Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe
schwach beleuchteten, war darüber hinaus rein gar nichts zu sehen. Die Treppe schien im Abgrund zu schweben.
»Ich bin unten«, sagte Rob. »Es fühlt sich an wie ein Flur. Warte, hier ist ein Schalter.«
Ein Licht ging an, ein kühles, grünlich fluoreszierendes Licht. Sie befanden sich in einem kurzen Flur, an dessen Ende sich eine einzige Tür befand.
»Vielleicht brauchen wir Lewis hier noch einmal«, sagte Kaitlyn, doch als Rob den Knauf drehte, öffnete sich die Tür.
Kait hatte keine Ahnung gehabt, was sie hinter der Tür erwarten würde, aber sicher war es nicht das, was sie nun sah. Ein normales Büro, mit einem Schreibtisch in der Ecke, einem Computer und Aktenschränken. Nach der Geheimtür und der dunklen Treppe war es geradezu eine Enttäuschung.
Sie sah Rob an. »Was denkst du? Ich meine, womöglich liegen wir völlig daneben? Vielleicht hat Zetes hier nur sein Büro versteckt, weil er ein bisschen exzentrisch ist? Möglich wär’s.«
»Alles ist möglich«, sagte Rob knapp. Er sah sich ebenfalls verwundert um. Dann ging er zum Aktenschrank und zog eine Schublade mit Hängemappen heraus.
Das Geräusch, das dabei entstand, ließ Kaitlyn zusammenzucken. Wenn sie wirklich auf der falschen Spur waren, hatten sie hier absolut nichts verloren.
Darauf konnten sie jetzt aber keine Rücksicht nehmen. Trotzig ging sie zum Schreibtisch und blätterte die Unterlagen in der Briefablage durch. Es waren Geschäftsbriefe, überwiegend von offenbar wichtigen Leuten, adressiert an Mr. Zetes. Es schien sich ausschließlich um Fotokopien zu handeln. Toll.
»Weißt du was«, sagte sie grimmig, einen Brief in
der Hand. »Wenn Mr. Z wirklich etwas zu verbergen hätte, dann würde er es nicht ausgerechnet hier verstecken, oder? Warum auch? Bestimmt gibt es Orte, die besser geeignet sind. Er hat doch ein Haus, oder nicht? Er hat sogar eine eigene Firma …«
»Kaitlyn.«
»Ja?«
»Sieh dir das mal an.« Rob hatte eine Aktenmappe in der Hand. Außen klemmte ein Foto von Kait, auf dem in Großbuchstaben stand: KAITLYN BRADY FAIRCHILD, PROJEKT SCHWARZER BLITZ.
»Was ist das, Projekt Schwarzer Blitz?«
»Ich weiß es nicht. Für jeden von uns gibt es so eine Akte. Die Mappe enthält alle möglichen Informationen über uns. Wusstest du, dass sie auch deine Geburtsurkunde haben?«
»Die Anwälte haben Dad gesagt, was sie brauchen … Was ist das?«
»Ein Schaubild von deinem Test, glaube ich.« Rob fuhr mit dem Finger zur untersten Linie. »Sieh mal, das ist das gestrige Datum. Da steht Erster Test mit … und dann kommt ein Wort, das ich nicht lesen kann.«
»Erster Test mit irgendwas«, wiederholte Kaitlyn langsam. Sie fasste sich an die Stirn. »Aber was hat das zu bedeuten?«
Rob schüttelte den Kopf. »Da sind noch mehr Akten, mit Namen, die ich nicht kenne.« Er hielt eine
Aktenmappe hoch, an der das Foto eines lächelnden Mädchens mit dunkelbraunem Haar hing. Darauf stand SABRINA JESSICA GALLO, SCHWARZER BLITZ, PILOTSTUDIE.
Quer über dem Etikett hatte jemand mit dicker roter Tinte das Wort ABGEWICKELT geschrieben.
Kaitlyn und Rob sahen einander an. »Worauf bezieht sich das wohl, ›abgewickelt‹?«, flüsterte Kait. »Auf die Studie oder das Mädchen?«
Schweigend demselben Impuls folgend, nahmen sie ihre Suche wieder auf.
»Ich habe hier einen Brief«, sagte Kait einen Augenblick später. »Er ist von der Ehrenwerten Richterin Susan Baldwin. Hier heißt es: ›Beigefügt ist eine Liste möglicher Kunden, die an dem Projekt interessiert sein könnten.‹ Das Projekt.« Kaitlyn überflog die Liste. »›Max Lawrence – Urteil 1. Mai. TRI-Tech, Inc. – Termin mit Clifford Elektronics Limited, 24. Juni.‹ So geht das immer weiter, lauter Namen, Prozesstermine und so weiter.«
»Hier ist noch eine Akte«, sagte Rob. »Das klingt alles sehr verklausuliert, aber ich glaube, es handelt sich um eine Finanzierungszusage der NASA. Ja, genau, eine halbe Million, 1986. Für« – er las genauer nach – »eine Machbarkeitsstudie für die Entwicklung psychoaktiver Waffen.«
»Was?«, fragte Kaitlyn ratlos. »Psycho was?«
Rob sah sie ernst an. »Ich weiß nicht, was das alles zu bedeuten hat. Aber ich glaube, nichts Gutes. Mr. Z hat uns ziemlich viel verschwiegen.«
» Hier ist es völlig anders, als ihr denkt «, zitierte Kaitlyn. »Und es gab tatsächlich eine Pilotstudie, also hat Marisol die Wahrheit gesagt. Was ist aus den Teilnehmern geworden? Was ist aus Sabrina geworden? «
»Und was ist –
Weitere Kostenlose Bücher