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Vittorio

Vittorio

Titel: Vittorio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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davor -
    sie alle haben die Bäume gefällt, die unser Schloss verdeckten. Und so muss ich also den Wald aus Menschen aus meinem Wald zurückdrängen. Und dabei ist es not-wendig, von Zeit zu Zeit mit meiner Axt weit auszuholen -
    nichts anderes habe ich getan, das war der Grund für die Tat. Dein Vater hätte Tribut zahlen können, und alles wä-
    re beim Alten geblieben. Dein Vater hätte einen gehei-men Eid schwören könne, der so gut wie nichts von ihm verlangt hätte.«
    »Ihr glaubt doch nicht, dass er euch unsere kleinen Kinder ausgeliefert hätte? Wofür braucht ihr sie? Trinkt ihr ihr Blut oder opfert ihr sie Satan auf einem Altar?«
    »Du wirst es nach und nach erfahren«, sagte er, »denn mir scheint, dass du geopfert werden musst.«
    Ursula keuchte auf: »Nein, Florian, ich bitte dich.«
    »Lasst mich Euch eine Frage stellen, gnädiger Herr«, sagte ich, »da Gesetz und Geschichte Euch so viel bedeuten. Wenn dies ein Hof ist, ein echter Fürstenhof, wo es auch eine Gerichtsbarkeit gibt, warum bekomme ich dann nicht den Beistand eines menschlichen Verteidi-gers? Oder überhaupt Gleichgesinnter?«
    Die Frage schien ihn zu quälen. Dann sprach er schließ-
    lich.
    »Wir sind der Hof, mein Sohn. Du bist ein Nichts, und du weißt das. Wir hätten deinen Vater am Leben lassen können, wie man den Hirsch im Wald leben lässt, damit er sich mit der Hirschkuh paart. Es ist uns nicht wichtiger.«
    »Sind Menschen hier im Schloss?«
    »Keine, die dir helfen könnten«, sagte er schlicht.
    »Tagsüber keine menschlichen Wachen?«
    »Keine Wachen bei Tag«, sagte er, und zum ersten Mal war sein Lächeln ein wenig stolz. »Glaubst du, wir brauchten welche? Glaubst du, unser kleiner Tauben-schlag ist tagsüber nicht still und zufrieden? Du glaubst, wir brauchten Menschen als Wachen?«
    »Und ob ich das glaube. Und Ihr seid ein Narr, wenn Ihr denkt, ich würde jemals Mitglied Eures Hofes werden!

    Keine menschlichen Wachen, obwohl ganz in der Nähe eine Kleinstadt liegt, in der bekannt ist, was ihr seid und wer ihr seid und dass ihr nur nachts erscheint und am Tage nicht dazu in der Lage seid?«
    Er lächelte duldsam. »Sie sind nur Ungeziefer«, sagte er ruhig. »Du verschwendest meine Zeit mit deinem Gerede über Leute, die nicht einmal mehr Verachtung wert sind.«
    »Hmm, mit diesem harschen Urteil tut ihr Euch selbst Unrecht. Ich glaube, Ihr habt, auf die eine oder andere Art, mehr für sie übrig als das!«
    Der Alte lachte und murmelte kaum hörbar: »Für ihr Blut vielleicht!«
    Irgendwo im Saal klang ein beklommenes Lachen auf, doch es brach ab, wie ein Splitter von zerbrochenem Porzellan.
    Der Burgherr ergriff wieder das Wort: »Ursula, ich will es erwägen, aber ich sehe nicht ...«
    »Nein, ich will es nicht!«, sagte ich. »Selbst als Verdammter würde ich mich euch nicht anschließen.«
    »Halte deine Zunge in Zaum«, warnte mich der Fürst ruhig.
    »Ihr seid Narren, wenn ihr glaubt, die Stadtbewohner würden sich nicht gegen euch erheben. Sie werden diese Festung im hellen Tageslicht stürmen und eure Verstecke aufbrechen!«
    Man hörte Geraschel und Geräusche in dem riesigen Saal, jedoch keine Worte, zumindest keine, die an mein Ohr drangen, aber mir kam es vor, als ob diese bleich-süchtigen Ungeheuer durch Gedankenkraft miteinander in Kontakt stünden oder einfach nur, indem sie Blicke tauschten, was ihre prunkvollen, wunderbaren Gewänder in leise schwingende Bewegung versetzte.
    »Eure Torheit macht euch taub!« erklärte ich. »Ihr gebt euch der ganzen hellen Tageslichtwelt zu erkennen und bildet Euch auch noch ein, dieser Hof vom Blutroten Gral könnte von Dauer sein?«
    »Du beleidigst mich«, sagte der Herrscher. Ein leichtes Rosa färbte seine Wangen und ließ ihn göttlich schön aussehen. »Ich bitte dich höflich, zu schweigen.«
    »Oh, ich beleidige Euch? Gnädiger Herr, erlaubt mir, Euch einen Rat zu geben. Ihr seid am Tage völlig hilflos; ich weiß, dass es so ist. Ihr schlagt nachts zu, und nur nachts. Alle Zeichen und alles, was ich gehört habe, weisen darauf hin. Ich erinnere mich daran, wie Eure Horden aus dem Hause meines Vaters flohen. Ich erinnere mich an die Warnrufe: ›Achtet auf den Himmel‹. Gnädiger Herr, Ihr habt zu lange auf dem Lande, in Eurem tiefen Wald gelebt. Ihr hättet dem Beispiel meines Vaters folgen und ein paar Schüler zu den Philosophen und den Geistlichen in die Stadt Florenz schicken sollen.«
    »Spotte nicht länger über mich«, sagte er eindringlich,

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