Vogel-Scheuche
halbe?«
»Ja, dann käme er wohl in Frage«, meinte Nabob überrascht. »Aber Dämonen haben nun einmal selten Seelen, weil sie ihnen aus dem Weg gehen – schließlich wissen sie, was diese für Folgen haben. Tatsächlich dürfte es keine Übertreibung sein zu behaupten, daß man einem Däm o nen allenfalls durch List und Tücke eine Seele aufhalsen kann.«
»Beispielsweise, indem man ihn mit einer beseelten Sterblichen ve r mählt«, stimmte Metria zu. »Und die Zeremonie dergestalt durchführt, daß eine Seelenhälfte des Sterblichen auf ihn überwechselt.«
»Ganz genau. Woher weißt du das?«
»Ich habe es auf die harte Tour erfahren müssen, als ich einen Sterbl i chen heiratete. Erst glaubte ich ja, es sei nur vorübergehend, aber nac h dem ich beseelt worden war, überlegte ich es mir noch einmal anders.«
Plötzlich wirkte Nabob äußerst interessiert. »Dann kennst du also e i nen geeigneten Dämonenprinzen?«
»Prinz Vore, der Sohn von Professor Fetthuf. Fetthuf wünscht, daß er binnen der nächsten vierzehn Tage verheiratet wird. Er glaubt, daß ein paar Jahrzehnte Ehe den Prinzen zur Vernunft bringen werden, vielleicht quetscht er sich dann auch etwas von dem Brei aus seinem Schädel.«
»Das ist aber eine aufregende Nachricht! Allerdings fallen mir dazu gleich zwei wichtige Einwände ein.«
»Vore und Nada«, sagte Metria. »Keiner von beiden wird den anderen heiraten wollen.«
»Ganz genau. Es ist auch nicht denkbar, daß man Königssprößlinge mit Gewalt dazu zwingt. Das würde ein schlechtes Beispiel abgeben und zu unguten Familienbeziehungen führen. Daher fürchte ich, daß das nicht glattgehen wird.«
»Trotzdem, es muß eine Möglichkeit geben. Es gibt nämlich immer e i ne Möglichkeit, Fetthufs Aufträge zu erfüllen, gleich wie verworren. So unterrichtet er ja auch seine Schüler. Man muß dazu lediglich den Brei aus dem Schädel quetschen und die Lösung suchen.«
»Hm«, machte er nachdenklich. »Das erinnert mich an etwas wah r scheinlich völlig Irrelevantes…«
»So funktionieren Fetthufs Beispiele auch. Ich habe es schon Hunderte von Malen erlebt, während ich seinen Unterricht ignorierte. Ebendies, was ein Breihirn schlicht für unwichtig hält, ist meistens die Lösung.«
»Es ist eine Geschichte, die wir unseren Kindern über die Einm i schung von Dämonen in menschliche Angelegenheiten erzählen. Ich glaube, sie stammt ursprünglich aus Mundania, wo die Magie ja nur in der Einbildung existiert. Man nennt es den Schönheitswettbewerb der Dämonen.«
»Aber Dämonen können doch jede beliebige Gestalt annehmen. Ich bin schön, weil ich das so haben will. Mein innerstes Wesen bleibt de n noch so häßlich wie immer. Ein Schönheitswettbewerb unter unserer Art wäre völlig sinnlos.«
»Stimmt. Die menschliche Gestalt meiner Tochter ist aus demselben Grund schön. Jedenfalls haben die Dämonen eine ganz andere Art von Wettbewerb durchgeführt. Der männliche Dämon wählte einen sehr attraktiven sterblichen Prinzen, die Dämonin wiederum eine schöne sterbliche Prinzessin. Vielleicht war es auch andersherum. Jedenfalls sollte entschieden werden, welcher der beiden Sterblichen besser au s sah.«
»Aber die Dämonen würden sich doch nie darauf einigen!« protestierte sie. »Er würde darauf beharren, daß sein Sterblicher der Beste ist, wä h rend sie das von ihrer Sterblichen behaupten würde. Dämonen sind reichlich unvernünftig, weil ihre Meinung ebenso leicht formbar ist wie ihre Körper.«
»Ganz genau. Deshalb mußten sie auch eine andere Möglichkeit der Entscheidungsfindung entwickeln – eine, die nicht von den Meinungen der Dämonen abhängig war.«
»Was hätte das denn sein können? Die Meinung von Sterblichen hätten sie dagegen bestimmt nicht gelten lassen.«
»Doch. Jedenfalls in dieser Geschichte. Sie brachten die beiden sch ö nen Sterblichen nackt zusammen und überließen ihnen das Urteil.«
»Das ist doch völlig verrückt! Zwei Sterbliche, die einander nicht ei n mal kannten? Die würden doch einfach davonstieben. Sterbliche können furchtbar pingelig sein, was Kleidung angeht, oder vielmehr ihr Fehlen. Vor allem, wenn sie von unterschiedlichem Geschlecht sind.«
»Die Sache wurde folgendermaßen gehandhabt: Die Dämonen verset z ten die Sterblichen in einen tiefen Schlaf. Sie führten sie zusammen und weckten sie abwechselnd. So konnte er sie betrachten, während sie schlief, und umgekehrt betrachtete sie ihn im Schlaf. Natürlich reagierten
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