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Vita Nuova

Vita Nuova

Titel: Vita Nuova Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brrazo
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eine Danuta, und die, die Sie getroffen haben, gehört zu den Glückspilzen. Außerdem hab ich Ihnen doch gesagt, dass sie alle ordentliche Papiere haben, deswegen fühlen sie sich ja so sicher – nur die, die als Sexsklavinnen gehalten werden, von denen hält Paoletti die Papiere unter Verschluss.«
    Das klang ziemlich logisch, überlegte Guarnaccia. Die Danuta, die er gesehen hatte, war nun wirklich alles andere als attraktiv. Paoletti war auf seinen Besuch vorbereitet gewesen, das war klar.
    »Misshandelt er die Mädchen? Tut er ihnen Gewalt an?«
    »Einmal – gleich wenn sie ankommen. In der ersten Nacht sperrt er sie alle zusammen in ein Zimmer und lässt seine Rausschmeißer auf sie los. Das ist eine Nacht, die die Mädchen nie vergessen. Aber was sollen sie machen? Wo sollen sie hin? Sie haben Angst vor den Bullen, und ohne Ausweis kommen sie nicht weit.«
    »Es gibt Frauenhäuser.«
    »Eines steht fest: Paoletti macht sich diese Mädchen in null Komma nichts gefügig. Wenn eine auch nur ein Fünkchen Temperament oder gar Widerspruchsgeist zeigt, kümmert er sich persönlich drum. Dann erscheint er selbst im Club, zum sogenannten Probetanzen.«
    »Ja, der zuständige Maresciallo hat erzählt, dass Paoletti im Club ein Probetanzen laufen hatte, als er den Schlaganfall bekam.«
    »Ich gehe jede Wette ein, dass der Mann über Paolettis Machenschaften genau Bescheid weiß und absichtlich Augen und Ohren verschließt.«
    »Dafür hab ich keine Beweise.«
    »Und die wollen Sie auch gar nicht, richtig?«
    »Ich haben Ihnen schon hundertmal gesagt, dass ich einen Mord aufzuklären habe. Ich will wissen, ob Paoletti als unabhängiger Unternehmer in diesem Geschäft der italienischen oder der russischen Mafia auf die Füße getreten ist. Sie haben erwähnt, dass es da noch zwei Mädchen gibt, von denen Cristina nichts weiß. Was hat es denn mit denen auf sich?«
    »Über diese beiden weiß ich auch noch nichts. Darum sind wir ja jetzt hier. Wir hatten keine Zeit mehr, und außerdem muss ich Cristina noch ein bisschen Mut zusprechen. Sie hat Angst, noch mehr zu erzählen, hat Angst, weil sie schon so viel gesagt hat. Hier, trinken Sie noch einen Schluck. Alles im Preis inbegriffen. Die Mädchen, die sie als Sexsklavinnen halten, müssen nicht nur gut aussehen, sie werden auch darin unterwiesen, den sagen wir einmal ›speziellen‹ Wünschen einiger reicher Kunden nachzukommen.«
    »Kann ich mir lebhaft vorstellen.«
    Nesti sah auf die Uhr. »Ich geh jetzt lieber rüber in mein Zimmer. Sie dürfen den Champagner allein weitertrinken – aber schlafen Sie bitte nicht ein. Wenn wir fertig sind, kommt sie ganz offiziell zu Ihnen rüber, damit Sie auch mit ihr sprechen können. Ich hab für uns beide bezahlt, und ich kann Ihnen sagen, das ist kein billiges Vergnügen. Die Zimmer hier kann man nicht stundenweise buchen, sondern nur für die ganze Nacht – aber der Champagner ist im Preis inbegriffen, also genießen Sie ihn.«
    Der Maresciallo seufzte.
    »Was beklagen Sie sich? Seien Sie froh, und machen Sie das Beste draus!« Damit verließ Nesti das Zimmer.
    Als er allein war, blickte sich der Maresciallo in aller Ruhe um, nippte abwesend am Champagner und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Es war wirklich eine gute Marke, aber wer wollte schon mitten in der Nacht kaltes Blubberzeug trinken? Er stellte das Glas auf den Nachttisch und stand auf. Während er wartete, konnte er sich um die Flecken auf seiner Hose kümmern. Das Bad war von oben bis unten mit hübsch gemusterten Fliesen gekachelt. Die Art Fliesen, die Teresa so mochte und von denen sie einen schmalen Streifen im Bad daheim verlegt hatten. Majolika – allein dieser Streifen hatte ein Vermögen gekostet. Diese Art Fliesen wurden in Handarbeit hergestellt, von wegen billige Massenware aus der Fabrik! Guarnaccia wickelte ein wenig Toilettenpapier ab und fragte sich, was das alles wohl gekostet hatte und was für ein Einkommen beziehungsweise welche Positionen die Kunden hatten, die sich dies leisten konnten. Das Waschbecken war in einen marmornen Waschtisch eingelassen, über dem ein großer Spiegel hing. Heißes Wasser oder lieber kaltes? Er war sich nicht sicher, entschied sich für lauwarmes und betrachtete sich im Spiegel. Obwohl vom Urlaub noch eine gewisse Restbräune übrig war, sah er blass aus. Die Müdigkeit wahrscheinlich. Ein großes Sepia-Foto an der Wand hinter ihm zeigte eine junge, nicht ganz schlanke Frau mit weichen, herunterfallenden Locken,

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