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Vittorio

Vittorio

Titel: Vittorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Cosimo.« Wild entschlossen wählte ich den Namen der Familie von Cosimos Gemahlin, denn das war der einzige Name, der mir in den Sinn kam. »Seht, guter Mann, nehmt diesen Lohn, gönnt Euch und Eurem Weib ein leckeres Mahl davon, hier, nehmt, ich weiß, es ist spät, aber ich bin so müde!«
    Das Tor öffnete sich. Ich musste absteigen, damit ich mein Pferd am Zügel hindurchführen konnte bis auf das hallende Pflaster der Piazza.
    »Was in Gottes Namen habt Ihr nach Anbruch der Dunkelheit ganz allein in diesen Wäldern gemacht?«, fragte der Wächter. »Kennt Ihr die Gefahren nicht? Und so jung? Was ist nur mit den de' Bardi heutzutage los, dass sie ihre Sekretäre ohne Eskorte durch die Gegend ziehen lassen?« Er steckte das Geld ein. »Seht doch, Ihr seid das reinste Kind! Jemand hätte Euch schon allein wegen Eurer Knöpfe umbringen können. Was ist los mit Euch?«
    Ich stand auf einem enorm weiten Platz, von wo aus ich mehr als eine Straße abzweigen sah. Das war Glück.
    Aber was, wenn die Dämonen auch hier hausten? Ich hatte keine Ahnung, wo diese Wesen unterkriechen oder sich verstecken mochten! Aber ich fuhr fort mit meiner Geschichte: »Das ist allein meine Schuld! Ich habe mich verirrt. Wenn Ihr mich verratet, bekomme ich Schwierigkeiten. Führt mich zu einer Herberge. Ich bin so müde.
    Hier, nehmt, nein, unbedingt.« Ich gab ihm weitere Münzen. »Ich habe mich verirrt, weil ich nicht aufgepasst ha-be. Ich falle gleich um. Ich brauche Wein, etwas zu essen und ein Bett. Hier, guter Mann. Nein, nein, nehmt nur, ich bestehe darauf. Die de' Bardi würden es nicht anders wollen.«
    Er hatte inzwischen schon nicht mehr genug Taschen, die Münzen unterzubringen, und schob sie in sein Hemd.
    Dann führte er mich beim Licht einer Fackel zu einem Gasthof. Er hämmerte gegen die Tür, bis eine alte Frau mit liebem Gesicht herunterkam und, dankbar für die Münzen, die ich ihr in die Hand drückte, mich zu einer Kammer führte.
    »Bitte, ein Gemach hoch oben, so dass man das Tal überblicken kann«, sagte ich. »Und bring mir etwas zu essen, es kann ruhig eiskalt sein, das ist mir gleich.«
    »Ihr werdet in dieser Stadt keine Bücher finden«, sagte der Wächter, der immer noch herumstand, während ich der Alten die Treppen hinauffolgte. »Die jungen Leute machen sich alle davon; dies ist ein friedlicher Ort, nur zufriedene kleine Krämer hier. Die jungen Männer gehen heutzutage alle zur Universität. Aber es ist angenehm, hier zu leben, wirklich schön.«
    »Wie viele Kirchen habt ihr hier?«, fragte ich die Alte, als wir in den Raum traten. Ich befahl ihr, die Kerze für die Nacht brennen zu lassen.
    »Zwei dominikanische und eine Karmeliterkirche«, sagte der Wächter, der sich nicht trennen konnte und nun in dem schmalen Türrahmen lümmelte, »und dann die schöne alte Kirche der Franziskanermönche, da gehe ich immer hin. Hier kommt nie etwas Schlimmes vor.«
    Die alte Frau schüttelte den Kopf und forderte ihn auf, still zu sein. Sie setzte die Kerze ab und bedeutete mir, dass ich sie hier behalten könnte. Währenddessen hörte der Wächter nicht auf zu plappern, doch ich saß auf dem Bett und starrte ins Nichts, bis die Frau mir eine Platte mit kal-tem Fleisch und Brot brachte, dazu einen Krug Wein.

    »Unsere Schulen sind alle sehr streng«, fuhr der Mann fort. Wieder befahl ihm die Alte, den Mund zu halten, doch er fügte hinzu: »Niemand hier wagt es, Ärger zu machen.« Und dann gingen sie endlich.
    Ich stürzte mich auf den Teller wie ein Tier. Ich wollte nur eines: Kraft. In meinem Kummer kam mir nicht einmal der Gedanke, dass ich das Essen genießen könnte. Eine Weile schaute ich auf das kleine Stückchen sternenge-sprenkelten Himmels, während ich verzweifelt jeden mir bekannten Heiligen und Engel um Beistand anflehte.
    Dann verschloss ich das Fenster ganz fest. Ich verriegelte die Tür. Und nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die Kerze sicher in ihrem Winkel stand und dick genug war, um die Nacht durch zu brennen, fiel ich auf das klumpige, schmale Bett, zu erschöpft, um Stiefel, Schwert, Dolch oder sonst etwas abzulegen. Ich hatte gedacht, ich würde sofort in tiefen Schlaf sinken, doch ich lag bewegungslos da, von Hass und Schmerz erfüllt, und starrte in die Dunkelheit; meine kranke Seele schien meinen Körper fast zu sprengen, und auf der Zunge schmeckte ich den Tod, als wenn ich ihn verspeist hätte.
    Von fern hörte ich, dass unten im Stall mein Pferd ver-sorgt wurde; einsame

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