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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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es eine Automatik, kein Schaltgetriebe. Vorsichtshalber
blickte ich nicht in den Rückspiegel: Es wäre sicher keine gute Idee gewesen,
mir anzuschauen, wie ich aussah. An meinem gesamten Körper bildeten sich gerade
Blutergüsse, meine Jeans war zerrissen, mein Pulli voller Werwolfblut und wer
weiß was noch alles. Auch wenn ich einmal ein Monster geliebt hatte – das war
nun wirklich zu viel.
    Ich bekam Panik: Wenn ich das
Lenkrad losließ, würde die Limousine ausbrechen und in einer Schneewehe landen,
und ich würde losheulen und dort festfrieren wie ein Mammut, bis zufällig ein
Schneepflug oder der Frühling kam. Nein, ich würde weder nach rechts noch nach
links sehen. Ich würde nur auf die Straße schauen, und auf den kleinen blauen
Punkt auf dem Navi, der anzeigte, wohin wir fuhren. Einfach irgendwohin. Also
folgte ich dem blauen Punkt, fuhr aus der Stadt hinaus aufs Land und schließlich
auf einen Parkplatz, der von einem weißen Gartenzaun umgeben war.
    Ich sah mich um.
    Eine ehemalige Kirche.
    Ich parkte die
Limousine. Die Größe des Parkplatzes ließ darauf schließen, dass die Kirche
sehr angesehen gewesen sein musste, bevor … sie ausgebrannt war. Durch den
Schnee schimmerte das schwarz verkohlte Dach, und ich konnte sogar ein paar
blaue Planen sehen, die wohl Schutz vor dem Wetter bieten sollten. Die Gemeinde
hatte anscheinend nicht genug Geld gehabt, um noch vor dem Winter zu renovieren.
    Ich wollte nicht aussteigen.
Hier drin war es warm und sicher, sodass ich gewissermaßen an meinem Sitz
klebte. Dann klopfte jemand an mein Fenster und riss mich aus meinen Gedanken.
    Â»Du bist spät dran!«, erklärte
Sike. Dass ich selbst hinter dem Steuer saß, hatte sie doch ein wenig
überrascht. »Und du stinkst nach Werwolfblut. Was ist passiert?«
    Â»Der Fahrer wurde überfallen.«
    Â»Wie geht es dir?« Zum ersten
Mal hatte ich das Gefühl, dass sie das wirklich interessierte. Sie streckte mir
zum Aussteigen eine Hand entgegen.
    Ich kletterte aus der Limo,
damit sie mich begutachten konnte. »Okay. Aber wenn das hier vorbei ist, bin
ich weg. Ihr macht mich fertig.« Mir war klar, dass sie das nicht entscheiden
konnte, aber allein es auszusprechen, bestärkte mich in meinem Entschluss.
    Â»Wenn das hier vorbei ist,
solltest du dringend Y4 aufsuchen und dir eine Werwolfspritze geben
lassen.« Sie hob eine Hand an das Headset in ihrem Ohr, das mir bisher nicht
aufgefallen war. »Schickt ein Entsorgungsteam zur Wohnung der Gesandten. Fahrer
zwei ist ausgefallen.« Dann wandte sie sich wieder an mich. »Bitte folge mir.«
    Eine würdige Gesandte war ich.
Humpelnd lief ich hinter ihr her.
    Da in den Mauern der
Kirche einige Löcher klafften, war es drinnen eiskalt. Die Vampire störte das sicher
nicht, aber mich ärgerte es. Ich hatte heute Nacht wirklich schon genug
durchgemacht, da musste ich nicht auch noch frieren.
    Offenbar war das hier ein
katholisches Gotteshaus gewesen. Dort wo früher einmal das Kruzifix gehangen
hatte, prangte jetzt ein weißer kreuzförmiger Fleck an der Wand. Der Innenraum
war völlig leer, quasi ausgehöhlt durch das Feuer. Und nach der Katastrophe
hatten die Gläubigen wahrscheinlich alles mitgenommen, was nicht niet- und
nagelfest war. Baustellenstrahler tauchten alles in grelles Licht.
    Â»Warum zum Teufel ausgerechnet
hier?«, fragte ich Sike.
    Â»Wir wollten es auf möglichst
neutralem Boden machen. Und in Kirchen fühlen sich alle Vampire unwohl.« Sie
führte mich hinein. »Außerdem hat es ein gewisses Flair.«
    Â»Erinnere mich daran, dass ich
niemals mit dir shoppen gehe«, murmelte ich und holte Annas Dolch aus der
Tasche.
    Weil es keine Kirchenbänke mehr
gab, waren dort, wo einst die Gemeinde gesessen hatte, Stühle aufgestellt
worden, auf denen die Vampire in kleinen Gruppen zusammensaßen, die wohl ihren
Kabinetten entsprachen. Sike führte mich an ihnen vorbei und in den erhöhten
Altarraum ganz vorne. Dort standen noch andere Beteiligte, die ich sogar
kannte: Gideon, Veronica und Mr. Galeman – ein ehemaliger Patient von mir, den Anna
gebissen hatte. Sike und ich stellten uns neben ihnen auf. Veronica wirkte noch
genauso wild wie damals in meiner Wohnung, während Gideon das ausglich, indem
er fast schon unheimlich ruhig war.
    Â»Wie haben die Sie denn
rumgekriegt?«, fragte ich Mr. Galeman, der direkt neben mir

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