Viva Espana
Umkleideraum zu kommen.
„Du forderst das Schicksal he raus, mein Lieber", meinte Ruy. „Ich dachte, du würdest nie für die Zeit danach planen."
„Ja, das war auch so", stimmte Carlos zu und warf Davina lächelnd einen viel sagenden Blick zu. „Aber da gab es auch nichts, worauf ich mich hätte freuen können.
Sie sind doch in Gedanken bei mir und wünschen mir Erfolg, Davina, oder?" fragte er sie sanft.
„Natürlich..."
„Gut." Er nahm ihre Hand und drückte einen Kuss hinein. Dann schloss er ihre Finger darüber und ließ sie los. „Das ist ein kleines Andenken, das ich mir nach dem Stierkampf zurückhole."
Mutig zauberte sie ein Lächeln auf die Lippen. „Dann wünsche ich Ihnen von Herzen, dass es ein guter Kampf wird."
Carlos' Blick sprach Bände und wirkte ungemein viel versprechend. Ruys Blick versprach etwas ganz anderes.
Ihrem Gefühl folgend, zog Davina das schönste Kleid, das sie besaß, aus dem Schrank.
Es war aus heller Seide und hatte ein feines hellviolettes Muster. Unter dem modisch langen Wickelrock konnte man beim Gehen ihre langen, schlanken Beine bewundern, und der tiefe Ausschnitt ließ den Ansatz ihrer vollen Brüste ahnen. Die hochhackigen Sandaletten und der breitkrempige Hut mit dem breiten Band vollendeten das perfekte Outfit.
Dass sie gut aussah, wurde ihr spätestens in dem Moment bewusst, als Ruy hereinkam.
Er versteifte sich, und seine Miene wurde finster.
„So, für Jamie und mich sind Jeans gut genug, aber für Carlos musst du deine Weiblichkeit betonen. Das ist geradezu lä cherlich. Glaub ja nicht, er würde auf dich hereinfallen. Seine zukünftige Frau muss unschuldig und sanft sein. Bis er die Richtige findet, spielt er den Playboy und amüsiert sich mit... Dirnen", erklärte er. Sie war bestürzt, auch wenn ihr klar war, warum er sie beleidigte. „Er nimmt sich Frauen wie dich, denen es Spaß macht, sich auf kurze Abenteuer einzulassen."
Er stieß die letzten Worte so unbeherrscht hervor, dass Davina zurückwich. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt, sie war völlig sprachlos. Zu allem Überfluss traten ihr auch noch Tränen in die Augen. Um die Beherrschung nicht ganz zu verlieren, eilte sie zu Jamie ins Zimmer.
„Mummy hat geweint", erzählte wenig später der Kleine seinem Vater in der Eingangshalle. „Aber ich habe ihr die Tränen weggewischt. Stimmt's, Mummy?"
Davina nickte. Unter halb geschlossenen Lidern blickte sie Ruy an. Wie würde er auf Jamies unschuldige Bemerkung reagieren?
Ruy neigte den Kopf etwas zur Seite und betrachtete seinen Sohn. Das weiße Seidenhemd betonte seine gebräunte Haut und seine männliche Ausstrahlung. Er trug eine dunkle Hose, die so eng geschnitten war, dass sich darunter seine muskulösen Oberschenkel deutlich abzeichneten. Glühende Sehnsucht breitete sich in Davina aus. Sie konnte kaum glauben, dass er nicht aus dem Rollstuhl aufstehen und auf sie zukommen konnte. Er wirkte so vital und kraftvoll wie damals. Sie würde sich nicht damit abfinden, dass er lebenslang an den Rollstuhl gefesselt war.
Ein Gefühl, das beinah an Hysterie grenzte, stieg in ihr auf. Am liebsten hätte sie Ruy aus dem Rollstuhl gezerrt und ihn gezwungen zu laufen. Erst am Tag zuvor war es ihm in seinem Zorn gelungen, sich aus eigener Kraft hinzustellen. Konnten Wut und Ärger wirklich die seelische Blockade lösen und ihn von seiner Behinderung befreien? Wenn ja, würde sie nicht davor zurückschrecken, ihn zu reizen, bis er außer sich geriet vor Zorn.
Er sieht so geschmeidig und gefährlich aus wie eine Raub katze, überlegte sie.
Während er Jamie zuhörte, wirkte seine sonst so strenge Miene sanft. Allzu gern hätte Davina ihn umarmt.
Glücklicherweise kam in dem Moment Rodriguez herein und verkündete, der Wagen sei vorgefahren.
Wieder einmal setzte sich Ruy selbst ans Steuer. Rodriguez lächelte Davina freundlich an und hielt ihr die Tür auf. Sie ließ sich auf den Beifahrersitz sinken. Als sie sich umdrehte, um sich zu verge wissern, dass Jamie im Kindersitz angeschnallt war, bemerkte sie Ruys frustrierte und verbitterte Miene. Wünschte er sich, Carmelita würde neben ihm sitzen? Oder versuchte er, sich vorzustellen, Jamie sei sein und Carmelitas Kind?
Die Eintrittskarten, die Carlos ihnen geschenkt hatte, galten für die besten Plätze.
Sombra lautete der Aufdruck, was hieß, dass sie im Schatten sitzen würden, wie ihnen Senor Bonares, Carlos' Manager, erklärte. Der relativ kleine und untersetzte Mann mit den dunklen
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