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Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe

Titel: Visionen Der Nacht: Die Dunkle Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Licht und Schatten. Mr. Zetes hatte die Lichter im Flur angeschaltet.
    Hoffentlich kommt er nicht herein, hoffentlich kommt er nicht herein, dachte Kaitlyn. Dann versuchte sie, gar nichts mehr zu denken, damit die anderen nicht womöglich ihre Panik hörten.
    Die Bürotür öffnete sich und Licht strömte in den Raum.
    Unter dem Schreibtisch vergrub Kaitlyn ihr Gesicht
in Robs Schulter und versuchte, sich nicht zu rühren. Und wenn Zetes jetzt nicht wirklich hereinkam, wenn er nur ins Büro sah …
    Nun wurde es richtig hell. Mr. Zetes hatte das Licht im Büro angeschaltet. Jetzt war er nur noch einen Schritt von den Aktenschränken entfernt, und wenn er weiterging, würde er sie entdecken.
    Ich frage mich, ob wir auch »abgewickelt« werden, dachte Kait. Wie Sabrina. Oder Marisol. Am liebsten wäre sie aus ihrem Versteck gesprungen und hätte es hinter sich gebracht, hätte sich Mr. Zetes gestellt. Sie waren ohnehin verloren. Das Einzige, was sie davon abhielt, war Rob, der fest den Arm um sie gelegt hatte.
    Von oben drang plötzlich ein wilder Tumult nach unten.
    Was ist das?, dachte sie. Es klang nach Bellen und Jaulen.
    Gabriels Stimme, kühl und sarkastisch, unterlegt mit Zorn, antwortete: Ich habe die Köter ein bisschen geärgert. Das treibt ihn wahrscheinlich nach oben.
    Kaitlyn hielt den Atem an. Einen Moment lang passierte nichts, dann gingen die Lichter im Büro wieder aus, und die Tür schloss sich. Wenige Sekunden später erlosch auch das Licht im Flur, und bald darauf hörten sie wieder die Geheimtür rattern.
    Kaitlyn ließ sich gegen Rob sinken. Er drückte sie jetzt mit beiden Armen an sich, und sie klammerte
sich noch fester an ihn, obwohl es dafür eigentlich zu warm war.
    Von oben waren immer noch die Hunde zu hören. Nach und nach erstarb das Bellen, als entfernte es sich.
    Er bringt sie raus ins Auto, hörte Kaitlyn Gabriel sagen. Ich glaube nicht, dass er zurückkommt, aber Joyce kann jede Minute wieder da sein.
    Lewis, sagte Rob. Hol uns hier raus.
     
    Zehn Minuten später saßen sie alle oben im Arbeitszimmer. Abgesehen vom Mondlicht, das durchs Fenster schien, war es dunkel. Sie konnten einander kaum sehen, doch das machte nichts. Sie spürten einander.
    Kaitlyn hatte andere Menschen noch nie in ihrem Leben so bewusst wahrgenommen. Sie wusste genau, wo sich jeder befand. Sie hatte eine vage Vorstellung, was jeder tat. Sie waren Individuen und doch miteinander verbunden.
    Wie Insekten, die in einem großen Netz gefangen sind, dachte sie. Über fast unsichtbare Fäden miteinander verknüpft. Jedes Mal, wenn Druck auf einen Faden kommt, weiß man, dass sich jemand anders bewegt hat. In Kaitlyns Künstlerverstand nahm ein Bild Form an: Die fünf hingen mit ausgestreckten Armen und Beinen in einem seidenen Netz, und zwischen ihnen vibrierten ihre Kräfte.

    »Nettes Bild. Aber ich will nicht mit dir in einem Netz gefangen sein«, sagte Lewis freundlich.
    »Und ich will nicht, dass du meine Gedanken liest«, sagte Kaitlyn. »Das war privat.«
    Woher soll ich ... »Ich meine, woher soll ich das wissen? «, fragte Lewis zuerst mit seiner mentalen, dann mit seiner natürlichen Stimme.
    »Wer will das schon?«, sagte Rob. »Stell es ab, Gabriel. «
    Es folgte ein Schweigen.
    Alle Blicke ruhten auf Gabriel. Er sah trotzig in die Runde.
    »Geht klar«, sagte er. »Wenn ihr mir sagt, wie.«

KAPITEL ZWÖLF
    Kaitlyn starrte in die Dunkelheit, dorthin, wo Gabriel saß.
    Wie meinst du das?, fragte Rob, gefährlich gefasst. Er schien nicht einmal zu merken, dass er nicht laut sprach.
    »Wie hast du es denn früher gemacht?«, warf Anna rasch ein. »Ich meine, wie hast du die Verbindung sonst gekappt?«
    »Sonst?«, sagte Gabriel. »Sonst sind die Leute tot umgefallen oder haben zumindest geschrien wie am Spieß.«
    Es folgte erst eine weitere Pause, dann ein Wirrwarr aus Stimmen, mental und hörbar.
    Soll das bedeuten, dass es uns umbringt? Das war Lewis.
    »Immer mit der Ruhe.« – Anna.
    Das musst du uns erst mal erklären, Freundchen! – Rob.
    Gabriel saß einen Moment schweigend da. Kaitlyn stellte sich vor, dass sich ihm die Nackenhaare sträubten und er die Zähne fletschte wie einer von Mr. Zetes’ Rottweilern. Dann begann er bedächtig und nüchtern alles zu erklären.

    Er erzählte ihnen von seinen Kräften, von Iris, dem Mädchen in Durham, das gestorben war, von seiner anschließenden Flucht, von dem Mann, der versucht hatte, ihn umzubringen, und den er aus Notwehr getötet hatte. Er

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