Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vittorio

Vittorio

Titel: Vittorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
die ich nichts ausrichten konnte.
    In meinem sich windenden Geist formte sich die Erkenntnis, dass sie mein heißes Begehren missbraucht und mich so hilflos gemacht hatte, dass der fleischliche Wahn meinen Körper wie mit metallenen Drähten durchzog, die die Glut, die sie zwischen meine Lippen strömen ließ, unweigerlich weiterleiteten.
    Sie zog die Zunge zurück und saugte abermals an meinem Mund. Ein Kribbeln erstreckte sich über mein ganzes Gesicht. Meine Glieder lagen im Widerstreit - wollten sich gegen sie wehren, sie andererseits berühren, wollten sie umschlingen oder aber gegen sie kämpfen.
    Ihr Körper lag gegen den eindeutigen Beweis meines Begehrens gepresst. Es war nicht zu verbergen. Ich hasste sie.
    »Warum? Was soll das?!«, fragte ich, während ich meinen Mund losriss. Als sie den Kopf hob, fiel ihr Haar zu beiden Seiten ihrer Wangen herab. Die überirdische Wonne dieser Berührung nahm mir fast den Atem.
    »Herunter von mir«, knurrte ich, »geh zurück in die Hölle.
    Soll das eine Gnade sein? Warum tust du mir das an?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete sie mit ihrer berechnenden, bebenden Stimme. »Vielleicht einfach, weil ich nicht will, dass du stirbst«, sagte sie, während ihr Atem über meine Brust strich. Ihre Worte kamen so hastig wie ihr hitziger Pulsschlag. »Und vielleicht noch etwas«, fuhr sie fort,

    »ich möchte, dass du fortgehst von hier, dass du nach Süden gehst, nach Florenz; geh und vergiss alles, was geschehen ist, als wäre es nur ein Albtraum oder ein He-xenzauber und niemals wirklich passiert; verlass diese Stadt, geh, du musst fort von hier.«
    »Hör auf mit deinen schmutzigen Lügen«, sagte ich, ehe ich mich zurückhalten konnte. »Denkst du wirklich, das würde ich tun? Du hast meine Familie ermordet, du und deinesgleichen, was immer ihr sein mögt!«
    Sie ließ den Kopf hängen, so dass ihr Haar sich aufs Neue über mir ausbreitete. Vergebens kämpfte ich darum, mich von ihr zu lösen, es war nicht daran zu denken.
    Ich konnte mich ihrem Griff nicht widersetzen.
    Plötzlich war alles um mich schwarz und unbeschreiblich weich. Ich fühlte einen jähen, winzigen Schmerz an meiner Kehle, nicht mehr als ein Nadelstich, und dann wurde mein Geist von ruhevoller Glückseligkeit überflutet.
    Es war, als hätte mich ein einzigertaumelnder Schritt auf eine Wiese mit sich im Winde neigenden Blumen geführt, weit fort von dieser Stadt und allem Gram, und sie neben mir; zwischen sacht zerdrückte Stängel und klaglos fallende Irisblüten gesunken, sie, Ursula, mit gelöstem aschblondem Haar, und sie lächelte inbrünstig, vielleicht sogar strahlend, ihre Augen blickten einladend und voller Verlangen, als wären wir beide unversehens mit Geist und Körper gleichermaßen einer vollkommenen Betörung verfallen. Sie hob sich auf meine Brust, und während sie mich mit göttlichem Lächeln anblickte, öffnete sie sanft ihre Schenkel, damit ich in sie eindringen konnte. Dies alles - die feuchte, zuckende, heimliche Öffnung zwischen ihren Beinen, die stumme Beredtheit, die aus ihren Augen sprach, als sie voll Liebe auf mich herabschaute, schien zu einer fiebrigen Mischung zu verschmelzen.
    Jäh war alles vorbei. Ich fühlte mich benommen. Ihre Lippen lagen an meinem Hals. Mit aller Kraft versuchte ich, sie von mir abzuwerfen.
    »Ich werde dich vernichten«, drohte ich. »Ganz bestimmt.
    Das schwöre ich. Und wenn ich dich bis in den Schlund der Hölle verfolgen muss«, flüsterte ich. Ich wehrte mich so heftig gegen ihren Griff, dass meine Haut brennend gegen die ihre rieb. Aber sie wollte nicht nachgeben. Ich versuchte, zu mir zu kommen. Nein, keine Träume des Entzückens, nein. »Weg von mir, Hexe!«
    »Schhhh, sei ruhig«, sagte sie bekümmert. »Du bist so jung und so dickköpfig und so tapfer. Ich war auch jung, so wie du. Oh, ja, und so entschlossen und ein solcher Ausbund an Furchtlosigkeit.«
    »Erzähl mir nicht solchen Dreck«, sagte ich.
    »Still«, bat sie abermals. »Du wirst das ganze Haus auf-wecken. Wozu soll das gut sein?« Wie schmerzlich, wie ernst und verlockend sie klang. Noch hinter einem Vor-hang versteckt, hätte sie mich allein mit ihrer Stimme verführen können. »Ich kann dir nicht auf ewig Sicherheit verschaffen«, sagte sie, »nicht einmal für längere Zeit.
    Vittorio, geh fort.«
    Sie lehnte sich zurück, so dass ich ihre weit aufgerissenen, aufrichtigen, hingebungsvollen Augen besser sehen konnte. Sie war ein Meisterwerk. Solche Schönheit, das

Weitere Kostenlose Bücher