Vogel-Scheuche
die beiden auf bestimmte Weise, und jener, der auf den anderen am stärksten reagierte, wurde als der am wenigsten Schöne ausgemacht. So veranstalteten und entschieden die Dämonen ihren Schönheitswettb e werb.«
Metria war nachdenklich geworden. »Das ist wirklich eine äußerst fa s zinierende Idee. Willst du etwa vorschlagen, daß wir deine Tochter und den Sohn des Professors schlafend zusammenführen, um dann einen Schönheitswettbewerb zu veranstalten? Es wäre bestimmt ganz intere s sant und spaßig, aber heiraten würden sie einander deswegen noch lange nicht.«
»Bist du dir sicher? In der Geschichte gelangten die Dämonen zu dem Schluß, daß der Mann der schönere von beiden war. Dann versetzten sie sie wieder in Schlaf und brachten sie nach Hause zurück. Doch als die beiden Sterblichen erwachten, weit voneinander getrennt, sehnte sich jeder nach dem anderen und mochte nicht mehr ruhen, bis sie endlich wieder vereint waren.«
»Weil jeder eine echte Gelegenheit gehabt hatte, den anderen aus nächster Nähe zu begutachten«, schloß Metria. »Das könnte tatsächlich funktionieren. Auf jeden Fall ist es einen Versuch wert. D. Vore ist ein prima Fang, und ein Prinz ist er noch dazu. Nada wiederum ist Xanths schönste sterbliche Frauengestalt. Es könnte durchaus sein, daß sie ei n ander positiv beeindrucken, zumal beide ja irgendwann heiraten müssen. Aber können wir sie auch in Schlaf versetzen?«
»Ich habe einen Schlaftrunk, den ich meiner Tochter unterschieben kann. Und Professor Fetthuf wird doch für seinen Sohn etwas Ähnliches haben.«
»Dann tun wir es doch!« rief sie erfreut.
Bald darauf kehrten Nada Naga und Jenny Elfe zurück, einen kleinen Beutel gestreifter Diamanten mit sich tragend. Metria überreichte den beiden schnell ihre Vorladungen und erklärte die Sache mit dem Prozeß, während König Nabob unbemerkt davonglitt, um seine Vorbereitungen zu treffen.
Dann sauste Metria zurück in die Dämonenhöhlen, um noch einmal mit Fetthuf zu reden. Sie wußte, daß ihn ihre Störung diesmal ganz b e stimmt nicht in Rage versetzen würde. Kaum daß eine Stunde vorbei war, waren auch alle Vorbereitungen getroffen. Der Schönheitswettb e werb der Dämonen begann.
Als der Dämonenprinz Vore erwachte, fand er sich in einer seltsamen Lage wieder. Von oben strömte mattes Licht herab. Er befand sich in einem kleinen Raum, dessen Wände hoch über seinen Kopf ragten, und es gab weder Tür noch Fenster. Was aber noch seltsamer war: Neben ihm lag ein nacktes Mädchen.
Er sah noch einmal hin. Das war gar kein Mädchen, sondern eine vol l ausgestattete Menschenfrau. Ihr Haar war von rötlichem Braun und umschlang ihren Körper wie ein seidener Umhang. Ihr Antlitz war von betörender Schönheit, ebenso ihr Leib. Um ganz sicherzugehen, strich er ihr das Haar beiseite.
»Wenn das die Kreatur sein sollte, mit der mich mein Vater verheiraten möchte, soll es schon genügen«, bemerkte er. »Die sieht ja wirklich lecker aus. Allerdings hege ich nicht die geringste Absicht, mich zu irgend etwas zwingen zu lassen oder hier oben eingesperrt zu bleiben. Schließlich bin ich ein Dämonenprinz, der so gut wie niemandem Rechenschaft schuldig ist…«
Er versuchte davonzusausen, doch nichts geschah. Er versuchte sich zu entmaterialisieren – wieder nichts. Er versuchte zu fliegen – erfolglos. Irgendwie hatte man ihn seiner dämonischen Kräfte beraubt. Was war hier los? Er prüfte die Wand des Raums. Die war ganz fest, ohne Spalten oder Öffnung. Er drückte dagegen, doch sie gab nicht nach. Er versuc h te an ihr hinaufzuklettern, fand aber keinen Halt.
Verwundert setzte er seine Betrachtung der schlafenden Frau fort. »Wer bist du, wunderschöne Kreatur?« fragte er. Sie erwiderte nichts. Er berührte ihren schlanken Arm, doch erhielt er keine Reaktion. Sie mußte unter irgendeinem Zauber stehen, der sie am Schlafen hielt.
Ein Zauber! Genau das mußte auch ihm widerfahren sein. Irgendeine Magie hatte ihn einschlafen lassen, und die Nachwirkungen hatten ihn seiner dämonischen Kräfte beraubt. Wahrscheinlich war das Mädchen ebenfalls verzaubert worden, doch da sie nur eine Sterbliche war, hatte sie sich nicht einmal annähernd so weit davon freigekämpft wie er.
Da erblickte er, beinahe verborgen unter der anmutigen Masse ihrer Zöpfe, eine kleine goldene Krone auf ihrem Haupt. Das war ja eine Prinzessin!
»Ach, was für ein wunderbares Mädchen du doch bist«, bemerkte er. »Und noch dazu eine
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