Visionen (Kobaltblaue Träume) (German Edition)
Speisesaal zu suchen.
Vorzugsweise den mit der Eckbank!
Niemals, unter gar keinen Umständen, werden wir die Gesellschaft Miriams oder Mosleys bei uns dulden.
„ Aber wenn Vic es möchte, falls es ihm überhaupt gestattet ist“, beginne ich, „dann darf er doch zu uns an den Tisch kommen, oder?“
„ Wer ist Vic?“, fragen Greg und Zac wie aus einem Mund.
„Oh, stimmt ja“, fällt mir ein.
Außer Rheena, die es vermutlich ihrer Schwester gesagt hat, weiß ja noch niemand Bescheid, dass Miss Viola/Selena nicht mehr kommt.
Dafür aber mein verflixt heißes Brüderlein den Sportunterricht übernehmen wird.
Also hocken wir jetzt zusammengeknautscht auf einem Klumpen in der letzten Reihe und ich setze Greg und Zac mit wenigen Worten über die Vorkommnisse in Kenntnis.
Greg reißt seine Augen auf, als ich mit den Worten schließe: „Und da Miss Viola, also Kays Adoptivmutter, jetzt von Phil, meinem Daddy, schwanger ist, kann sie ihrer Tätigkeit als Sportlehrerin nicht mehr nachgehen. Da Mr. Baker jedoch auf die Schnelle keinen Nachfolger gefunden hat, ist er mehr als bereitwillig auf das Angebot meines Dads eingegangen, Vic, einen meiner Brüder, als Vertretung einzustellen.“
Ich sehe, wie es hinter Gregs Stirn geradezu rattert.
Aber er wäre nicht so intelligent, wie er nun mal ist, wenn er nicht in der Lage wäre, aus meinem teilweise zusammenhanglosen Geplapper, alles Relevante zusammen zu fügen.
Und weil er so verflixt schlau ist, stellt er auch nicht die Frage, vor der ich mich am meisten fürchte … auch wenn sie völlig abwegig ist.
Aber ich weiß, dass sie früher oder später gestellt wird!
Ich ahne auch bereits, wer es sein wird.
Und genau das ist es, was mir Sorgen macht.
„ Wenn das mal nicht irre ist“, haucht Greg und zerrt mich aus meinen unerfreulichen gedanklichen Abwegen wieder zurück in die Turnhalle.
Zac nickt bestätigend. Er ist aus meinen Puzzleteilchen also auch schlau geworden.
Was mich nicht wirklich verwundert.
Gefühle hin oder her … Greg könnte mit jemandem, der nicht über ein gewisses Maß an Intelligenz verfügt, gewiss nichts anfangen. Und so, wie er den kleinen Schoki ansieht, fasziniert ihn nicht nur Zacs Aussehen, sondern auch dessen schnelle Auffassungsgabe.
Kay, auf dessen Schoß ich sitze, drückt kurz meinen Oberschenkel, bevor er mich neben sich auf den freien Stuhl schiebt.
In diesem Moment betritt Mr. Baker, unser neuer Schulleiter, die provisorisch aufgebaute kleine Bühne und klopft mit einem „Test … zwei … drei“ auf das Mikrofon.
Das damit einhergehende nervtötende Geräusch beschert ihm ein Schauspiel der besonderen Art:
Wie bei einer perfekt einstudierten Choreografie schießen unser aller Hände in absoluter Synchronisation Richtung Kopf, um die Ohren zu schützen, bevor der Trommelfell-zerfetzende Ton uns die zu erwartende Gänsehaut bescheren kann.
Das herzhafte Lachen unseres Direx schallt durch die Turnhalle, noch ehe ein mitfühlender Mensch es schafft, die Lautstärke auf ein annehmbares Maß zu regeln, und wir endlich erleichtert die verkrampften Hände von unseren Ohren nehmen können.
„ Liebe Mitschülerinnen, liebe Mitschüler!“
Direktor Baker lässt seinen Blick über die versammelte Schülerschar wandern und schenkt, so kommt es mir vor, jedem einzelnen von uns ein aufrichtiges Lächeln.
„ Ich freue mich sehr, dass ich Sie alle endlich wieder auf Castillian-High begrüßen darf.“
Er räuspert sich kurz und fährt dann mit beinahe verschwörerischem Augenzwinkern fort.
„Auch wenn ich mir sehr gut vorstellen kann, dass Sie die unvorhergesehenen Zusatzferien durchaus genossen haben!“
Unser zustimmendes Lachen ist ihm wohl Antwort genug und er fährt fort.
„Darauf, dass ich Sie in der Funktion als neuer Direktor von Castillian begrüße, möchte ich nicht weiter eingehen.“
Unmutiges Gemurmel durchdringt die Halle und Direktor Baker hebt seine Hand, worauf hin sofort Ruhe einkehrt.
„ Aber um alle Spekulationen im Keim zu ersticken, möchte ich Ihnen verraten, dass Mrs. McMillans Gesundheitszustand es nicht erlaubt, diese Position weiterhin auszuüben.“
Na, wenn das mal nicht erst Recht zu wüsten Spekulationen führt.
„ Ich befürchte“, führt Direktor Baker aus, „dass der Brand, der unser wunderschönes Internat beinahe zerstört hätte, zu viel für sie war.“
So kann man das auch ausdrücken.
„ Wie dem auch sei, jetzt sind wir alle wieder hier“, lacht unser neuer
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