Vision - das Zeichen der Liebenden
legte Jana die Hand an den Hals und strich mit zwei Fingern über die Kuhle zwischen den Schlüsselbeinen.
Da geschah etwas Unglaubliches. In der Kuhle materialisierte sich ein kleiner, ovaler tiefblauer Stein. Zuerst war nur eine Ecke des Steins zu sehen, dann immer mehr, bis er seine endgültige Größe erreicht hatte. Zuletzt tauchte eine silberne Fassung auf und schließlich rechts und links davon nacheinander die winzigen Glieder einer feinen Kette, die um Janas Hals lag.
»Der blaue Sarasvati-Mond.« Unablässig strich sie über den Edelstein. »Das hier wollte der Dämon haben. Deshalb hat er deinen Vater umgebracht.«
Alex fragte sich, ob er Halluzinationen hatte, und kniff die Augen zusammen, bis Sternchen davor tanzten. Als er die Augen wieder öffnete, war der Stein immer noch da. »Was ist das?«
»Das weiß ich auch nicht genau«, gab Jana zu. »Meine Mutter hat es höchstwahrscheinlich gewusst, aber sie kam nicht dazu, dieses Wissen vor ihrem Tod noch an David oder mich weiterzugeben. Ich habe den Stein in ihrem Zimmer gefunden, er war unter einem sehr mächtigen Zauber versteckt. Denselben Zauber nutze ich jetzt, um ihn immer an mir zu tragen, ohne dass jemand ihn sieht.«
»Aber was hat es mit dem Stein auf sich? Warum geht jemand dafür über Leichen?«
Jana zuckte die Achseln. »Jeder Medu-Klan hat sich auf einen bestimmten Bereich der Magie spezialisiert. Bei uns Agmar sind es die Visionen. Wir können Dinge sehen, die noch nicht geschehen sind, und ein wenig nachhelfen, damit sie auch wirklich eintreten, oder sie verhindern, je nach unserem Interesse. Aber unsere Visionen sind kurz und nicht immer eindeutig. Manchmal schließen wir sie auch in einen Gegenstand ein, damit sie nicht verloren gehen. Ich vermute, dass dieser Stein eine Vision meiner Mutter enthält, eine extrem wichtige Vision. Aber ich komme einfach nicht an sie ran, obwohl ich schon alles probiert habe. Ich weiß nur, dass sie mit einem Zauberwort geschützt ist. Es ist dein Name.«
»Was? Mein Name?«
Jana nickte. »Höchstwahrscheinlich hat die Vision also mit dir zu tun.«
In Alex’ Kopf arbeitete es fieberhaft. »Vielleicht ist es der Beweis, dass ich der Letzte bin. Das würde erklären, warum Eriks Vater so scharf darauf ist.«
»Nein, das kann nicht sein«, widersprach Jana. »Meine Mutter hat nicht geglaubt, dass du der letzte Wächter bist. Und wenn sie einen Beweis dafür gehabt hätte, hätte sie ihn nicht geheim gehalten. Niemals hätte sie den letzten Wächter geschützt, denn das hätte ja nichts anderes bedeutet, als an der Vernichtung der Medu mitzuarbeiten. Außer…«
»Außer… was?«
»Kurz vor ihrem Tod hat meine Mutter sich offen gegen Ober gestellt. Vielleicht hat die Vision etwas damit zu tun.«
»Hm… Aber warum dachte dieser Dämon, mein Vater hätte den Stein?«
»Vielleicht gehörte der Stein deinem Vater und er hat ihn meiner Mutter gegeben, damit sie ihn mit einem Zauber schützt. Vielleicht war dein Vater deshalb mehrmals bei uns. David und ich erinnern uns noch ziemlich gut daran, wir hatten nicht oft Besuch von normalen Menschen. Dein Vater und meine Mutter haben sich jedes Mal in die Bibliothek zurückgezogen und sich dort stundenlang unterhalten.«
»Dein Vater war nicht dabei?«
Jana schüttelte den Kopf. »Nein. Mein Vater war ein Drakul, der in Ungnade gefallen war, als er meine Mutter heiratete. Das hat Ober ihm nie verziehen. Er hat ihm all seine magischen Fähigkeiten genommen. Deshalb hat sich mein Vater auch aus allem rausgehalten, was mit den Klanen zu tun hat. Wenn dein Vater kam, hat er nur dafür gesorgt, dass David und ich nicht gegen die Tür der Bibliothek gehämmert haben.«
Alex musste grinsen, als ihm sein Gespräch mit David im Park einfiel. »Dein Bruder hat behauptet, mein Vater und eure Mutter hätten was miteinander gehabt. Es klang ziemlich unglaubwürdig.«
Jana verzog das Gesicht. »David wollte, dass du uns hilfst, ohne dass du zu viel von uns weißt«, erwiderte sie. »Er brennt darauf, sich zu rächen. Ich glaube, das Einzige, was ihm wichtig ist – abgesehen von seinen Tattoos natürlich –, ist, die Mörder unserer Eltern zu töten. Versuch mal, dich in ihn hineinzuversetzen: Er hatte ein sehr enges Verhältnis zu unserer Mutter, für ihn war es ein furchtbarer Schlag.«
»Mehr als für dich?«
Jana runzelte die Stirn. »Nein, so war das nicht gemeint. Ich hatte auch ein sehr enges Verhältnis zu unserer Mutter. Alles, was ich über die Magie
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