Vision - das Zeichen der Liebenden
möglich – und er wird uns dabei helfen. Wenn er die neue Inkarnation des Letzten ist, machen wir mit ihm dasselbe wie mit Arion. Wir bringen ihn dazu, uns so zu hassen, dass sein Hass die Festung einhüllt.«
Jana machte ein paar Schritte auf Alex zu. »Das wird nicht funktionieren, Ober«, sagte sie. »Was auch immer im Labyrinth passiert ist, Alex hat sich noch nicht verwandelt. Vielleicht ist er dazu bestimmt, der Letzte zu werden, aber noch ist er es nicht. Ihr könnt ihn nicht dazu benutzen, die Festung zu schützen, dazu ist er nicht mächtig genug.«
»Wir müssen es versuchen. Wir überziehen ihn mit Piercings. Wenn es nicht klappt, haben wir eben Pech gehabt. Dann sperren wir ihn ein und warten ab. Und wenn es funktioniert – umso besser. Dann können wir aufatmen.«
Ober fixierte Erik, als wartete er auf seine Reaktion. Als sie ausblieb, machte er Garo ein Zeichen. »Bringt ihn nach unten«, befahl er. »Bereitet ihn für die Prozedur vor. In den Annalen unseres Klans wird genau beschrieben, wie Drakul damals vorgegangen ist. Das dürfte leicht zu befolgen sein. Wir fangen mit den schmerzhaftesten Piercings an, vielleicht beschleunigt das die Sache.«
Schon wollte sich Garo auf den noch immer wie erstarrt dastehenden Alex stürzen, da trat Erik dazwischen. »Halt«, befahl er. »Wag es nicht, meinem Freund auch nur ein Haar zu krümmen.«
Verdutzt hielt Garo inne, er schien es nicht gewöhnt zu sein, widersprüchliche Anweisungen zu erhalten.
»Du willst dich also tatsächlich mit mir anlegen?«, zischte Ober. »Bist du dir bewusst, was das für dich bedeutet?«
In dieser Frage lag so viel unterdrückte Aggression, dass Alex erschauderte. In diesem Zustand schien Ober zu allem fähig, sogar, wenn es um seinen eigenen Sohn ging. Hilflos suchte er Janas Blick. Sie hatte sich unbemerkt ans andere Ende des Raums zurückgezogen und verfolgte von dort, mit lässig herabhängenden Armen und einem spöttischen Grinsen im Gesicht gegen die Wand gelehnt, stumm den Streit zwischen Vater und Sohn.
In der rechten Hand hielt sie einen blauen Gegenstand, dezent zwischen den Falten ihres Kleides halb verborgen.
Alex sah, was den anderen im Raum bisher offenbar verborgen geblieben war: Jana wollte den Sarasvati benutzen, um Erik und ihn zu retten.
Sofort wandte er den Blick von ihr ab und konzentrierte sich wieder auf Erik und Ober. Die beiden durften auf keinen Fall auf Jana aufmerksam werden! Was auch immer sie genau vorhatte, er ahnte, dass die Drakul es besser nicht zu früh mitbekamen.
»Ich habe nichts dagegen, wenn du ihn einsperrst, bis wir verstehen, was passiert ist«, sagte Erik zu seinem Vater. »Aber du darfst ihm nichts tun. Denk an das, was sein Vater uns erzählt hat. Ohne seine Hilfe können wir den Letzten nicht besiegen.«
Alex fiel auf, dass Erik bewusst nicht erwähnt hatte, in welcher Beziehung er zum verschwundenen Klan der Kurilen stand und wie wichtig diese Beziehung sein konnte, um Zephyrs verlorenes Buch zu finden. Auch Ober hatte bisher in Janas Gegenwart nie über seine Abstammung von den Kurilen gesprochen. Eigenartig. Wollten sie seine Herkunft vor der Anführerin der Agmar geheim halten? War es möglich, dass Jana gar nicht wusste, wer Hugo wirklich gewesen war? War sie deshalb so überrascht gewesen, als sie von seinen Visionen gehört hatte?
»Hugo hat uns belogen, das ist jetzt wohl mehr als offensichtlich«, erwiderte Ober sarkastisch. »Alex ist der Letzte. Oder er wird es werden, wenn wir ihn am Leben lassen. Und selbst wenn wir uns irren sollten – wenn er nicht der ist, für den ich ihn halte, dann brauchen wir ihn nicht. Wir haben Aranox, das Schwert, das Arion besiegt hat, den letzten der bisherigen Wächter. Es wird auch diesmal seinen Dienst tun.«
»Selbst wenn du recht hättest… Wenn Alex tatsächlich der Letzte wäre, glaubst du wirklich, du könntest ihn so leicht besiegen wie Drakul Arion? Er ist anders, er würde bestimmt nicht dieselben Fehler machen. Außerdem sind alle Inkarnationen des Letzten unterschiedlich. Wir können nicht wissen, wie sich seine Macht manifestieren wird – und wie wir ihn bezwingen können.«
Ober hatte seinem Sohn nachdenklich zugehört. »Wir müssen ja nicht unbedingt warten, bis sie sich manifestiert. Wir können ihn auch jetzt beiseiteschaffen, bevor er sich endgültig in den Letzten verwandelt. Jetzt ist er schwach, er wird uns keine Probleme machen.«
»Aber wenn du ihn jetzt umbringst, wird der Letzte einfach in einer
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