Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vogel-Scheuche

Titel: Vogel-Scheuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
furchterregend, Fels?«
    Der schlug ein Auge auf. »Ich bin kein Fels, Dämonin, sondern ein Steinadler. Hast du den Unterschied immer noch nicht kapiert?« Er bre i tete eine seiner Schwingen aus, was den Eindruck des konturlosen Au s sehens eines Felsbrockens auslöschte.
    »Entschuldigung«, meinte sie amüsiert. »Aber besonders versteinernd scheinst du mir nicht zu sein.«
    »Besonders was?« fragte der steinharte Vogel.
    »Abstoßend, entsetzlich, grausig, alarmierend, konsternierend…«
    »Angsterregend?«
    »Was auch immer«, stimmte sie ärgerlich zu. »Weshalb sollte ein Trä u mer sich vor dir fürchten?«
    »Er soll sich vor dem fürchten, was ich tue«, erklärte der Steinadler. »So etwa.«
    Plötzlich war Metria steinhart. Sie hatte sich in eine Statue verwandelt!
    Sofort löste sie sich in Rauch auf und machte den Effekt zunichte. »Du stinkende Triefschleimmasse!« fluchte sie. »Du hast mich in einen Stein verwandelt!«
    »Genau das pflege ich zu tun«, bestätigte der Fels. »Die Leute haben Angst davor, versteinert zu werden.«
    Sie musterte die scharfkantige Spitze seines Schnabels, während er sprach. »Das ist nicht ganz verkehrt«, bestätigte sie schneidend und machte sich wieder auf den Weg.
    Sie gelangte an einen häßlichen Baum mit noch häßlicheren Früchten. Es war ein Beutelbaum, an dem alle möglichen Arten von Beuteln wuc h sen. Sie faßte einen davon an und mußte feststellen, daß er voller Müll war: ein Müllbeutel. In einem anderen befanden sich ein belegtes Brot und eine Flasche Saft: ein Essensbeutel. Einer ließ sie beinahe einschl a fen: ein richtiger Schlafsack! Ein vierter grabschte nach ihr: ein Grabsc h beutel eben. Da verwandelte sie sich in einen Sandsack und verpaßte ihm eins auf die Schnauze. »Verzieh dich, alter Drecksack!« sagte er darauf.
    Die Marke führte sie zu einem Bücherregal, wo sie stehenblieb. Als sie versuchte weiterzugehen, hielt die Marke sie zurück. Begab sie sich zur Seite, zerrte die Marke sie dichter ans Regal. Doch es war niemand zu sehen, und so musterte sie das Ding etwas sorgfältiger.
    Auf dem Regal befanden sich mehrere umgestürzte, unordentlich ve r streute Bücher. Auf ihrem Rücken waren Bildteile zu sehen. »Die hat irgend jemand nicht ordentlich weggestellt«, sagte sie angewidert. Also richtete sie die Bücher auf und stellte sie zusammen. Doch die Bildteile ergaben zusammen nur ein heilloses Durcheinander. »So geht das nicht«, sagte Metria. Sie stellte die Bücher wieder um, dabei auf die Bildteile achtend, bis sie schließlich ein richtiges Bild ergaben.
    Es zeigte ein gemütliches Zimmer, in dem ein Mann auf einer Couch schlummerte. Es war ein halbwegs attraktiver Menschenmann, der sich anscheinend zwischen zwei Arbeitsphasen ausruhte; neben ihm lag ein aufgeschlagenes Buch auf dem Tisch. Nun, da die Teile richtig zusa m mengesetzt worden waren, wirkte das Bild überraschend realistisch.
    Und die Marke zog sie direkt darauf zu. Auf den schlummernden Mann.
    »Das ist aber merkwürdig«, brummte Metria. Doch sie erinnerte sich daran, daß dies ja das Traumreich war, wo Merkwürdigkeit zum Alltag gehörte. Außerdem befand sie sich in einem Teil des Reiches, wo man die Ängste für zukünftigen Gebrauch lagerte. Die Szene vor ihr schien zwar nichts Angsterregendes an sich zu haben, andererseits hatte Metria sie aber auch möglicherweise noch nicht gänzlich verstanden.
    Also wurde sie wieder zu Rauch, schrumpfte auf die richtige Größe z u sammen und drang in das Bild ein. Sie fand sich in dem Zimmer wieder, neben der Couch stehend. »Bist du…« setzte sie an.
    Doch dann brach sie ab, denn der Mann war gar nicht mehr da. Er mußte aufgestanden und gegangen sein, als sie gerade gekommen war. Statte dessen stand er nun an der Tür. »Wer bist du?« wollte er wissen.
    »Ich bin D. Metria, mit einer Vorladung für MPS«, sagte sie. »Und ich glaube, das mußt du sein.« Mit ausgestreckter Marke trat sie auf ihn zu. »Du mußt dich im Namenlosen Schloß als Zeuge melden.«
    Doch der Mann hatte sich schon wieder entfernt. »Ich sehe keinen Grund, weshalb ich eine solche Vorladung annehmen sollte«, meinte er.
    Sie fuhr zu ihm herum. »Dann sag mir doch mal, für wen du dich hältst.«
    »Ich bin Nimm Fünf«, sagte er. »Und ich habe gerade geschlummert, als du in mein Haus eingedrungen bist.«
    »Was hast du für ein Talent?«
    »Ich kann fünf Sekunden in die Zukunft blicken. Deshalb wirst du mir auch nicht diese Vorladung

Weitere Kostenlose Bücher