Viscount und Verfuehrer
gereizt: „Westerville, was genau wollen Sie mit den ganzen Sachen?“
Christian nahm den Brief des Bischofs. „Vielleicht sollten Sie den hier lesen.“
Der Herzog nahm das Stück Papier entgegen. Bis auf das Knistern des Feuers und hin und wieder ein fernes Donnergrollen war es totenstill, während er las.
Schließlich seufzte er und legte den Brief wieder auf den Tisch. Er warf Christian einen zutiefst unglücklichen Blick zu. „Ich wollte dieses Gespräch nicht, wusste aber, dass es irgendwann kommen würde.“
Christian sah, wie der alte Mann fröstelte. Um etwas zu tun und zu verhindern, dass er vor Sorge um Beth verrückt wurde, trat Christian an den Kamin und stocherte im Feuer herum, bis es hell aufloderte und das Zimmer rasch aufheizte.
„Danke“, sagte der Herzog unerwartet. „Das Altwerden ist eine Last, weil man so vieles nicht mehr selbst tun kann.“ Er seufzte. „Sie wollen vermutlich alles über Ihre Mutter erfahren.“
„Ja.“
Der Herzog warf Christian einen verstohlenen Blick zu. „Ihre Mutter war wunderschön, wissen Sie. Atemberaubend schön. Darüber hinaus war sie auch intelligent und hatte ein wunderbares Lachen. Ich bin ihr nur einmal begegnet, doch ihr Lachen werde ich nie vergessen. “
Christian nickte.
„Mein Sohn hat sie natürlich viel öfter getroffen. Ich hatte mit der Gutsverwaltung zu tun, er hat sich nie dafür interessiert. Er war ein Büchernarr. Ihre Mutter auch. Sie haben sich in der Leihbibliothek kennengelernt und wurden Freunde. “
„Freunde?“
„Mehr nicht, nur Freunde, sehr zum Kummer meines Sohns.“ Der Herzog schüttelte den Kopf. „Nach dem Tod seiner geliebten Frau hat mein Sohn viele Jahre keinerlei Interesse an Frauen gezeigt. Schließlich war er überzeugt, dass er nie wieder lieben könnte, und heiratete Charlotte. Ich glaube, der Dummkopf dachte, sie wäre eine gute Mutter für Beth. Jedenfalls waren sie nicht glücklich miteinander, auch wenn sie recht friedlich nebeneinanderher lebten, bis ...“
„Bis er meiner Mutter begegnete.“
„Sie wollte nichts weiter mit ihm zu tun haben, weil er verheiratet war. Er hat den Kontakt schließlich abgebrochen, aber danach war er nicht mehr der Alte. Er hat sich immer mehr in sich zurückgezogen. Charlotte hat sich verzweifelt nach ein bisschen Aufmerksamkeit gesehnt. Ich glaube wirklich ... “
„Euer Gnaden?“ Jameson stand in der Tür, das Gesicht grau vor Sorge. „Lady Elizabeth ist nicht im Haus.“
„Haben Sie im Garten nachgesehen?“
„Wir haben den Garten und den Keller durchsucht.“ Christian trat einen Schritt vor. „Wo kann sie sein?“ „Und“, fuhr Jameson mit bedeutungsschwangerer Stimme fort, „Lady Charlotte können wir auch nicht finden.“ Christian entspannte sich. „Dann ist Beth bei Charlotte.“ Beths Großvater kämpfte sich auf die Beine. „Ja“, meinte er harsch, „sie ist bei Charlotte. Wir müssen sie sofort finden!“
Christian runzelte die Stirn. „Aber warum ...“ Plötzlich setzte sich ein kalter Gedanke in ihm fest und ließ ihn einen Moment erstarrten. Schlagartig wurde ihm alles klar. „Es war Charlotte. Sie kannte meine Mutter auch.“
„Sie hat sich bei Ihrer Mutter eingeschmeichelt, nachdem sie entdeckte, wem die Leidenschaft meines Sohnes wirklich galt. Charlotte kann sehr reizend sein. Sie schrieb ihr Briefe und gab vor, die beste Freundin Ihrer Mutter zu sein.“
„Sie ist,Sinclair.“
„Der Name ihrer Großmutter, einer der alten Sinclairs.“ Der Herzog hinkte bereits zur Tür, den Stock in der Hand. „Wir müssen uns beeilen. Man kann ihr nicht trauen ... “ Er stolperte über den Teppich und fiel hin.
Christian fing ihn auf, bevor er auf dem Boden aufkam. Der Herzog klammerte sich an Christians Rock fest, und dann begegneten sich ihre Blicke. Dem Herzog standen Tränen in den Augen. „Sie müssen sie einholen. Charlotte ... geht es nicht gut.“
„Nicht gut?“
„Es geht ihr nicht gut. Fragen Sie Bennington. Er weiß alles über sie, was ihn nicht davon abgehalten hat, sich ihretwegen lächerlich zu machen. Er liebt sie eben, obwohl sie verrückt ist.“
Christians Herz tat einen Satz. „Verrückt?“
„Vollkommen.“
Christian wandte sich zu Jameson. „Fehlt irgendeine Kutsche?“
„Nein, Mylord. Und auch die Pferde stehen alle noch im Stall.“
„Dann schicken Sie Ihre Männer aus, alle! Sie sollen alles absuchen. Weit können sie noch nicht sein.“
Er geleitete den Herzog zu seinem Sessel und wandte
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