Vision - das Zeichen der Liebenden
macht die Vorstellung, für immer an dich gebunden zu sein, keine Angst. Ich bin nicht feige, Jana. Ich empfinde alles Mögliche für dich, aber ich habe keine Angst.«
Er sah, wie Jana fast unmerklich zurückschreckte. Seine Worte schienen widersprüchliche Gefühle in ihr auszulösen. Noch nie hatte er in einem Gesicht so offen lesen können wie jetzt in ihrem. Obwohl es so verschlossen war.
»Es wäre besser, wenn diese Vorstellung dir Angst machen würde. Ich warne dich, ich bin ein schwieriger Mensch. Du solltest dich lieber nicht zu sehr auf mich einlassen.«
Zum ersten Mal in diesem Gespräch war er sicher, dass sie aufrichtig zu ihm war. Oder zumindest, dass sie es versuchte.
»Danke für die Warnung. Du kannst dich mir gegenüber natürlich verhalten, wie du willst. Ich glaube aber nicht, dass das an meinen Gefühlen für dich etwas ändern wird«, sagte er sanft. »Und es ist allein meine Entscheidung, nicht deine.«
Ohne ihre Reaktion abzuwarten, stand er auf. Er wollte sie in den Arm nehmen, diese Haare, diesen Hals berühren, der so unglaublich zart und weiß war, ganz egal, was passieren würde. Augenblicklich begann das Tattoo zu schmerzen wie eine Brandwunde.
Jana wich vor ihm zurück.
»Ich kann das nicht, Alex. Tut mir leid«, sie wirkte gehetzt. »Ich mag dich wirklich. Aber deine Gefühle erschrecken mich irgendwie. Das geht mir alles zu schnell, du bist… du bist dir zu sicher. Ich bin da anders, ich hab Angst davor, mich an jemanden zu binden. Kannst du das verstehen? Dafür bin ich zu jung.«
Jetzt wich auch er zurück. Er setzte sich wieder auf die Liege, allerdings ohne Jana aus den Augen zu lassen.
»Sieh mich nicht so an«, verlangte Jana nervös. »Ich weiß, wir haben uns geküsst. Okay. Es ist einfach passiert, keine Ahnung, warum, ich hab mir nichts dabei gedacht. Aber das war eine einmalige Sache, Alex. Wir sind deshalb nicht zusammen oder so.«
»Ja, klar, aber darum geht’s mir doch auch gar nicht. Ich möchte dich einfach gerne kennenlernen.«
Furcht blitzte einen Moment lang in ihren Augen auf. Er hatte sie ganz offensichtlich aus dem Konzept gebracht. Vielleicht dauerte es deshalb ziemlich lange, bis sie eine Antwort gefunden hatte.
»Na gut, einverstanden«, sagte sie schließlich. »Aber du darfst nicht wieder solche Sachen zu mir sagen. Ich… ich weiß nicht, was du über mich denkst, aber ich gehöre nicht zu den Mädchen, die sich Hals über Kopf in eine Beziehung stürzen. Tut mir leid, wenn dich das enttäuscht, aber so bin ich nun mal nicht.«
Nein, dachte Alex und lächelte. Du überlegst dir jeden Schritt, den du machst, ganz genau, wägst alles ab, versuchst immer, alles im Griff zu haben .
»Wir könnten ja erst mal Freunde sein«, schlug er vor. »Ich meine, bis du dir sicher bist, was du willst.«
»Du verschwendest deine Zeit mit mir, ich kann dir nichts versprechen.«
»Hey, Jana. Es ist für mich keine Zeitverschwendung, in deiner Nähe zu sein. Selbst wenn wir nur Freunde sind. Mach dir keine Sorgen, dass du vielleicht nicht fair zu mir bist. Das hier wird sicher nicht mein Leben zerstören.«
Seine Antwort schien Jana erneut aus dem Konzept zu bringen. Alex spürte, dass da noch etwas anderes war, das zwischen ihnen stand. Jetzt erst erkannte er, was es war: Ihr ging es gar nicht darum, fair ihm gegenüber zu sein oder sich zu schützen. Sie hatte keine Angst vor ihm und es schien ihr auch nicht sonderlich viel auszumachen, wenn er litt. Das war nicht der Punkt…
Der Punkt war das Tattoo. Es trennte sie voneinander und das wusste Jana. Wenn David wirklich die Wahrheit gesagt hatte – egal, wie unglaublich das klang –, dann war es magisch. Jana zumindest war davon überzeugt. Auch wenn sie eben noch das Gegenteil behauptet hatte. Aber war das schon alles? Oder versuchte Jana, noch etwas anderes vor ihm zu verheimlichen? Denn wenn Janas Bruder tatsächlich nicht gelogen hatte, dann durfte er ihr eigentlich doch nur ein oder zwei Tage nicht zu nahe kommen, eben, bis das Tattoo verheilt war. Dann war dieses ganze Theater, das sie ihm gerade vorspielte, um ihn auf Abstand zu halten, doch gar nicht nötig…
Außer, das Tattoo würde nie verheilen.
Alex wischte sich über die Stirn. Er hatte das Gefühl, nicht klar denken zu können, solange ihn all die Eindrücke um ihn herum ablenkten. Erneut zwang er sich mit aller Macht, sich zu konzentrieren, den wilden Wein, den Modergeruch der abgebröckelten Wand und der feuchten Holztür zwischen
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