Voellig durchgeknallt
selbstgefällig.
Ich kriege das alles kaum in meinen Kopf rein. Eben freue ich mich noch, dass ich mit Lexi endlich so weit bin, im nächsten Augenblick glotze ich auf einen Namen, den Lenny vor Millionen Jahren hingeschmiert hat – oder auch nicht.
»Das bedeutet, es gibt eine Vorgeschichte«, sagt Lexi. »Wahrscheinlich hat er meinen Dad früher mal gekannt.« Sie sieht mich an. »Und deinen auch.«
Mir läuft es kalt den Rücken runter. Lenny kannte Juby und meinen Dad?
»Vielleicht sollten wir mal mit deinem Dad reden«, sage ich gedehnt. Mit meinem kann ich ja nicht reden. Der kann überall und nirgends sein. Überall, wo es einen Schnapsladen und eine Parkbank gibt.
»Stimmt«, erwidert Lexi. »Aber als ich das hier entdeckt hatte, bin ich nach Hause gegangen und hab einen Zettel von Dad gefunden. Da stand drauf: ›Bin weg.‹« Sie spielt am Taschenlampenschalter rum. »Ich weiß nicht, wo er ist, und er geht auch nicht ans Handy.«
Der Wind weht jetzt kräftiger und ich stecke die Hände |272| in die Hosentaschen. Eigentlich ist es ein lauer Abend, aber ich friere trotzdem. Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich in eine ganz üble Sache reingeraten bin, die für mich mehrere Nummern zu groß ist. Außerdem komme ich mir oberdämlich vor. Lexi hat nicht im Traum dran gedacht, hier irgendwas mit mir abzuziehen. Ich muss total gaga gewesen sein. Am liebsten würde ich heimgehen, aber das kann ich vergessen. Die Bullen sind hinter mir her. Ich will mit dem ganzen Mist nichts mehr zu tun haben.
»Bei mir hat’s klick gemacht, als ich den Absender auf den Briefen gesehen hab«, sagt Lexi. »Da wusste ich, dass ich den Namen von irgendwo kenne. Und da ist noch was anderes. Das hab ich im Gefühl.«
Keine Ahnung, was das alles mit Devil zu tun haben soll oder mit mir. Lexi hockt sich auf die niedrige Mauer hinter dem Treidelpfad, holt irgendwelche Zettel aus ihrer Tasche und knipst die Taschenlampe an. Es sind Lennys Briefe.
»Guck mal«, sagt sie.
Sie zeigt mir die Unterschrift unten auf dem Blatt.
»Sieh dir das ›L‹ an.«
Das »L« hat unten den gleichen Kringel wie das »L« unter der Brücke. Lexi nimmt den Brief wieder an sich und hält die Taschenlampe näher dran.
Der Wind fegt über uns weg. Ich seufze und trete gegen die Mauer. Ich mag nicht mehr hierbleiben und mir irgendwelche Graffiti anschauen. Es macht mir Angst. Überhaupt habe ich genug davon, unter dieser Brücke zu stehen.
»Lexi …«
|273| »Pst!«
Ich verdrehe die Augen und stapfe auf und ab. Ich habe Hunger und bin müde. Ab und zu flackert der Strahl von Lexis Taschenlampe über die Wand und dann lese ich es wieder:
LENNY DARLING
Lenny hat meinen Dad gekannt? Ich horche auf die Autos, die oben über die Brücke rauschen. Ich denke nicht gerne über meinen Dad nach. Er ist der größte Rabenvater der Welt. Er ist ein Lügner, ein Dieb und ein Versager. Außerdem ist er nie da, was allerdings noch das Beste an ihm ist. Ich versuche, ihn mir in meinem Alter vorzustellen, wie er am Brückenbogen hochklettert, um seinen Namen hinzuschmieren. Hat Lenny für ihn die Räuberleiter gemacht? Weiß Mum davon? Vielleicht sollte ich sie anrufen und fragen. Aber wenn ich dran denke, dass sie die letzten vierundzwanzig Stunden im Bett verbracht hat und nichts essen wollte … Nein, sie braucht jetzt erst mal ein bisschen Ruhe.
»Lexi …«
»Klappe, Chas, ich muss mich konzentrieren.« Sie holt einen Stift raus und schreibt irgendwas.
Sie mag mich offenbar doch nicht, sonst würde sie nicht so mit mir reden. Ich bummle von der Brücke weg den Treidelpfad entlang. Am liebsten würde ich einfach immer weitergehen. Aber ich tu’s natürlich nicht. Ich kehre um. Lexi schreibt immer noch und brabbelt dabei vor sich hin.
|274| Dann sagt sie. »Oh!«
»Noch eine Entdeckung, Sherlock Holmes?« Ich klinge echt ziemlich sauer.
»Nein. Da kommt jemand. Wir haun ab.« Sie zeigt auf eine glühende Zigarette auf der anderen Seite der Brücke.
Höchstwahrscheinlich ist es bloß irgendwer, der seinen Hund Gassi führt, aber ich habe nicht vor, so lange zu warten, bis ich es rausgefunden habe.
»Warum kommst du nicht mit zu mir?« Lexi verstaut die Briefe wieder in ihrer Hosentasche. »Bei uns sucht dich die Polizei bestimmt nicht.«
Ich verziehe das Gesicht.
»Du kannst in Devlins Bett schlafen.«
Ich setze keinen Fuß mehr in Jubys Haus. Wenn mich der Typ dort sieht, steht ihm womöglich wieder vor Augen, wie ich mich
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