Vision - das Zeichen der Liebenden
gesagt, dein Vater will mich benutzen, um Jana und David zu schaden.«
Erik zuckte die Achseln. »Das musste irgendwann passieren. Eigentlich bin ich ganz froh, dass du der Anlass bist. Genau darüber wollte ich mit dir reden.« In dem schummrigen Lagerraum wirkte sein Gesicht ernst und bedrückt. »Ehrlich gesagt habe ich meinen Vater überredet, die Gelegenheit zu nutzen. Er hatte es sowieso vor, niemand hätte ihn daran hindern können. Und in gewisser Weise ist es für Jana das Beste. Wenn sie nicht mehr die zukünftige Anführerin der Agmar sein wird, hat sie weniger Feinde. Dann kann sie in Sicherheit leben und mit ihrer Zukunft machen, was sie will.«
»Das heißt, du findest es gut, wenn dein Vater ihr ihre Rechte nimmt?«
»Langsam. Jana hat in den letzten Jahren keine besondere Begabung gezeigt. Sie ist mutig und stark wie ihre Mutter, aber das reicht einfach nicht, um einen so wichtigen Klan wie die Agmar anzuführen, und erst recht nicht in solchen Zeiten. Wir stehen kurz vor dem Moment, in dem sich der Letzte zeigen wird, und dafür müssen wir gewappnet sein! Uns steht ein Krieg bevor, Alex. Und in diesem Krieg werden Pertinax’ Töchter nützlicher sein als Jana. Außerdem wäre es mir auch sonst lieber, wenn sie nicht an vorderster Front kämpft.«
Beide blieben eine Weile stumm.
»Schon komisch«, sagte Alex schließlich. »Einerseits behauptest du, du wärst um Jana besorgt, und andererseits bringst du deinen Vater dazu, ihr alles wegzunehmen, was ihr wichtig ist.«
»Nicht alles. Genau das will ich dir ja erklären. Ich will nicht, dass sie alles verliert. Und dabei kannst du mir helfen.«
Alex sah ihn skeptisch an. »Ach ja? Wie denn?«
»Mein Vater wird die Sache mit dem Tattoo gegen Jana verwenden, um Pertinax’ Töchter zu unterstützen. Aber er will auch etwas von dir. Wenn du ihm gibst, was er verlangt, könntest du Jana helfen.«
»Tut mir leid, ich verstehe kein Wort.«
Erik seufzte. Er schien es sich einfacher vorgestellt zu haben, Alex zu überzeugen. »Okay, lass es mich anders sagen: Wenn du Jana helfen willst, red mit meinem Vater. Sag ihm, was er wissen will. Das reicht schon.«
»Soll das heißen, wenn ich mit euch zusammenarbeite, kann Jana die Führung ihres Klans behalten?«
Erik lachte bitter. »Man merkt, dass du Ober noch nicht begegnet bist. Die Führung der Agmar zu verlieren, ist im Moment Janas geringstes Problem. Sie kann froh sein, wenn sie noch einmal davonkommt, wenn sie ihr Haus in der Antigua Colonia behält… und wenn die anderen Klane sie in Ruhe lassen.«
Alex’ Augen blitzten im Halbdunkel auf. »Willst du mich erpressen?«
»Ich bin nur der Bote. Die Nachricht kommt von meinem Vater: Ich soll dir von ihm ausrichten, dass er dich etwas fragen will und dass die ganze Sache für Jana glimpflich ausgehen könnte, wenn du ihm ein bisschen entgegenkommst. Du allein entscheidest.«
Alex überlegte einen Moment. »Und was will dein Vater von mir wissen?«, fragte er. »Was habe ich eigentlich mit diesem ganzen Theater zu tun?«
»Tja, mehr als du denkst, zumindest scheint mein Vater das zu glauben. Ich weiß nicht genau, was er dich fragen will, aber ich habe den Verdacht, dass es was mit deinem Vater zu tun hat.«
Jetzt reichte es Alex. »Will er vielleicht rauskriegen, ob ich weiß, wie er gestorben ist?« Vor Aufregung überschlug sich seine Stimme fast. »Ja, ich weiß Bescheid! Und ich weiß auch, dass der Mörder in seinem Auftrag gehandelt hat.«
Eriks Miene wurde noch distanzierter als vorher. »Da liegst du total daneben. Ober hatte das allergrößte Interesse, dass dein Vater am Leben bleibt. Ich weiß nicht, wie du zu dieser Meinung kommst, aber es sieht ganz danach aus, als wollte dich jemand reinlegen.«
Alex wusste sofort, dass er Jana meinte. Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. »Jetzt will ich dir mal sagen, wer mich hier reingelegt hat, und zwar schon mein ganzes Leben lang! Jemand, der so getan hat, als wäre er mein bester Freund, der immer zum Spielen zu mir kam und der Jahr für Jahr zu meiner Geburtstagsfeier eingeladen war. Jemand, der mich überwacht hat, um mich im richtigen Moment zu ›eliminieren‹! Und dieser Jemand ist nicht Jana, da kannst du sagen, was du willst.«
Erik war rot geworden. So verlegen sah Alex ihn zum ersten Mal. »Tut mir leid, wenn es wirklich das ist, was du glaubst«, erklärte er ruhig. »Aber trotzdem wär’s besser für dich, wenn du mir in diesem einen Punkt vertraust.
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