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Visite bei Vollmond

Visite bei Vollmond

Titel: Visite bei Vollmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Alexander
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stand.
    Â»Freibier«, flüsterte er
zurück. Sike zischte und starrte uns böse an, bis wir still waren.
    Na, das war ja mal eine echte
Ermutigung. Ich war hundemüde, total erschöpft, meine Beine zitterten, jeder
Kratzer brannte – wahrscheinlich brauchte ich nicht nur eine Tollwutimpfung,
sondern auch noch eine gegen Tetanus. Noch dazu sah ich wohl aus wie die
Protagonistin aus Carrie oder wie eine Kämpferin aus Battle Royale .
    Â»Die Zeremonie kann nun
beginnen«, sagte ein Vampir, den ich von der Seite aus nicht erkannte.
Dramatisch hochtrabende Orgelklänge ertönten.
    Â»Ist das immer so?«, fragte ich
Sike.
    Sie schaute mich böse an. »Halt
die Klappe.«
    Anna betrat den
Altarraum durch einen Seiteneingang. Sie trug ein einfaches weißes Kleid. Dadurch
wirkte ihre Haut noch bleicher, und ihre blonden Haare wurden zum einzigen
Farbtupfer an ihr.
    Sie arbeitete sich zu uns vor
wie bei einem Empfang: Erst sprach sie mit Veronica und Gideon, dann mit Mr.
Galeman, dann mit mir.
    Sie musterte mich eingehend.
»Du siehst … großartig aus.«
    Â»So fühle ich mich aber nicht
gerade.«
    Für einen Moment schob sie ihre
Hand in meine. Dann lächelte sie Sike flüchtig an und wandte sich ihrem
Publikum zu.
    Â»Die Bathorys sind nicht hier«,
flüsterte Sike neben mir, wobei sie kaum zu atmen wagte. Sie nahm das Headset
aus dem Ohr.
    Â»Und was bedeutet das?«
    Â»Dass sie sich nicht an der
Abstimmung beteiligen werden.«
    Ich versuchte, an den
Scheinwerfen vorbeizusehen und herauszufinden, in welche Gruppierungen sich die
Menge aufteilte.
    Ein Vampir, der offenbar den
Zeremonienmeister gab, trat vor und gab Anna ein Signal. »Anna Arsov, beginne.«
    Anna hob die Arme, als wollte
sie die gesamte Versammlung umfassen. Neben dem Mann wirkte sie so jung, und da
sie direkt unter den Scheinwerfern stand, warf sie kaum einen Schatten. »Ich
habe alle Prüfungen bestanden, die ihr mir auferlegt habt. Ich habe höchste
Zurückhaltung bewiesen und brennenden Durst erduldet. Alle Positionen meines
Hofes wurden besetzt. Wer von euch zieht mein Recht in Zweifel, eine Erhabene
zu werden?«
    Â»Kabinett Arachne!« Eine
Vampirfrau, die alleine saß, erhob sich. »Kabinett Arachne erkennt einer
Arsinov jegliches Recht ab, in das Sanguinium des Throns der Rose
aufzusteigen.«
    Â»Alt, aber nicht so alt wie
wir«, raunte Sike mir zu. »Die haben Macht über Insekten und kleinere Tiere wie
Spinnen oder Vögel.«
    Â»Und warum zweifelt ihr an
mir?«
    Â»Du hast diesen Ort ausgewählt,
also hast du keinen Geschmack. Und schlimmer noch, du hast diese Leute erwählt …«
    Anna schnitt ihr das Wort ab:
»Ich habe das Recht, den Ort festzulegen und meine Gefolgsleute frei zu wählen.
Ich habe nichts Falsches getan.«
    Â»Viele von ihnen hassen die
Kirche«, fuhr Sike mit ihrer Erklärung fort, »weil sie an ihre Macht glauben
und ihr unterworfen sind.«
    Â»Und was ist mit dir?«, fragte
ich.
    Â»Ich glaube an sie «, flüsterte Sike und
zeigte auf Anna.
    Â»Gibt es weitere Zweifler?«,
deklamierte der Zeremonienmeister.
    Eine junge Frau, die ein enges,
weinrotes Samtkleid mit weiten Ärmeln trug, trat vor. »Kabinett Bathory ist
sich unschlüssig. Wir werden uns enthalten.«
    Â»Neureiche Möchtegerns«,
murmelte Sike. »Schwach.«
    Â»Sind das alle?« Der
Zeremonienmeister sah sich um. Er zählte. »Die Gegenstimmen und Enthaltungen
dieser beiden Kabinette können selbst zusammen das Votum nicht aufhalten. Das
Protokoll des Sanguiniums sieht vor, dass wir fortfahren.« Er drehte sich zu
mir um. »Kannst du den Dolch vorweisen, Mensch?«
    Den hatte ich schon ganz
vergessen. Ich streckte ihm die Klinge entgegen. Er nahm sie zwischen die
behandschuhten Finger und stieß das Stundenglas im Griff an.
    Â»Es klebt Blut daran, doch in
dir ist nichts davon, und darauf kommt es an.« Er ließ den Dolch in seiner Robe
verschwinden. »Lasst uns beginnen«, intonierte er und schnippte mit den Fingern.
    Einer der Umstehenden reichte
ihm ein Silbertablett. Darauf befand sich ein kleiner Messingkasten, der mit
einer Handkurbel versehen war.
    Anna drehte sich nun ebenfalls
zu mir um und zeigte auf das Kästchen. »Edie, bitte.«
    Ich wollte nicht fragen, was
das Ding eigentlich darstellen sollte. Hätte sie mir doch nur vorher mehr
verraten! Ich nahm den Kasten

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