von Hamburg aus für zwei Tage hergekommen und gleich am ersten Abend krank geworden, Darmgrippe. Sie setzte sich hinter Maria und Timo ans Fenster.
    Schnellstraßen, Gewerbegebiete. Ein breiter trister Boulevard. Ein riesiger Kreisverkehr mit einem Springbrunnen; Maria zeigte geradeaus: »Siegessäule«, dann bog der Bus schon wieder ab; eine Eisenbahnbrücke; ein Platz voller Busse und Taxen.
    Sie stiegen aus. Maria sah auf die Uhr und marschierte geradewegs auf ein dunkles, hässliches Gebäude zu: den Bahnhof. Durch Glastüren und eine überfüllte Halle, eine Treppe und dann eine Rolltreppe hinauf. Ein Bahnsteig, auf dem sich Menschen drängten; plötzlich stand ein junger Mann vor ihnen, dunkelhäutig und müde; er umarmte Maria. Sie unterhielten sich auf Englisch; ein Zug fuhr ein und ertränkte ihre Stimmen in Lärm; Menschen schoben sich auf die Waggontüren zu; ein Gespräch, von dem Dhanavati nichts verstand; dann drückte der Mann ihnen allen die Hand. »Thank you, thank you, my friends.« Er stieg in den Zug, die Türen klappten zu, Maria steuerte die Rolltreppe an; und erst auf der Fahrt nach unten bemerkte Dhanavati, dass Maria nur noch zwei Taschen trug.
    »Sie kennt ihn aus Ghana«, sagte Timo auf Dänisch, während sie zu zweit das Gepäck bewachten, Fixpunkte im Gewoge von Menschen und Koffern; Maria war zur Toilette gegangen. »Er hat an dem Krankenhaus gelernt, an dem sie damals gearbeitet hat. Jetzt arbeitet er selbst da.«
    Wenigstens manche Dinge waren also wie früher. »Was hat sie ihm mitgegeben?«
    Er hob die Schultern. »Er wird ihr wohl eine Liste geschickt haben.«
    »Am Flughafen war jemand, der uns abholen wollte. Habt ihr das nicht gesehen?«
    Er hob wieder die Schultern.
    »Und wie kommen wir jetzt zu diesem Hotel?«
    Er lächelte und deutete mit dem Kinn an ihr vorbei. »Das kriegt sie schon geregelt.«
    Sie drehte sich um. Maria kam durch die Menge auf sie zu. Sehr

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