Vogel-Scheuche
Vielleicht besitzt du ja tatsächlich die Fähigkeit, mir meinen Wunsch zu erfüllen.«
»Nein, ich bin nicht imstande, ein Klassenzimmer aus Schülern, die vorher durchaus noch so etwas wie Selbstrespekt kannten, in einen Ha u fen zuckenden Breis zu verwandeln«, versetzte sie.
»Ich spreche von deiner Fähigkeit, Zorn auszulösen. Ich bin noch nie einer Kreatur begegnet, die es in dieser Hinsicht mit dir hätte aufnehmen können.«
»Oh, danke schön auch, Prof!« sagte sie und lief pastellrosa an. »Wenn man bedenkt, daß ich das alles erreicht habe, ohne auch nur einen einz i gen Auftrag zu Ende zu führen!«
»Und überragendes Talent verdient Respekt, gleich welcher Art es ist. Ich möchte, daß du dich für meinen Sohn anstrengst.«
»Ich habe es dir doch schon gesagt, als ich es mal versuchte…«
»Er ist jung, töricht und herrschsüchtig. Aber es wird Zeit, daß er en d lich Reife entwickelt. Immerhin ist er nach menschlicher Zählweise b e reits dreiundzwanzig.«
»Nach dämonischer mehr als zweitausenddreihundert, aber wer zählt schon die Jahre?«
»Genau. Ich glaube, das einzige, was ihn zur Ruhe und Vernunft bri n gen kann, ist die Ehe.«
»Nun mach mal halblang, Prof! Ich bin bereits verheiratet.«
»Ja, ich erinnere mich. Schließlich habe ich die Trauung durchgeführt.«
»Und du hast auch gewußt, daß ich eine halbe Seele bekomme und ein Gewissen, Liebe, Treue und so weiter entwickeln würde«, beschuldigte sie ihn. »Daß mich mein neugewonnenes Bewußtsein um richtige, a n ständige und gute Dinge hoffnungslos in Fesseln legen würde.«
»Gewiß. Deshalb will ich dich auch für meinen Sohn haben.«
Ihre Augen wurden plötzlich so rund, daß sie ihr fast aus dem Gesicht gekullert wären. »Oh, Prof, du spielst aber eine dreckige Nummer! Dein Sohn wird noch einmal den Tag verfluchen, da er mit dir verwandt wu r de.«
»Natürlich. Und irgendein Jahrhundert später wird es ihm vielleicht s o gar gelingen, etwas von dem Brei aus seinem Schädel zu pressen. Er besitzt tatsächlich einige empfehlenswerte Qualitäten. Er ist ehrenhaft, sieht gut aus, ist intelligent und von sicherem Urteil. Er bedarf lediglich der Zügelung, damit seine natürliche Blutrünstigkeit sich abschwächt. Such mir eine beseelte Frau, die er heiraten kann, und bring ihn dazu, es auch zu tun. Das ist es, was ich von dir verlange, du impertinente Ve r führerin.«
»All das – nur um mir zu sagen, wo Jenny Elfe steckt?«
»Gewiß doch.«
»Ich müßte ja verrückt sein, mich auf diesen Handel einzulassen!«
»Dann frag deine schlimmere Hälfte.«
»Geh bloß darauf ein, Dumpfbacke«, meinte Mentia. »Der Professor hegt immer irgendwelche Hintergedanken. Da brauchst du dich nur als würdig zu erweisen.«
Metria seufzte. Ihr schlimmeres Selbst besaß ein sicheres Urteil in ve r rückten Situationen, und darauf mußte sie sich verlassen. »Einversta n den. Also, wo ist Jenny Elfe?«
»In den Nagahöhlen.«
»Was tut sie denn dort?«
»Nachdem sie und Nada Naga bei Beendigung des Begleiterspiels en t lassen wurden, stellten sie fest, daß sie einander mochten. Nada lud Je n ny zu sich ein, und sie nahm die Einladung an. Seitdem lebt sie dort. Ihre Katze hat sich als recht nützlich erwiesen, wenn die Naga mal etwas suchen, beispielsweise gestreifte Diamanten.«
»Warum bin ich bloß selbst nicht darauf gekommen?« fragte Metria rhetorisch.
»Weil dein Schädel voller Brei steckt. So, und jetzt erwarte ich, daß mein Sohn innerhalb von vierzehn Tagen bereit für die Hochzeit ist.«
»Große Erwartungen«, murmelte sie, als sie davonsauste.
Da fiel ihr plötzlich etwas ein, und sie huschte sofort zurück. »Profe s sor! Da ist noch etwas.«
Er blieb abrupt stehen und grollte: »Meine Geduld wird doch langsam sehr über den Selbstentzündungspunkt hinaus strapaziert, Dämonin.«
»Du willst, daß Vore Nada Naga heiratet, richtig? Warum setzt du nicht einfach noch einen drauf, indem du gleichzeitig noch Grey Murphy mit Prinzessin Ivy verheiratest? Nada und Ivy sind enge Freundinnen, und…«
»… und es sind jetzt neun Jahre um«, stimmte er zu. »Ivys Mutter hat die Sache auch in die Länge gezogen. Also gut.«
Metria lächelte. »Danke, Profchen!« und sauste wieder davon.
Die Nagahöhlen befanden sich in der Nähe des Nests von Dracu Dr a chen. Die Naga unterhielten einigermaßen herzliche Beziehungen zu dem Drachen, war ihr gemeinsamer Feind doch die örtliche Koboldho r de. Irgendwann würde
Weitere Kostenlose Bücher