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Viscount und Verfuehrer

Titel: Viscount und Verfuehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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unschuldig ins Gefängnis geworfen worden war, hatten Christian und sein Bruder Tristan ihrem Vater geschrieben und ihn um Hilfe gebeten, doch er hatte nicht geantwortet. Als sie dann nichts mehr als Lumpen besaßen, hatte ihr Hauslehrer sie an eine Presspatrouille verkauft. Tristan hatte dafür gesorgt, dass sein jüngerer Zwillingsbruder fliehen konnte, war selbst aber nicht mehr davongekommen, sondern schließlich auf hoher See gelandet. Irgendwann, nach vielen Prügeleien und Schlimmerem, hatte er es gelernt, sein neues Leben zu lieben, aber das hatte Jahre gedauert.
    Christian war in der Zeit vollkommen verlassen gewesen.
    Er war zehn und vollkommen verängstigt, und so hatte er sich nach London durchgeschlagen. Wochenlang war er unterwegs gewesen, wäre manches Mal beinahe verhungert, bis er gelernt hatte, sich zu nehmen, was er brauchte. Als er schließlich am Gefängnis angekommen war, hatte er jedoch erfahren müssen, dass seine Mutter wenige Tage davor gestorben war, an einem schrecklichen Fieber, das auf ihre elenden Lebensumstände zurückzuführen war. Christian lebte fortan als Straßenjunge und musste Tag für Tag kämpfen, nur um den nächsten erleben zu können.
    So merkwürdig es auch war, Nacht für Nacht, selbst in jenen verzweifelten Stunden, hatte er davon geträumt, dass sein Vater noch rechtzeitig kam, um seinen Bruder und vor allem seine Mutter zu retten. Und jeden Morgen wachte er auf, nur um festzustellen, dass seine Träume nichts als das waren - Träume.
    Jetzt fing Christian den Blick des Butlers auf. „Vergleichen Sie mich nie wieder mit meinem Vater. In meinem eigenen Haus dulde ich keine Beleidigungen.“
    Reeves seufzte tief. „Ich verstehe ja, warum Sie so schlecht auf Ihren Vater zu sprechen sind, aber er hat durchaus etwas für Sie und Ihren Bruder empfunden.“
    „Zu wenig, und es kam zu spät.“
    „Sehr wahr, Mylord. Der Earl war in vielerlei Hinsicht kein sehr verantwortungsvoller Vater. Und er hat sich zu wenig um Sie gekümmert. Aber den Tod Ihrer Mutter können Sie ihm nicht zum Vorwurf machen. Er hielt sich damals außer Landes auf und war sich ihrer Zwangslage nicht bewusst.“
    „Wenn er sich etwas aus uns gemacht hätte, hätte er schon dafür gesorgt, dass sie ihn erreichen kann. Dass wir ihn erreichen können. “
    „Der Earl hatte viele, viele Fehler. Als Vater hat er furchtbar versagt, ich kann ihn da nicht in Schutz nehmen. Aber was er seinem Titel und seinem Namen schuldig war, das wusste er tatsächlich. Meiner Ansicht nach sollten Sie das auch lernen. Es wird Ihnen dabei helfen, das Vermögen von den Treuhändern zu erringen.“
    „Ich bin den Treuhändern bereits begegnet, und sie waren von meinen eleganten Manieren und meinem gesellschaftlichen Schliff sehr angetan“, versetzte Christian ein wenig bitter. „Lauter Dummköpfe, alle miteinander, die mehr auf die Falten eines Krawattentuchs schauen als auf den Charakter. Vorausgesetzt, ich stelle mich nicht ganz dumm an, werden Sie das Vermögen freigeben.“
    „Hoffentlich behalten Sie recht, Mylord. Ihre Einschätzung der Treuhänder ist leider nur zu korrekt. Die Freunde Ihres Vaters waren vielleicht nicht die beste Wahl, um die Verteilung des Vermögens zu beaufsichtigen.“
    Noch ein Beispiel für die grundsätzliche Selbstsucht seines Vaters, dem Testament solch alberne Bedingungen beizufügen. Die Titel gingen in jedem Fall an Tristan und ihn, egal was geschah, aber das Vermögen bekamen sie nur mit Zustimmung der Treuhänder.
    Es wurmte Christian, dass er sich mit diesen Schwächlingen abgeben musste. Allein auf sich gestellt, würde keiner von ihnen auch nur einen Tag überleben. Christian hingegen hatte seine Fähigkeiten verfeinert. Außerdem hatte er sich eine harte Schale um sein Herz zugelegt. Auf gewisse Weise hatte sein Vater ihm einen Gefallen erwiesen, als er nicht gekommen war. Das Leben war ein harter, aber gründlicher Lehrmeister.
    Christian dachte sich, dass er wohl dankbar sein sollte für den unerwarteten Sinneswandel seines Vaters. In fortgeschrittenem Alter hatte der Earl eine junge Frau geheiratet in der Hoffnung, ein paar Erben in die Welt zu setzen, doch der Nachwuchs wollte sich nicht einstellen. Die Vorstellung, sein Titel und sein Besitz könnte an irgendeinen entfernten Verwandten fallen, war zu viel gewesen für den Stolz des alten Mannes, und so hatte er Dokumente fabriziert und einen „Zeugen“ aufgetrieben, welche die heimliche Heirat zwischen ihm und Christians

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