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Vittorio

Vittorio

Titel: Vittorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Trugbild des Dämons, den ich im Feuerschein der Kapelle gesehen hatte, benötigte keine Zaubertränke oder Beschwörungen, um ihre Wirkung zu verstärken. Sie war makellos und von inniglicher Herrlichkeit.
    Ihre Augen, die ich nur undeutlich erkennen konnte, durchforschten mein Gesicht. »Oh, ja«, gestand sie, »und auch ich finde in dir solche Schönheit, dass es mein Herz rührt; wie gemein und ungerecht das doch ist. Wie soll ich das zu allem anderen noch ertragen?«
    Ich kämpfte mit mir. Ich wollte ihr nicht antworten. Ich wollte diesen rätselhaften, infernalischen Brand nicht schüren.
    »Vittorio, verlass diese Stadt«, sagte sie so leise, dass ihre Stimme noch zarter und noch geheimnisvoller klang.
    »Dir bleiben nur wenige Nächte, vielleicht nicht einmal die. Wenn ich dich noch einmal aufsuche, führe ich sie möglicherweise zu dir. Vittorio - erzähl keinem in Florenz etwas davon! Sie würden dich auslachen.«
    Weg war sie!
    Das Bett knarrte und wippte. Ich lag auf dem Rücken, meine Handgelenke schmerzten vom Druck ihrer Hände.
    Über mir gähnte das Fenster, und in dem grauen, unkör-perlichen Licht dahinter ragte die Mauer neben dem Gasthof in einen Himmel, dessen Anblick mir in dieser hilflosen Lage verwehrt war.
    Ich war allein im Zimmer, sie war nicht mehr da. Mit einer plötzlichen Anstrengung zwang ich mich, meine Glieder zu bewegen, doch ich hatte mich kaum gerührt, als Ursula erneut auftauchte; sie lehnte ihren Oberkörper durchs Fenster und blickte auf mich herab. Dann griff sie an den bestickten Saum ihres Ausschnitts, löste ihn und bot mir ihre nackten weißen Brüste dar - kleine, runde, eng nebeneinander liegende Brüste mit aufreizenden Brustwar-zen, die nur an der dunkleren Färbung der Haut erkennbar waren. Mit der Hand fügte sie sich einen blu-tenden Kratzer an der linken Brust zu, direkt über der Brustwarze.
    »Hexe!«
    Ich sprang auf, wollte sie packen, wollte sie töten, doch stattdessen spürte ich den Druck ihrer Hand auf meinem Kopf, und dann drückte sie mir die blutende Brust unwi-derstehlich zart und doch fest in den Mund. Wieder schmolz jede Realität dahin und wurde fortgeweht wie hohler Rauch von einem Feuer, und wir waren gemeinsam in jenem Wiesengrund, der nur uns gehörte, unseren eifrigen, unauflösbaren Umarmungen. Ich saugte Milch von ihr, als wäre sie Mädchen und Mutter, Jungfrau und Königin zugleich, während ich mit heftigen Stößen die letzten zarten Blättchen im Kelche ihres Schoßes zermalmte.
    Sie ließ mich los. Ich fiel. Hilflos, unfähig, auch nur eine Hand zu heben, um sie am Fortschweben zu hindern. Ich fiel auf das Bett zurück, schwach und dümmlich, mit nas-sem Gesicht und zitternden Gliedern.
    Ich konnte nicht einmal sitzen. Ich war zu gar nichts fä-
    hig. Unser Wiesengrund mit seinen zarten weißen und roten Irisblüten blitzte immer wieder vor mir auf, diese schönste Blume der Toskana, die wilde Iris unserer heimatlichen Erde, die sich im grünen Grase neigte, und ich sah sie, Ursula, die vor mir davonlief. Doch das alles war blass und durchscheinend und konnte die kleine Zelle dieses Raumes nicht wie zuvor verhüllen, nur ein Nach-hall war es noch, ein Schleier über meinen Augen, der mich mit seiner kitzelnden, gewichtlosen Seidigkeit quä-
    len wollte.
    »Verzaubert!«, flüsterte ich. »Oh, Gott, wenn Du mir je Schutzengel zur Seite gestellt hast, so dränge sie nun, mich mit ihren Flügeln einzuhüllen!«, seufzte ich. »Ich brauche sie!«
    Zittrig und mit getrübtem Blick setzte ich mich schließlich auf. Ich rieb mir den Hals. Schauer rannen mir über den Rücken und die Oberarme. In meinem Körper tobte immer noch die Begierde.
    Ich drückte die Augen fest zu, wollte nicht an Ursula denken, und verlangte doch nach irgendetwas, nach irgend-einem starken Mittel, das dieses schreckliche Begehren dämpfen könnte. Ich sank zurück aufs Bett und lag ganz still, bis dieser fleischliche Wahn vergangen war.

    Ich war endlich wieder ein Mann, nachdem ich mich in meinem blinden Tun nicht wie ein solcher verhalten hatte.
    Den Tränen nahe, erhob ich mich, nahm die Kerze und ging so leise wie möglich, um auf den unregelmäßigen, sich windenden Stufen kein Geräusch zu machen, hinunter zum Gastraum der Herberge, wo an der Einmündung eines Ganges ein Licht an einem Haken hing, an dessen Flamme ich meine Kerze wieder entzündete. Ich schützte die unruhige Flamme mit der gewölbten Hand, klammerte mich an dieses tröstliche kleine Licht,

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