Voellig durchgeknallt
in seinem Bett versteckt habe. Nein, da überrede ich Lexi doch lieber, in die Laubenkolonie mitzukommen, bis wir uns überlegt haben, was wir jetzt tun. Zum Glück ist sie einverstanden. Ich glaube, sie will sowieso nicht nach Hause. Wir huschen am Kanal lang und dann den Fußweg hoch. Der Weg mündet in die kleine Privatstraße und nach zehn Minuten stehen wir wieder vor dem Loch im Zaun.
Lexi klettert nach mir durch.
»Ich muss hoffentlich nicht im Kohlbeet übernachten.«
»Keine Sorge.« Ich nehme sie am Arm und ziehe sie bis zu Michaels Parzelle hinter mir her. Dann führe ich sie die Treppe runter.
|275| »Der Schuppen da, stimmt’s?«
Was hat sie denn erwartet? Ein Fünf-Sterne-Hotel?
Ich schließe auf und hänge meine Taschenlampe an den Nagel im Dach. Ich biete ihr den Liegestuhl an und sie lässt sich reinfallen.
Da wir noch einen Plan auszutüfteln haben, koche ich uns Kaffee. Ich mache die Tür auf, hole den Campingkocher vom Regal und drehe an der Schraube. Dann halte ich mein Feuerzeug an den Docht. Ich stelle das ganze Ding draußen auf die Wiese. Brandstiftung kann ich jetzt nicht auch noch gebrauchen. Erst fürchte ich, dass der Wind die Flamme wieder ausbläst. Ich fülle einen kleinen Topf mit Wasser aus dem Hahn vorn am Weg und stelle ihn auf den Kocher.
Der Wind streicht warm über mein Gesicht. Es riecht nach Gemüse und Erde, und ich bilde mir sogar ein, dass ich es aus der Richtung von Michaels Bienenstöcken summen höre. Ich krame eine alte Decke vor und breite sie neben der Laube auf dem feuchten Gras aus.
»Komm, wir setzen uns nach draußen«, sage ich und Lexi hockt sich neben mich. Sie brütet schon wieder über Lennys Briefen. Ihr Arm streift meinen, aber sie rutscht nicht weg. Der Strahl ihrer Taschenlampe flackert über die Seiten.
Hier, in sicherer Entfernung von der Brücke, ist mir wohler. Michael ist der Einzige, der hier noch rumwirtschaftet, und der ist nicht da. Außerdem würde sowieso kein Mensch im Dunkeln Gartenarbeit machen.
Das Wasser kocht und ich gieße zwei Becher Kaffee auf. |276| Ich gebe Lexi ihren, aber sie stellt ihn gleich ins Gras und schnappt nach Luft, sodass ich schon glaube, ich habe sie verbrannt.
»Sieh dir das an!« Sie schiebt mir einen von Lennys Briefen rüber.
»Das ist ein Brief«, sage ich intelligenterweise. Soll ich sie bitten, die Taschenlampe auszumachen? Womöglich schiebt Lenny drüben auf der Baustelle Wache. Der hat mich doch in null Komma nichts geschnappt und den Bullen übergeben. Für den gäb’s nichts Schöneres, als wenn ich wieder eingebuchtet würde.
»Nein, das hier.«
Im Schein der Taschenlampe erkenne ich, dass sie den ersten Buchstaben von jedem Satz mit Kuli eingekringelt hat.
»Der Typ ist geisteskrank!«, sagt sie leise.
Es nervt voll, wenn man ein Brett vor dem Kopf hat, erst recht gegenüber der Frau, die man liebt. Aber ich fange an, mich dran zu gewöhnen. Leider.
»Ich check’s nicht«, gestehe ich.
»Hier.« Sie zeigt auf den nächsten Buchstaben. »Stell dich nicht so blöd an, Chas, guck doch hin!« Sie gibt mir den Stift. »Schreib den ersten Buchstaben von jedem Satz auf!«
Ich hab keine Ahnung, wozu das gut sein soll, aber ich weiß auch nicht, was ich sonst machen soll. Außerdem gewöhne ich mich auch dran, Lexi nicht zu widersprechen. Ich schreibe die Buchstaben nacheinander auf meinen Handrücken.
|277| »Jetzt lies! Ich hab immer gedacht, Devlin ist schwer von Begriff, nicht du.«
Gehorsam halte ich meine Hand ins Licht.
LGLAUBSTDUICHBINBLOEDBISBALDA
»Den ersten und letzten Buchstaben musst du weglassen.« Lexi klingt ungeduldig.
»ACH DU …!« Ich lasse den Brief fallen wie eine heiße Kartoffel. »Da steht ja …«
»Ich weiß, was da steht.« Lexi stellt den Fuß auf den Brief, damit er nicht wegweht. »Und es gefällt mir gar nicht.«
»Das kann doch kein Zufall sein«, sage ich, als ich mich wieder eingekriegt habe.
»Nein«, sagt Lexi ruhig.
»Das ist eine verschlüsselte Botschaft.« Ich kann’s immer noch nicht fassen. Ich hätte Lenny nie, nie zugetraut, dass er so clever und … hinterhältig ist!
»Weißt du was, Chas«, sagt Lexi, »vergiss das mit der Reisebranche. Wenn du mit der Schule fertig bist, gehst du gleich auf die Eliteuni.«
»Hä?«
»Nichts. Willst du die anderen Briefe auch noch mal sehen?«
»Hat er da dasselbe gemacht?«
»Schaun wir mal.«
Ich nehme mir den zweiten Brief vor und Lexi den dritten.
»Scheiße!«, sage ich,
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