Voellig durchgeknallt
Verabredung.«
»Sag bloß, sie will sich mit einem Vertreter des anderen Geschlechts treffen?« Diese Antwort soll cool klingen, aber eigentlich bin ich total verdattert. Der einzige Typ, |42| von dem ich weiß, dass meine Mum mehr mit ihm zu tun hatte, war mein Dad.
»Auf Freiersfüßen«, brummelt Oma. »In ihrem Alter.«
»Ich bin erst siebenunddreißig«, sagt Mum.
»Eben. Da kann’s dir immer noch passieren, dass dir einer was anhängt.«
»Wie kommt’s?«, erkundige ich mich, denn ich mache mir nun doch ein bisschen Sorgen. Bis jetzt hat Mum nicht grade ein Händchen für Männer gehabt.
Mum seufzt. »Darf ich mich etwa nicht verabreden?«
»Nein«, sagt Oma. »Du bist zu bekloppt, Caroline. Kein Mann will eine Bekloppte.«
Mum sieht richtig traurig aus und starrt auf den Teppich. Ich muss eingreifen.
»Die meisten Männer halten sowieso alle Frauen für bekloppt, Mum«, sage ich tröstend.
Oma kann den Mund nicht halten. »Sie macht sich was vor. Wie immer.«
»Du bist bloß neidisch«, halte ich dagegen. »Wie immer.«
Oma haut in die Luft, aber sie meint meine Backe. »Reiß die Klappe nicht so weit auf, Kleiner.«
Aber Oma kann nicht lange sauer auf mich bleiben, weil sie sich mit mir gegen Mum verbünden will. Sie steht auf, zieht die Schublade vom Couchtisch auf und holt ein Hochglanzfaltblatt raus.
Mum wird ganz kribbelig. »Hast du das aus meinem Zimmer?«
»Solange du unter meinem Dach wohnst, ist es immer noch mein Zimmer.«
|43| »Mach’s wie ich und besorg dir ein Schloss, Mum«, mische ich mich ein. »Dann muss Frau Langfinger draußen bleiben.« Aber ich nehme Oma das Faltblatt ab und lese es mir durch.
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»Ach, Mum«, seufze ich. »Und wenn du an irgend’nen Ausgeflippten gerätst?«
»Er heißt Jonathan«, sagt Oma.
»Er ist Landschaftsgärtner«, sagt Mum.
»Das heißt, er hat dreckige Fingernägel«, sagt Oma.
»Wo triffst du dich denn mit ihm, Mum?«
»So wie sie sich rausgeputzt hat, anscheinend im Holiday Inn«, sagt Oma.
»Sprichst du aus Erfahrung, Oma?«, erkundige ich mich unschuldig.
»Ich geh dann mal.« Mum greift nach ihrer Handtasche.
»Wo gehst du denn hin?«, frage ich noch einmal.
»Das geht dich nichts an. Sonst spionierst du mir bloß nach.«
|44| »Ich hab Besseres zu tun.«
»Sie nicht.« Mum deutet auf Oma.
»Ist ja famos«, sagt Oma. »Deine Kinder haben bei mir ein Dach über dem Kopf und das ist nun der Dank.«
Mit Mum ist es echt komisch. Sie ist schon jahrelang krank und hat eigentlich gar nichts mehr auf die Reihe gekriegt, deswegen musste ich ja auch zu Pflegeeltern, und dann sind wir irgendwann zu Oma gezogen. Vielleicht hat uns auch Dad deswegen verlassen. Mum hatte einen Nervenzusammenbruch. Ich dachte erst, das heißt dasselbe wie geisteskrank, aber eine Sozialarbeiterin hat behauptet, es heißt bloß, dass sie eine Zeit lang nicht richtig klarkommt. Wie wenn einem alles über den Kopf wächst. Aber wie schon gesagt, in letzter Zeit geht es Mum viel, viel besser. Sie benimmt sich nicht wie eine normale Mum, das nicht, sie wäscht nicht meine Klamotten und macht mir auch kein Abendessen. Das erledigt alles Oma, obwohl die, wie gesagt, gar nicht gerne kocht. Aber Oma würde Mum sowieso nicht erlauben, irgendwas selber zu machen. Trotzdem ist Mum zu irgendwelchen Treffen für solche wie sie gegangen und hat sich sogar um Arbeit gekümmert. Einmal wurde eine Näherin gesucht (in der B H-Fabrik , wo Oma auch arbeitet), aber sie hat den Job nicht gekriegt. Die haben gemeint, sie wär überqualifiziert. Mum hat sich schon immer ihre eigenen Anziehsachen genäht. Bevor sie krank wurde, hat sie sich lauter lange Röcke und schrille weite Oberteile zusammengestichelt. In letzter Zeit kauft sie wieder Stoff und näht sich solche Kleider und Röcke, wie sie auf den alten Fotos anhat.
|45| Ich glaube, das bedeutet, dass es meiner Mutter langsam besser geht.
Ich mache die Gartentür hinter mir zu und gehe raus auf die Straße. Da ist ganz schön was los. Die Sonne scheint und alle Leute haben gute Laune. Sie waschen ihre Autos, gehen einkaufen und kleine Kinder düsen auf ihren
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