Viscount und Verfuehrer
Großvater schon. Du warst von vornherein von seiner Schuld überzeugt, daher interpretierst du alle Fakten in diesem Sinne.“
„Das stimmt doch gar nicht“, knurrte er.
„Wenn es nicht stimmt, wirst du die Wette gewinnen. Bleiben wir dabei: Jedes Mal, wenn du ein vorschnelles Urteil fällst, bekomme ich einen Punkt. Und jedes Mal, wenn du einen Beweis findest, der wirklich gegen meinen Großvater spricht, bekommst du einen Punkt.“
Das schien gerecht. Er gab es ja nicht gern zu, aber was seine Reaktion auf den verschlossenen Schreibtisch anging, hatte sie recht. Er fragte sich, worin er sich beim Tod seiner Mutter sonst noch getäuscht haben mochte. Was, wenn er komplett falschlag? Wenn ihr Großvater tatsächlich unschuldig war?
Christian nickte. „Also schön. Die Wette gilt. Worum wetten wir? Oder darf ich das bestimmen? Wenn ja ...“, er ließ den Blick über sie gleiten, „... kannst du dir sicher denken, was ich als Preis fordere. “
Sie errötete, sah ihm jedoch mutig in die Augen. „Was denn?“
„Dich. In meinem Bett.“
Beth blieb der Mund offen stehen. Doch sie erholte sich rasch wieder und meinte mit einem zögerlichen Zwinkern: „Vermutlich wäre es weicher als der Billardtisch.“
Er lachte, und ihm wurde klar, dass es vermutlich das war, was er am meisten vermissen würde - all die Verheißung, die im Zusammensein mit Beth steckte. Momente wie diese, welche die Zukunft bereithalten würde, Momente voll Liebe, voll Lachen. Momente der Nähe, körperlich wie seelisch.
Doch das alles war nur ein Traum. Gott, wie ihm das alles verhasst war. Wenn sich herausstellte, dass ihr Großvater schuldig war, was sollte er dann tun? Die Ehre gebot ihm, Rache zu nehmen, den Mann, der seine Mutter getötet hatte, mit dem Leben bezahlen zu lassen. „Nein. Keine Wette. Vergiss es“, hörte er sich sagen. Dann wandte er sich wieder dem Schreibtisch zu.
„Nein“, sagte sie atemlos. „Ich bin mit deinem Vorschlag einverstanden.“
Rasch sah er auf. „Das brauchst du nicht.“
Sie begegnete seinem Blick. „Ich will aber.“ Schweigen trat ein. Er sah das Begehren in ihrem Blick, und ihn überlief ein Schauer. Binnen Sekunden war sein Körper hart und bereit. „Beth. Du brauchst nichts zu tun ...“
„Ich bin kein Kind. Ich weiß, was ich will. Ich will diese Wette.“ Sie lächelte. „Außerdem, wieso bist du dir so sicher, dass du gewinnst?“
Sie musste wissen, was sie mit ihm machte. Sie musste es einfach wissen. Er atmete tief durch. „Also schön. Welchen Preis suchst du dir aus, nachdem du jetzt meinen kennst?“
„Wenn ich gewinne und du tatsächlich die Dinge so hinbiegst, dass sie deine Theorie stützen, wirst du mir ein schönes Rubincollier kaufen. Nennen wir es ein Hochzeitsgeschenk. “
„Wir heiraten aber nicht.“
Sie lächelte, ihre vollen Lippen teilten sich und enthüllten ihre weißen Zähne. „Das heißt noch lange nicht, dass du mir nicht ein schönes Geschenk kaufen kannst. Wenn du möchtest, sagen wir dazu eben Nichthochzeitsgeschenk.“
„Das wäre mir wesentlich angenehmer.“ Obwohl er sich da nicht mehr so sicher war ...
„Mir wäre es auch angenehmer“, erwiderte Beth so unbekümmert, dass Christian zusammenzuckte. „Machen wir es doch so: Sobald du mir das Collier gekauft hast, löse ich die Verlobung.“
Er hätte beinahe gelacht; sie war ungeheuer anziehend, wenn sie ihn so spitzbübisch ansah.
Beth ging zum Schreibtisch und nahm den Brieföffner in die Hand. Über den Tisch hinweg reichte sie ihn Christian. „Bitte, mach die Schubladen auf.“
Er strahlte sie an. „Die Wette gilt“, sagte er leise.
„Die Wette gilt“, bestätigte sie.
Sie blieben, wo sie waren, und sahen sich an. Eine Welle heißen Begehrens überlief sie, setzte sich in ihrem Bauch und tiefer fest.
Im selben Moment überkam Beth die Erinnerung. Wieder spürte sie Christian auf sich, den grünen Filz unter sich. Ein Prickeln durchzuckte sie, und sie musste sich zwingen, ruhig zu atmen, damit er nicht merkte, wie erregt sie plötzlich war.
Langsam wandte Christian sich wieder dem Schreibtisch zu. Er schob den Brieföffner in das Schloss und drehte um. Mit lautem Klicken sprang das Schloss auf. Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Vorsichtig zog er die Schublade auf. Drinnen lagen diverse Papiere und Lederbeutel.
Er durchwühlte die Sachen, untersuchte dabei jedes Stück, so schnell er konnte.
Beth stand mit geneigtem Kopf und lauschte Richtung Tür. Von draußen war
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