Visionen (Kobaltblaue Träume) (German Edition)
Direktor und wir klatschen pflichtschuldigst.
„Oder“, fügt er dann etwas ernster an, „zumindest die meisten von Ihnen.“
Köpfe fliegen nach allen Seiten, als wäre uns gerade eben erst aufgefallen, dass einige unser Mitschüler nicht mehr unter uns sind.
„Einige von Ihnen haben die lange Auszeit als Grund genommen, an einer anderen Schule ihre Ausbildung zu beenden. Andere wiederum können aus privaten Gründen nicht mehr an unserer Schule sein.“
Die vielen fragenden Blicke, die auf unsere kleine Clique gerichtet sind, verraten mir, dass unsere Mitschüler genau wissen, wer hiermit gemeint ist.
Ich suche Rheenas Hand und drücke sie sanft. Ein Knoten bildet sich in meiner Kehle, als eine heiße Träne auf unsere verschlungenen Hände fällt. Rheena quetscht entschlossen meine Hand zurück und reckt ihr Kinn vor.
Gut so, Schatz!
„ Umso mehr freut es mich natürlich, die neuen Mitschülerinnen und Mitschüler besonders willkommen zu heißen. Was mich gleich zum nächsten Punkt meiner kurzen Ansprache bringt“, lacht Direktor Baker. „Kann ich mir doch nur zu gut vorstellen, wie sehr es Sie danach verlangt, endlich unter sich zu sein.“
Echt jetzt?
Kay grinst mich an und wir lauschen Direktor Bakers Worten.
„Zum ersten Mal in der Geschichte Castillians haben wir ein Ungleichgewicht, was die Geschlechterverteilung betrifft. Obwohl es zwei männliche Mitschüler und eine Mitschülerin sind, die nicht mehr bei uns sind, darf ich zwei neue Schülerinnen und einen neuen Schüler an unserer Schule begrüßen.“
Erneut strahlt er uns alle an und wir klatschen und trampeln … quasi als Willkommensgruß!
Wobei mein Willkommen definitiv nur Lily und Zac gilt.
Auf Mosley kann ich gut und gerne verzichten.
„ Selbstverständlich gibt es situationsbedingt einige Veränderungen, den Lehr- und Stundenplan betreffend. Einige von uns Lehrern werden Mrs. McMillans Unterrichtsstunden übernehmen. Wen das explizit betrifft, können Sie nachher auf Ihrer Intranet-Seite nachlesen. Weiterhin ...“
Unser Direx spricht nun zügig, vermutlich hat er Hunger und will das hier so schnell wie möglich zu Ende bringen.
„Weiterhin habe ich zwei gute und eine schlechte Neuigkeit für Sie!“
Natürlich setzt sofort wieder Getuschel ein, wofür wir nur einen gelangweilten Gesichtsausdruck übrig haben.
Außer uns sechs weiß ja noch niemand, was Mr. Baker uns jetzt gleich erzählen wird.
„ Miss Viola, unsere allseits beliebte Sportlehrerin, erwartet ein Kind.“
Direktor Baker strahlt über sein ganzes rotwangiges Gesicht, als wäre er selbst für diesen Zustand verantwortlich.
Dem Himmel sei Dank, dass dies nicht der Fall ist.
Vereinzelte Jubelrufe erschallen. Einige der Mädchen quietschen verzückt.
„Das war also die erste gute Nachricht. Die schlechte ist: sie wird uns aus genau jenem Grunde für die nächste Zeit als Lehrerin nicht zur Verfügung stehen.“
Die Jubelrufe gehen in Seufzen über – natürlich sind es dieses Mal überwiegend die Jungs.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, was in den Köpfen meiner Mitschüler vorgeht.
Wer wird wohl jetzt den Sportunterricht übernehmen?
Beim Gedanken an Mr. Baker oder gar Mr. Summerfield in kurzen Sporthosen überkommt mich das kalte Grausen.
Kays Mundwinkel heben sich und ein Glucksen entweicht seiner Kehle.
„ Kim, du bist unmöglich.“
„Wenn’s doch wahr ist.“
„Aber, ich habe Ihnen ja zwei gute Neuigkeiten angekündigt“, unterbricht Direktor Baker das Gestöhne und wartet, bis wieder Ruhe eingekehrt ist. „Wir haben natürlich bereits einen Ersatz für Miss Viola gefunden. Und den möchte ich Ihnen nun gerne vorstellen. Mr. Prescott, wenn Sie bitte zu mir kommen möchten! “
Unser Direktor dreht sich zur Seite und winkt meinen Bruder zu sich auf die Bühne.
Kollektives Raunen erfüllt die Turnhalle und wird schlagartig zu verzücktem Stöhnen, als Vic den Platz neben Mr. Baker erreicht hat und somit für uns gut sichtbar auf der Bühne positioniert ist.
Beinahe erwarte ich, dass eine gewisse Person, die ich gar nicht näher benennen muss, irgend einen peinlichen Spruch los lässt, doch dann …
8)
W as zur Hölle???
„Dich hat's ganz schön erwischt, hm?“
Lily sieht ihre Schwester mit einem Blick an, den ich nicht so recht zu deuten weiß.
Irgendwie … schuldbewusst?
Rheena verdreht träumerisch ihre Augen, dann umarmt sie ihre kleine Schwester impulsiv.
„Lily“, seufzt sie, „niemals
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