Vogel-Scheuche
gesetzt hatte, mußte er mir die Wahrheit sagen.«
Sie setzten die Fahrt fort. Die Landschaft zerfaserte in einer Art frans i ges Nichts, das von bunten Streifen durchzogen war. Der Zug der Marke wurde immer stärker.
Endlich entdeckten sie einen Mann, der, umringt von Musik, in einer Streifenschlaufe saß. Er hatte eine riesige Haarmähne, die er nach hinten gestrichen trug, dazu einen Anzug, der hinter ihm fast auf dem Boden schleifte. Obwohl er kein Instrument in den Händen hielt und sein Mund geschlossen war, folgte die Musik ganz eindeutig seinem Willen, denn er nickte im Takt und bewegte die Hände, als würde er mal die eine, mal die andere Passage stärker hervorheben, während er weitere etwas abschwächte. Als Metria sich ihm näherte, hob er den Blick, und die Musik verstummte. »Ja?«
»Bist du MPS?« fragte sie.
»Ich bin Niemand Eins.« Zarte Geigenmusik ertönte im Hintergrund.
»Ich glaube aber, daß du MPS bist, denn diese Vorladungsmarke zeigt genau in deine Richtung. Du bist als Zeuge beim Prozeß gegen Roxanne Roc geladen.«
Die Musik grollte, Trommelwirbel setzten ein. »Wo findet dieser Pr o zeß statt?« fragte Niemand Eins.
»Im Namenlosen Schloß, im eigentlichen Xanth. Wir sind gekommen, um dich hinzubringen.«
Eine Posaune stieß ein schmutziges Geräusch aus. »Ich darf das Traumreich nicht verlassen. Ich kann nicht kommen.«
»Aber diese Vorladung verlangt es nun einmal von dir«, erwiderte sie und wollte ihm die Marke reichen.
Niemand Eins wischte sie weg. »Vergiß es, Dämonin.« Die Holzblasi n strumente pfiffen, als er von seiner Schlaufe glitt und in die Tiefe stürzte.
Metria setzte ihm nach, doch das Geflecht aus Bändern und Streifen wurde immer dichter und komplizierter, was ihr die Sicht und den Weg versperrte. MPS war verschwunden.
»So eine Vorladung wird das also«, brummte sie. »Na schön, davon lasse ich mich nicht abschrecken.« Sie hob die Marke und folgte ihrem Zug.
Metria bahnte sich den Weg durch die bunten Bänder, die daraufhin zu dünnen Bonbonfäden wurden, um sich schließlich zu verdicken und die Gestalt bunter Baumwollfäden mit Geschmack anzunehmen. Aus der Baumwolle wurde Garn, dann Tuch, und das Tuch wiederum wandelte sich zu Kleidungsstücken. Und dort, inmitten der herumhängenden A n züge und Kleider, saß plötzlich eine junge Frau mit blondem Haar und preßte Stoffteile aufeinander. Die blieben aneinander kleben, worauf die Frau die freien Teile umklappte und erneut zusammenpreßte, wodurch sie wieder hafteten, bis daraus die verschiedensten Kleidungsstücke en t standen. »Ja?« fragte sie, als Metria herbeigeschwebt kam.
»Ich suche MPS. Hast du ihn gesehen?«
»Wen?«
»Sein Name ist MPS. Er hat eine gewaltige Haarmähne und macht M u sik, indem er einfach an die Instrumente denkt.«
»Ach so, das ist der Maestro Niemand Eins. Vielleicht kann dir Ich Zwei weiterhelfen. Dort entlang.«
»Danke.« Metria schwebte schnell in die angezeigte Richtung. Die Kleiderständer verwandelten sich in Schleimklumpen. Metria wich ihnen aus, und schon bald waren sie zu verkohlten Holzblöcken geworden. Erneut hob Metria die Vorladungsmarke, die sie wiederum in eine neue Richtung zog, der die Dämonin folgte.
So stieß sie auf einen kleinen, stämmigen Mann mit feuerrotem Haar, der in einer rauchenden Grube stand. Vor ihm erschien ein Klumpen Schleim. Er starrte ihn an, worauf dieser in Flammen ausbrach. Einen Moment lang brannte er heftig, dann war er nur noch schwache Glut, um sich schließlich ebenfalls in einen Holzkohleklumpen zu verwandeln.
Der Mann sah auf, als sie herbeigeschwebt kam. »Ja?«
»Ich Zwei? Ich suche MPS.«
»Wen?«
Sie beschrieb den Maestro. Der Mann runzelte die Stirn. »Wer hat dir gesagt, daß er es ist, den du suchst?«
»Ich weiß es, weil meine Marke ihn ausgemacht hat. Aber eine blonde junge Frau hat mir gesagt, ich solle hierher kommen, weil Ich Zwei mir weiterhelfen könnte.«
»Das war Sie Drei. Sie hätte es dir nicht sagen sollen.«
»Warum denn nicht? Weißt du etwa nicht, wo MPS ist?«
»Ich weiß schon, wo der Maestro Niemand Eins ist, trotzdem hätte sie es dir nicht verraten dürfen.«
Langsam war Metria verärgert. »Ich glaube, ihr wollt mich hier an der Nase herumführen. Jetzt sag mir endlich, was du weißt.«
»Nein. Verschwinde, Dämonin. Mit deinesgleichen wollen wir hier nichts zu tun haben.«
»Hör mal zu, Fackelschnauze…« brauste sie wütend auf, doch da b e merkte sie, daß er sie
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