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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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dass das wilde Durcheinander von Bildern und Stimmen erloschen war. Alles lag ruhig da, verstaubt und ohne Leben.
    Er war schon ein gutes Stück gegangen, als ihm auffiel, dass sich auch das Licht verändert hatte. Es kam jetzt nicht mehr von den Projektoren, sondern von einer durchgehenden Fensterreihe im oberen Teil der Wand. Natürliches Licht strömte herein. Die Finsternis im Labyrinth hatte sich mit Arions Tod gelichtet.
    Schon nach wenigen Minuten war Alex am anderen Ende des Filmstudios angekommen. Er stand wieder in dem riesigen Büro, wo er den letzten Wächter kennengelernt hatte. Milchiges Licht fiel auch hier durch die Fenster herein, beleuchtete die durch Stellwände abgetrennten Schreibtische, die antiquierten Schreibmaschinen, die silbrigen Diktiergeräte wie an einem trüben Wintermorgen. Wie viel Uhr es wohl war? Noch immer hatte Alex jegliches Zeitgefühl verloren.
    Zielsicher ging er zwischen den Tischen und Stellwänden hindurch. Wie konnte sich ein Ort in so kurzer Zeit so sehr verändern? Er dachte daran, welche Angst ihm die Dunkelheit gemacht hatte, als sie sich nach und nach um ihn herum zusammenzog und alle Gegenstände verschluckte. Das war hier gewesen, in diesem Raum… Er konnte es kaum glauben.
    Plötzlich bebte erneut der Boden unter seinen Füßen. Ein silberner Kugelschreiber rollte über einen Tisch, mehrere Mappen fielen zu Boden. Auf das Beben folgte ein fernes Poltern, das langsam, aber stetig anschwoll. Instinktiv ging er schneller. Kam das aus der Festung? Er hatte jetzt nur noch einen Gedanken: Jana! Hoffentlich war sie in Sicherheit! Das Tattoo hatte schon vor einer ganzen Weile aufgehört zu schmerzen, und das beunruhigte ihn.
    Einige Minuten später stand er in dem Vorraum mit den Designersofas, in den Garo ihn geführt hatte. Ohne lange zu überlegen, spurtete er hindurch und drückte auf den Knopf an einem der drei Fahrstühle rechts von ihm. Augenblicklich öffnete sich die Tür und Alex trat ein. Er war nicht ganz sicher, ob es derselbe Fahrstuhl war, in dem er in Begleitung des Ghuls in die Tiefe gefahren war, aber trotzdem drückte er den obersten Knopf.
    Die Fahrt hinauf kam ihm ewig vor. Jetzt waren keine Geräusche mehr zu hören, dafür meldete sich das Tattoo auf seiner Schulter wieder, mit jedem Meter in die Höhe schmerzte es stärker. Das konnte nur eins bedeuten: Jana war noch im Gebäude.
    Als die Aufzugtür sich öffnete, erkannte er die Flügeltür des Sitzungssaals, wo der Zweikampf zwischen Jana und Pertinax’ Töchtern stattgefunden hatte, sofort wieder. Zögernd ging er darauf zu, unsicher, was er dahinter vorfinden würde.
    Das Erste, was er sah, als er über die Schwelle trat, war Jana. Sie saß am Tisch, die Schultern vorgebeugt, den Oberkörper unter ihrem kastanienbraunen Haar begraben. Direkt vor ihr hatte sich Ober aufgebaut. Er schrie auf sie ein, Worte, die Jana offenbar nicht hören wollte. Auf der anderen Seite des Tischs stand Erik, unbewegt und mit traurigen Augen musterte er die beiden. Die anderen Klanführer waren fort, auch Pertinax. Nur ein halbes Dutzend Ghuls, alle mit dem Skorpion von Obers Klan tätowiert, huschten durch den Saal und beseitigten die Spuren des Zweikampfs zwischen Jana und Urd.
    Ein rascher Blick nach links zeigte Alex, dass das pechschwarze Loch verschwunden war. Die halbkreisförmigen Stufen waren noch da, etwa zwanzig Gestalten standen darauf. Sie trugen purpurrote Tuniken mit einem silbrigen Skorpion auf der Brust und hatten die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Das wenige, was von den Mienen der Drakul-Zauberer zu erkennen war, wirkte starr und maskenhaft. Sie sangen nicht länger, sondern rezitierten eine Art Mantra, das sie mit monotoner, tiefer Stimme ständig wiederholten.
    Es war Erik, der Alex als Erster bemerkte. »Du bist wieder da!« Schlagartig erhellte sich sein Gesicht, er stürmte auf Alex zu. »Endlich!«
    Jana und Ober schraken auf, überrascht drehten sie die Köpfe in Richtung Tür. In Janas Augen glomm ein seltsames Feuer, als ihre Blicke sich begegneten, während Ober sichtlich um Fassung rang.
    »Alles in Ordnung bei euch?«, fragte Alex. »Habt ihr den Donner gehört?«
    »Nein, hier hat es nicht gedonnert«, sagte Erik. »Aber sieh dir das mal an…«
    Noch einmal betrachtete Alex den Raum, die Stelle, an der wenige Stunden zuvor noch gähnende Leere und rabenschwarze Finsternis geherrscht hatten. Er stieß einen erstickten Laut aus, als er erkannte, worauf Erik ihn aufmerksam machen

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