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Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann

Titel: Visionen Der Nacht: Der Tödliche Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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schluchzte das Mädchen, als könne sie seine Gedanken lesen – was vielleicht auch der Fall war. Die Mitglieder der Gemeinschaft waren telepathisch veranlagt. »LeShan hat mich geschickt.«
    »Was ist denn los?«, fragte Anna und legte Tamsin sanft die Hand auf die zitternde Schulter.
    »Bis vor Kurzem war noch alles gut. Aber dann habe ich es gespürt. Ich weiß, dass er gestorben ist. LeShan ist tot.«
    Rob lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er schluckte schwer. »Bist du sicher?«
    »Ich habe es gespürt. Wir dachten, wir wären auf unserer neuen Insel sicher vor ihnen. Aber sie müssen ihn aufgespürt haben. Er ist tot.«
    Sie ist völlig außer sich, sagte Lewis im Geiste.
    Das merkte auch Rob. Tamsin war nicht nur durcheinander, sondern hilflos. Die Mitglieder der Gemeinschaft neigten zu Hilflosigkeit, wenn sie ohne Führung waren. Er schickte Lewis den Gedanken nicht, weil er fürchtete, dass Tamsin ihn hören könnte.
    »Und jetzt weiß ich nicht, was ich tun soll«, jammerte Tamsin. »LeShan wollte es mir sagen, sobald ich hier ankomme.
Ich habe den ganzen weiten Weg zurückgelegt, und jetzt kann ich euch überhaupt nicht helfen.«
    Rob blickte Anna an, als könne er in ihrem Gesicht Trost finden. Anna war so weise. Doch Annas Blick, düster und tränenverhangen, hielt dem seinen nur einen kurzen Augenblick stand, dann ließ sie die Augen sinken.
    Rob, wütend auf sich selbst, legte einen Arm um Tamsin und sagte: »Vielleicht kann Meren…«
    »Mereniang ist auch tot«, flüsterte Tamsin. »Sie starb auf dem Weg zur Insel. Es gibt keine Hilfe mehr, keine Hoffnung!«

KAPITEL ELF
    Kaitlyn saß auf Lydias Bett, das schwarze Kleid auf dem Schoß. In dem Moment, als Bri ihr die Neuigkeiten erzählte, hatte sie es vom Bügel genommen, froh, dass sie es bei Marisol eingesteckt und im Schrank sauber aufgehängt hatte.
    Nun saß sie einfach nur da. Sie brauchte Bri keine Fragen zu stellen. Sie kannte die ganze Wahrheit.
    Queen Charlotte Islands in Kanada. Das hatte auf der Karte gestanden. Dort musste die Gemeinschaft von Vancouver Island aus hingegangen sein. Bri hatte die Insel mit dem Senklot geortet.
    Und Schakal Mac hatte den Ofen ausspioniert. Einen Ofen in dem Haus, in dem die Gemeinschaft lebte. Kaitlyn wusste es, weil sie ein Bild davon hatte: das Bild von einem Feuerball, einem explodierenden Ofen. Und mittendrin ein Mann.
    Sie hatten sich an diesem Abend alle um den Kristall versammelt und ihre Astralformen auf die Reise geschickt. Sie hatten ihren Körper verlassen und sich zu den Queen Charlotte Islands aufgemacht, wo Renny mittels Telekinese die Explosion herbeigeführt hatte.

    Oh, LeShan. Kaitlyn zerknautschte mit den Fingern den Chiffonstoff des schwarzen Kleides. Ich habe dich gemocht, dachte sie, ich habe dich wirklich gemocht. Du warst arrogant und wütend und ungeduldig, und ich habe dich richtig gern gemocht. Du warst so lebendig.
    Karamellfarbene Haut, Luchsaugen. Sanft gewelltes braunes Haar, das von innen zu leuchten schien. Und ein Geist, der brannte wie ein Feuer in der Nacht.
    Tot.
    Und Kaitlyn musste seinen Tod mit den anderen feiern. Sie kam da nicht heraus. Sie würden misstrauisch werden, wenn sie sich eine Ausrede einfallen ließe. Wenn sie eine von ihnen sein wollte, musste sie die Gemeinschaft so sehr hassen wie die anderen es taten.
    Kaitlyn schwankte leicht, als sie zum Spiegel ging. Sie nahm das Handtuch ab, zog sich aus und streifte sich das schwarze Kleid über. Mechanisch fuhr sie mit den Fingern durch das nasse Haar, als ihr plötzlich etwas klar wurde.
    Ich sehe aus wie eine Hexe.
    Das lange Haar, das ihr über die Schultern fiel und gerade erst zu trocknen begann, schimmerte im Dämmerlicht rötlich. Dazu das schwarze Kleid, die nackten Füße und das blasse Gesicht.
    Wirklich. Ich sehe aus wie eine Hexe. Wie eine, die so, barfuß, hinausgeht auf die Straße, das Haar wild im
Wind wehend, gruselige Lieder summend, und alle Leute starren ihr hinterher, versteckt hinter Vorhängen.
    In dem Stretch-Oberteil wirkte sie schlank wie eine Statue, und der weite Chiffonrock fiel sanft von der Hüfte bis zum Knie. Doch es war keine Eitelkeit, die sie vor dem Spiegel hielt. Es war ein neues Bewusstsein, das Wissen um ihr Können, ihre Entschlossenheit.
    Wer dermaßen aussieht wie eine Hexe, muss auch zaubern können. Und das werde ich tun. Ich werde sie zahlen lassen, LeShan. Ich werde deinen Tod rächen. Das verspreche ich.
    Ich verspreche es.
    Von draußen hörte sie

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